Im Einkauf liegt der Gewinn
Die alte Kaufmannsweisheit gilt heute vielleicht mehr denn je. Gerade für mittel- bis langfristig orientierte Anleger sind Einstiegszeitpunkt und -kurs entscheidend. Dies gilt umso mehr, weil die Börsenzyklen immer kürzer werden. Mit Discount-Papieren kommen Anleger günstig zum Zug und reduzieren so ihr Risiko. Das ist gerade jetzt interessant.
Im Vergleich zum direkten Kauf einer Aktie oder eines anderen Basiswertes erhält der Anleger beim Erwerb von Discount-Zertifikaten einen Preisabschlag, den sogenannten Discount. Für viele Anleger ist dieser Preisvorteil bereits Grund genug, sich die Rabattpapiere ins Depot zu legen. Doch die Produkte mit dem wohlklingenden Namen können noch viel mehr. Worauf Anleger achten müssen, damit aus dem Schnäppchen kein Ladenhüter wird, erfahren Sie hier.
Tausche Gier gegen Rabatt
Mit einem Discount-Zertifikat erwirbt ein Anleger das Recht, am Ende der Laufzeit den Gegenwert des Basiswertes, zum Beispiel eine Aktie, zu verlangen. Die Höhe der Rückzahlung ist jedoch nach oben durch den sogenannten Cap gedeckelt. Diese Begrenzung des Gewinnpotenzials ist die Gegenleistung, die der Anleger für den Abschlag auf den momentanen Kurs erbringen muss. Die Höhe des eingeräumten Rabatts hängt dabei maßgeblich von der Volatilität der Aktie und dem Cap ab. Auf diese Weise kann der Investor auch dann einen Gewinn erzielen, wenn sich der Basiswert unter dem Strich gar nicht bewegt. Diese sogenannte Seitwärtsrendite ist ein nicht unerheblicher Faktor.
Sicherer als Aktien
Der Discounter setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: aus einem Basiswert – zum Beispiel eine Aktie –, die der Anleger (theoretisch) kauft, und aus einem Call – mit einem Basispreis in Höhe des Caps –, den der Anleger (theoretisch) verkauft. Diese Kombination erwirbt der Anleger mit dem Kauf eines Discount-Zertifikats in einem einzigen Wertpapier. Wenn der Anleger das, was er für den Kauf der Aktie bezahlen müsste, und das, was er an Prämie aus dem Verkauf des Calls erhalten würde, gegeneinander verrechnet, erhält er den Preis des Discount-Zertifikats. In der Summe ist das Geschäft deutlich risikoärmer als das Direktinvestment. Dies bestätigte die Stiftung Warentest bereits vor längerer Zeit auf ihrer Webseite test.de: „Für Anleger sind Discount-Zertifikate vorteilhafte Produkte. Sie sind sicherer als etwa Direktinvestitionen in den Aktienmarkt.“ („Finanztest“ 01/2008).
Höhere Gewinnchancen
Dass sich daran nichts geändert hat, untermauern die Ergebnisse einer aktuelle Studie der Deutschen Bank. Die Frankfurter haben dazu die Wertentwicklung aller von ihnen im Zeitraum zwischen November 1999 und Dezember 2011 emittierten Discounter untersucht und mit jener der Basiswerte verglichen. Sage und schreibe 68,6% der über 52.000 untersuchten Discount-Zertifikate haben sich über ihre jeweilige Produktlaufzeit besser entwickelt als der ihnen zugrunde liegende Basiswert. Für den Anleger noch wichtiger: Fast 70% der Discounter wiesen zum Laufzeitende eine positive Wertentwicklung auf, obwohl deutlich weniger – nämlich nur 48% – der zugrunde liegenden Basiswerte im jeweiligen Zeitraum eine positive Rendite generierten. Darüber hinaus lieferten fast 46% der Discount-Zertifikate ihren Käufern zum Laufzeitende die maximal mögliche Rendite! „Discount-Zertifikate sind ein defensives Aktieninvestment“, so Heiko Weyand, Zertifikateexperte bei HSBC Trinkaus in einem Interview.
Die drei wichtigsten Faktoren
Die Höhe des eingeräumten Rabatts hängt maßgeblich von der Volatilität der Aktie und dem gewählten Cap ab. Denn über den Verkauf der Call-Option wird wie erläutert eine Prämie vereinnahmt. Diese sogenannte Optionsprämie ist maßgeblich von der Schwankungsbreite des Underlyings abhängig. Je stärker die Schwankungen, desto teurer die Option und desto höher damit der Rabatt. Umgekehrt gilt: Steigt die Schwankungsbreite während der Laufzeit an, so sinkt tendenziell der Wert der am Markt befindlichen Discount-Zertifikate. Was für die Besitzer bestehender Zertifikate von Nachteil ist, kann sich aber für Neukunden als Kaufgelegenheit erweisen. Denn in der Regel geben die Emittenten die günstigen Konditionen in Form höherer Rabatte oder großzügiger Caps weiter. Beim Cap gilt: Zertifikate mit einem Cap unter dem aktuellen Kurs des Basiswertes stellen eine eher konservative Form mit geringerem Risiko, aber auch geringerer Rendite dar. Wird der Cap dagegen oberhalb des aktuellen Kurses des Basiswertes gewählt, verbessern sich die möglichen Renditen, aber auch das Risiko. Das dritte wichtige Element ist schließlich der Faktor Laufzeit. Im Gegensatz zu Optionsscheinen steigt der Kurs der Discount-Zertifikate mit abnehmender Restlaufzeit an, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit größerer Kursbewegungen abnimmt.
Gegen die Regel
Grundsätzlich gilt: Gerade in Zeiten hoher Volatilität sind Discount-Zertifikate interessant, denn dann sind – wie oben dargestellt – die Rabatte am höchsten. Wie es um die Volatilität bestellt ist, zeigt ein Blick auf den VDAX. Interessanterweise hat sich Letzterer in den vergangenen zwölf Monaten mehr als halbiert. Die Schwankungsbreite des deutschen Leitindex hat also deutlich abgenommen. Eigentlich ist das Umfeld damit unattraktiver geworden. Trotzdem haben die Anleger in den vergangenen Monaten fleißig Rabattpapiere gekauft. Von Ende Januar bis Ende Juli stieg das ausstehende Volumen der Discount-Zertifikate nach Angaben des Deutschen Derivate Verbands (DDV) von 5,6 Mrd. Euro auf knapp 6,0 Mrd. Euro an. Dies hat gleich mehrere Gründe. Zum einen suchen Sparer in der derzeitigen Phase besonders niedriger Zinsen verzweifelt nach Anlagen, die mehr als Bundesanleihen und Tagesgeld abwerfen, zum anderen sind die Volatilitäten einzelner Aktien keineswegs so niedrig, wie man angesichts der Entwicklung des VDAX vermuten könnte.
Unterschiedliche Schwankungsbreiten nutzen
Denn Einzeltitel wie beispielsweise RWE (26,4), Daimler (30,5), BMW (32,6), TUI (36,5) oder gar die Deutsche Bank (46,5) bieten derzeit für Käufer von Discountern attraktive Einstiegsgelegenheiten. Die Werte in den Klammern geben jeweils die Volatilität der letzten 60 Tage an. So weist ein Produkt auf die Deutsche-Bank-Aktie (WKN: DZB2W1) bei einer Laufzeit bis zum 13. September 2013 einen Discount von 20% und eine Seitwärtsrendite von 13,66% auf. Ein Daimler-Discounter mit ähnlich überschaubarer Laufzeit (WKN: CK14MX) bietet einen Rabatt von 23,5% und eine Seitwärtsrendite von 9,7%. Bei RWE sind über diese Laufzeit und Rabatte um 20% rund 7% Seitwärtsrendite drin (z. B. WKN: CK4WT4). Auch europäische Blue Chips könnten über den Umweg Discounter in den kommenden Monaten zu einem interessanten Investment werden. Denn die Skepsis der Profis wandelt sich langsam ins Gegenteil: „Die Stimmung ist: Der Euro wird überleben und europäische Unternehmen sind deutlich unterbewertet“, so Hendrik Riehmer, persönlich haftender Gesellschafter der Privatbank Berenberg in der vergangenen Woche gegenüber Journalisten. Für Privatanleger bietet sich hier der risikoärmere Weg über Discount-Zertifikate an. Interessant sind insbesondere italienische und spanische Blue Chips, wie beispielsweise Repsol. Die Aktie des Ölkonzerns weist eine besonders hohe Volatilität (53,4) auf – auch die Enel-Aktie (39) scheint interessant.
Fazit
Unter dem Strich gehen Besitzer von Discountern gegenüber dem Direktkauf ein geringeres Risiko ein, denn der gewährte Rabatt wirkt auch als Risikopuffer. Der Kursverlust – und meist auch die Kursschwankung während der Laufzeit – fallen bei den Discount-Zertifikaten ebenfalls geringer aus als bei einem Direktinvestment. Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld sind Discounter mit hohen Abschlägen und niedrigen Caps auf Blue-Chip-Notierungen eine ideale Ergänzung, um die Rendite des Depots aufzupeppen und das Risiko in Schach zu halten.