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Höchste Zeit für echte Werte

Die Furcht vor Inflation sitzt hierzulande besonders tief. In der Schuldenkrise haben die Deutschen daher neben Immobilien viel Geld in Silber- und Goldmünzen sowie Edelmetallbarren gesteckt. Ob dieses Verhalten vernünftig ist, ist unter Experten umstritten. Für viele Anleger dürfte es sich dennoch auszahlen.  

BÖRSE am Sonntag

In einer Welt, in der die Schulden von Griechenland, Portugal & Co. – entgegen allen Versprechen – mit deutschen Steuergeldern zurückgezahlt werden und in der das Auseinanderbrechen der Eurozone nicht wahrscheinlich, aber eben doch möglich ist, tun Privatanleger gut daran, sich auf ihren gesunden Menschenverstand zu verlassen. Dazu gehört, dass Haushalte, die über Vermögen verfügen, dieses über verschiedene Anlageformen streuen. Neben Immobilien, Anleihen und Aktien gehört dazu auch ein Edelmetallbestand in marktgängiger Form.

25% des Vermögens in Gold

Hierzu zählen neben Münzen auch kleinere Barren sowie spezielle Fonds und Zertifikate. Die beiden Letzteren haben den Vorteil, dass sie sich besonders bequem kaufen und verkaufen lassen und das Aufbewahrungsrisiko eliminiert wird. Kommt es allerdings zum ganz großen Crash, drohen hier möglicherweise ebenfalls böse Überraschungen: Schließlich hält der Anleger nur bedrucktes Papier in den Händen. Zudem könnte es passieren, dass privater Goldbesitz verboten wird. So unwahrscheinlich es klingen mag, aber in den USA ist dies 1933 schon einmal vorgekommen. Finanzexperten wie Bert Flossbach und Jens Erhardt raten daher dazu, rund ein Viertel der Ersparnisse in Gold zu investieren.

Münzen und Barren am sichersten

Die größte Sicherheit bieten in Krisenzeiten mithin Barren und Münzen, die am besten daheim aufbewahrt werden. Wer nicht felsenfest davon überzeugt ist, dass es zu einem Zusammenbruch kommt, teilt seine Edelmetallanlagen in eine physische und eine verbriefte Komponente (z. B. Xetra-Gold ETC; WKN: A0S9GB) auf. Dieser Baustein kann zusätzlich um Aktien von Gold- und Silberminen erweitert werden. Doch auch innerhalb des Edelmetalluniversums gibt es große Unterschiede. Dies lässt sich an der Marktentwicklung der letzten Jahre veranschaulichen.

Gold ist eine Währung

Gold wird wie fast alle Rohstoffe in US-Dollar gehandelt und lässt sich nicht beliebig vermehren: Das gesamte bisher geförderte Gold passt in einen Würfel von einer Kantenlänge von rund 20 Metern. Im Gegensatz dazu kann das Angebot an US-Dollar und Euro beliebig ausgeweitet werden. Das hat zur Folge, dass der Goldpreis in der Regel dann steigt, wenn der US-Dollar fällt. Dieser Zusammenhang darf jedoch nicht mit der Behauptung gleichgesetzt werden, dass Gold vor Inflation schützen würde: „Als Inflationsschutz hat Gold oft enttäuscht. In vielen Jahren haben Anleger nach Abzug der Inflation Minus gemacht“, stellte der Dienstleister „Finanztest“ fest (07/2010). Den Zusammenhang erläuterte Bert Flossbach in einem Interview: „Wer den Anstieg des Goldpreises begreifen möchte, muss sich einige Dinge klarmachen. Gold ist, und das verstehen zunehmend mehr Investoren, eine Währung. Eine stabile noch dazu, denn Gold ist nicht beliebig vermehrbar. Deshalb – das ist die Perspektive der meisten Menschen – steigt sein Preis auch in praktisch allen Papierwährungen. Genau darin liegt aber der Denkfehler: Die Papierwährung wird als fix angesehen, Gold als die Variable. Erst wer einmal die Sichtweise wechselt, sieht, dass es die Papierwährungen sind, die gegenüber dem Edelmetall fallen. Gold dagegen ist immer Gold. Und weil Euro, Dollar & Co. in etwa auch in dem Maße fallen, wie sie über die vergangenen Jahre durch neues, ungedecktes Papiergeld entwertet wurden, ist die Entwicklung des Goldpreises alles andere als spektakulär.“

Preise dürften weiter steigen

Seit dem Jahr 2001 befindet sich der Goldpreis in einem stabilen Aufwärtstrend. Anfang August 2001 notierte er bei rund 280 US-Dollar. In den letzten Monaten hat das Edelmetall laufend neue Höchststände erklommen und notiert – nach einer heftigen Korrektur im September – derzeit bei rund 1.720 US-Dollar. Innerhalb der letzten zehn Jahre stieg der Preis damit um 600%. Und die Aussichten bleiben goldig: Der Münchener Vermögensverwalter Jens Erhardt rechnet beispielsweise damit, dass der Preis über 2.000 US-Dollar steigen wird. Andere Experten sehen das gelbe Metall in nicht allzu ferner Zukunft sogar bei 3.500 US-Dollar. Für die Deutschen ist das nichts Neues: Jeder Bundesbürger über 18 Jahre besitzt laut einer Studie des Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin mehr als 100 Gramm Gold. In der Gunst der Anleger rangiert Gold mit großem Vorsprung auf Platin und Silber auf Platz 1.

Kleinsparer gut gefahren

Für Spekulanten deutlich reizvoller verlief die Entwicklung der Silbernotierung. Das Edelmetall vollführte 2011 eine wahre Achterbahnfahrt: Das Tief lag bei rund 26 US-Dollar – das Hoch bei rund 49,50 US-Dollar. Damit wurde das Allzeithoch aus dem Jahr 1980 nur knapp verfehlt. Im Gegensatz zu Gold handelte es sich hierbei jedoch um eine klare Übertreibung. Dies signalisierte neben den Fundamentaldaten auch das Verhältnis (Ratio) der beiden Notierungen. Das sogenannte Gold/Silber-Ratio fiel zwischenzeitlich auf ein Niveau von etwa 32 (Unzen Silber je Unze Gold). Zum Vergleich: Langfristig liegt der Durchschnitt bei rund 65. Mit Preisen um 33 US-Dollar hat sich das Umfeld mittlerweile wieder etwas beruhigt und auf einem nachhaltigeren Niveau stabilisiert. Die weiteren Aussichten sind laut Tiberius Rohstoff-Research trotzdem eher verhalten: „Wir gehen davon aus, dass Silber zwar von der leicht positiven Konjunkturentwicklung profitieren kann, andererseits aber die sicheren Häfen eher verlassen werden. Damit wird sich das Gold/Silber-Ratio vom jetzigen Niveau aus eher leicht abschwächen, wohl aber kaum nachhaltig unter 50 fallen. Eine signifikant unterschiedliche Entwicklung zu Gold erwarten wir jedoch nicht, sodass wir Silber ebenfalls mit ,leicht untergewichten’ einstufen.“ Langfristig hat sich jedoch auch der Wert des Silbers sehr positiv entwickelt. Das zeigt sich beispielsweise an der Entwicklung des Materialwertes der bei hiesigen Kleinsparern äußerst beliebten 10-Mark-Gedenkmünzen (Prägung bis 1997). Die erstmals zu den Olympischen Sommerspielen in München herausgegebene Silbermünze enthält Silber im Wert von rund 8 Euro, während der offizielle Umtauschkurs lediglich 5,11 Euro beträgt. Wer 2001 eine der letzten 10-DM-Münzen kaufte, kann sich aufgrund des höheren Silbergehalts sogar über einen Materialwert von rund 11,70 Euro freuen. Dies entspricht einer jährlichen Wertsteigerung von 8% pro Jahr. Mit einer solchen Anlage waren Kleinsparer also erfolgreicher als mit Aktien und Sparverträgen.  

Es muss nicht immer Gold sein

Neben Gold und Silber greifen viele Anleger gerne zu Platinbarren. Allerdings hat sich auch hier eine deutliche Verschiebung ergeben. Das in der Industrie häufig genutzte Material notiert inzwischen mit einem deutlichen Abschlag von rund 200 US-Dollar/Unze zu Gold. Dieser Unterschied dürfte sich laut Tiberius Rohstoff-Research über kurz oder lang wieder schließen, „da Gold mittelfristig sowohl von Investoren, aber vor allem in der Schmucknachfrage durch Platin substituiert werden wird“. Da das Angebot die Nachfrage bei Platin jedoch auch 2012 erheblich übersteigen wird, stufen die Rohstoffexperten die Aussichten trotzdem nur mit „neutral“ ein: „Insofern besitzt Platin für uns kein besonders großes Aufwärtspotenzial“, so Tiberius weiter. Deutlich attraktiver schätzt man hingegen die Aussichten von Palladium ein: „Dezimierte Lagerbestände, ein Marktdefizit und eine momentan sehr verhaltene Positionierung der Investoren lassen es relativ aussichtsreich erscheinen“, so Tiberius. Die Unze wird derzeit bei großen Online-Händlern für 725 Euro (inkl. MwSt.) gehandelt und ist damit auch für Kleinanleger noch erschwinglich.  

Fazit

Kurzfristig werden die Zentralbanken nicht mehr ohne die Notenpresse auskommen. Und langfristig können die strukturellen Probleme des Weltfinanzsystems, die sich in den gewaltigen Ungleichgewichten der Handelsbilanzen und der Überschuldung der westlichen Industriestaaten manifestieren, nur mit schmerzhaften Eingriffen und einem Systemwandel abgebaut werden. In einem solchen Umfeld sind Edelmetalle in physischer Form zu einem Muss avanciert. Der Anteil sollte an die Lage angepasst und entsprechend hochgefahren werden.