Geschlossene Gesellschaft
Windräder, Flugzeuge, Schiffe oder auch ganze Einkaufszentren – über viele Jahre zählten geschlossene Beteiligungsmodelle zu den Lieblings-Investments vermögender Anleger. Mit der Finanzkrise gerieten viele Modelle ins Trudeln. Doch die Probleme sind hausgemacht. Worauf Anleger achten müssen.
Insgesamt haben deutsche Anleger mehr als 200 Mrd. Euro in geschlossene Fonds investiert. In der Vergangenheit haben sich diese vor allem über hohe steuerliche Verlustzuweisungen profiliert – seit 2006 ist es damit vorbei. Der Einbruch der Weltwirtschaft in Folge der Finanzkrise und die Selbstbedienungsmentalität einiger Anbieter taten in der jüngeren Vergangenheit nun ihr Übriges: Aufgrund zahlreicher Schieflagen ist das Investitionsvolumen in geschlossene Fondsbeteiligungen im vergangenen Jahr erstmals seit den 1980er-Jahren unter die Marke von 10 Mrd. Euro gerutscht. In diesem Jahr ging es weiter abwärts: Laut der aktuellen Statistik des Verbands Geschlossener Fonds (VGF) sanken die Platzierungszahlen im dritten Quartal um 46%. Einzige Ausnahme sind geschlossene Immobilienfonds mit Objekten in Deutschland.
Grund und Boden locken
Die Angst vor der Inflation und die Suche nach sicheren Anlagen haben die Nachfrage nach Beteiligungen an Büros, Wohnungen und Häusern kräftig angekurbelt: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres stiegen die Platzierungserlöse der geschlossenen Immobilienfonds gegen den Branchentrend an. In der Regel wird bei diesen Modellen das Konstrukt einer Kommanditgesellschaft mit beschränkter Haftung eingesetzt: Der Geldgeber (Kommanditist) haftet maximal bis zur Höhe seiner Einlage (Kommanditkapital). Für Anleger, die mit einem begrenzten Kapitaleinsatz und ohne den sonst üblichen Verwaltungsaufwand am wirtschaftlichen Nutzen einer Immobilie teilhaben wollen, ist diese Rechtsform eigentlich eine interessante Möglichkeit. Schließlich können durch die Verteilung auf viele Schultern auch Investitionen geschultert werden, die sonst nur Großunternehmen vorbehalten sind.
Keine guten Noten von Stiftung Warentest
Bei geschlossenen Immobilienfonds ist das Geld der Investoren bis zum Verkauf des Objekts über viele Jahre hinweg gebunden. Ein vorzeitiger Ausstieg ist regelmäßig nur mit deutlichen Abschlägen möglich. Eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest stellt der Kategorie jedoch ein verheerendes Zeugnis aus. Von 58 geschlossenen Immobilienfonds, die derzeit am Markt vertrieben werden, sind 40 durchgefallen – 36 bestanden nicht einmal die Vorprüfung. Nur acht Produkte erhielten zumindest die Note „befriedigend“. Kein einziger Fonds erhielt die Note „sehr gut“ oder „gut“. Allerdings verweist der Verband VGF darauf, dass nach eigenen Untersuchungen etwa 85% der geschlossenen Immobilienfonds mit deutschen Objekten den Anlegern in der Vergangenheit einen Vermögenszuwachs beschert hätten. Die Grundgesamtheit für die Untersuchung bildeten 799 Fonds, die im Zeitraum 1972 bis 2010 aufgelegt und wieder aufgelöst wurden.
Die wichtigsten Kriterien im Überblick
Die Stiftung Warentest hat daher Kriterien entwickelt, die vor einem Einstieg zu prüfen sind: Für Anleger ist es eine Grundvoraussetzung, dass sie über die anvisierte Laufzeit nicht auf das investierte Geld angewiesen sind und im Falle des Falles auch einen Totalverlust verschmerzen könnten. Die Einzahlung des Kommanditkapitals sollte nicht in Raten erfolgen. Denn geht der Fonds pleite, muss trotzdem so lange bezahlt werden, bis die gesamte Einlage geleistet wurde. Einmalkosten am Anfang dürfen höchstens 20% betragen. Je höher dieser Block ausfällt, desto höher ist auch das Risiko. Der Anteil von Fremdkapital – sprich Krediten – darf nicht höher als 50% sein. Die Prüfung dieser Faktoren sagt jedoch noch nichts über den wirtschaftlichen Erfolg aus. Bei Immobilien sind hierfür der Einstiegspreis, die kalkulierten Mieteinnahmen sowie der anvisierte Veräußerungserlös maßgeblich. Diese Eckpunkte gilt es daher ebenfalls auf Plausibilität prüfen.
In rauer See
Bei der bislang zweitstärksten Kategorie, den Schiffsbeteiligungen, setzte sich der Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort. Ihr Anteil am Gesamtmarkt sank von 12% im Jahr 2010 auf 8% 2011 und liegt im laufenden Jahr nur mehr bei etwas mehr als 4%. Die langfristige Ertragskraft der Schiffsfonds hängt maßgeblich vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfragen auf den Teilmärkten für Tanker- und Container-Kapazitäten ab. Genau hier liegt heute das Problem. Die auf die Finanzkrise folgende Wirtschaftskrise hatte einen massiven Einbruch bei den Frachtraten zur Folge. Es wurden schlichtweg viel zu viele neue Schiffe gebaut. Nach wie vor ist der Markt daher von hohen Überkapazitäten geprägt. Die Liste der in Schieflage geratenen Schiffsfonds wird stetig länger und ein Ende der Krise ist nicht absehbar. Das bekommen auch immer mehr Investoren zu spüren: Zwar haften die Anleger dieser Fonds grundsätzlich nur in Höhe des Kommanditkapitals, doch dies hat seine Tücken: Wurden in den Vorjahren Ausschüttungen getätigt, die nicht durch Gewinne erwirtschaftet wurden, können diese zurückgefordert werden! Nicht wenige Anleger sehen sich zudem mit dem Aufruf zu Kapitalnachschüssen konfrontiert. Zwar erfolgen diese auf freiwilliger Basis, weil die Alternative jedoch den Totalverlust bedeuten könnte, ist es keine einfache Abwägung.
Mühsame Suche nach Perlen
Gut gelaufen sind dagegen viele Produkte aus dem Bereich der regenerativen Energien – insbesondere Solar- und Windkraftfonds. Im ersten und zweiten Quartal des laufenden Jahres konnten immerhin 387 Mio. Euro eingesammelt werden. Zwar gibt es auch hier einige Underperformer, allerdings ist deren Anzahl deutlich geringer als bei den Schiffen. Aufgrund der massiven Kürzung der entsprechenden Förderung können jedoch kaum noch neue Objekte in Deutschland projektiert werden. „Wir schauen uns verstärkt die Investitionsmöglichkeiten für Solarenergie im Ausland an und richten unsere Aufmerksamkeit auf andere Bereiche der regenerativen Energien, wie zum Beispiel die Windkraft“, so Michael Kohl, Geschäftsführer der Commerz Real Fonds Beteiligungsgesellschaft mbH in einem Interview mit „Focus Online“. Für Anleger interessant sind hier Anteile an soliden Fonds, die auf dem Zweitmarkt erworben werden können. Flugzeugfonds, deren Marktanteil 2010 bei 8,5% gelegen hatte, kamen 2011 nur noch auf einen Gesamtmarktanteil von 5,4%. In diesem Segment ist das Bild gemischt: Probleme haben insbesondere kleinere Fluggesellschaften – während Fonds, die Maschinen an große Fluggesellschaften vermieten, kaum Schwierigkeiten haben.
Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
Bislang war der Markt für geschlossene Fonds nur wenig reguliert. „Die Umstellung auf die neuen gesetzlichen Regelungen, wie beispielsweise das seit dem 1. Juni 2012 auch für den Vertrieb von geschlossenen Fonds geltende Wertpapierhandelsgesetz, hat deutliche Spuren im Markt hinterlassen“, so Eric Romba Geschäftsführer des VGF. Auch wenn neue gesetzliche Regelungen die Platzierungserlöse zunächst deutlich gebremst haben, dürfte die Branche insgesamt profitieren. Schließlich gilt seit 1. Juni 2012 auch für den Vertrieb von geschlossenen Fonds durch Banken und Sparkassen das Wertpapierhandelsgesetz. Ferner wurde das Verkaufsprospektgesetz durch das Vermögensanlagengesetz ersetzt. Damit prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Prospekte eines geschlossenen Fonds endlich nicht mehr nur formal, sondern auch inhaltlich auf Widerspruchsfreiheit und Verständlichkeit. Weitere Einschränkungen dürfte die Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht mit sich bringen. Unter anderem soll eine Mindestanlagesumme festgelegt werden, die dafür sorgt, dass Kleinanleger zukünftig außen vor bleiben.
Fazit
Die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen war längst überfällig. Solide konstruierte geschlossene Beteiligungsfonds haben auch zukünftig ihre Berechtigung. Die mangelhaften gesetzlichen Rahmenbedingungen für geschlossene Fonds waren jedoch in der Vergangenheit ein idealer Nährboden für schwarze Schafe. Anreize, die durch Steuerschlupflöcher bei Schiffsfonds oder nicht dauerhaft finanzierbare Einspeisevergütungen gesetzt wurden, führten darüber hinaus zu schwerwiegenden Fehlallokationen, die nun in einem schmerzhaften Prozess bereinigt werden müssen. Anleger sollten Investitionen in Beteiligungsmodelle daher zurückstellen, bis sich der Nebel gelichtet hat.