Immobilien: Sachversicherung für Krisenzeiten
Die Preise auf dem deutschen Immobilienmarkt steigen wieder. Dank niedriger Zinsen ist der Traum von den eigenen vier Wänden trotzdem für immer mehr Menschen erschwinglich. Für Anleger geht Sicherheit derzeit vor Rendite.
Jahrelang blieb der Wert von Wohnungen und Häusern in Deutschland nahezu konstant. Doch seit 2006 ziehen die Preise von Wohneigentum wieder spürbar an. Zuletzt hat sich dieser Trend noch verstärkt. Im vergangenen Jahr verzeichneten zum ersten Mal seit zehn Jahren alle Wohnarten gleichzeitig einen Preisanstieg. Zu diesem Ergebnis kommt die Landesbausparkasse (LBS) in ihrer aktuellen Analyse „Markt für Wohnimmobilien 2011“. Und auch auf dem Markt für Büroimmobilien läuft es rund: Für die sieben wichtigsten deutschen Immobilienstandorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) meldeten die Spezialisten von Research Jones Lang LaSalle Deutschland mit +21% für die ersten neun Monate des laufenden Jahres einen deutlich gestiegenen Flächenumsatz.
Deutschland als sicherer Hafen
Während bei Wohnimmobilien laut der LBS-Studie neben den niedrigen Zinsen in erster Linie die sehr gute Beschäftigungsentwicklung und erst an zweiter Stelle der Inflationsschutz als Gründe für den Aufschwung genannt werden, stellt sich die Lage auf dem Gewerbeimmobilienmarkt gänzlich anders dar. Letzterer wird von internationalen Anlegern mittlerweile schlichtweg als sicherer Hafen genutzt: „Investoren stufen Deutschland als deutlich sicherer ein als den Großteil der europäischen Nachbarn“, so Rainer Eichholz, Vorstand des Essener Immobilienentwicklers Hochtief Solutions, kürzlich in einem „Handelsblatt“-Interview. Welches Auswirkungen das hat, zeigt ein Blick auf die Volumina: „Ausländische Investoren hatten daher im dritten Quartal einen Umsatzanteil von 39% am gesamten Transaktionsvolumen“, so Fabian Klein, Head of Investment bei CB Richard Ellis (CBRE).
Begehrte Toplagen
Allerdings ist die Nachfrage sehr stark auf das sogenannte Core-Segment ausgerichtet. Der Begriff aus dem Englischen steht im Immobilienjargon für komplett vermietete Immobilien in den Toplagen der Großstädte. Dementsprechend groß ist das Interesse, wenn Immobilien aus dieser Kategorie auf den Markt kommen. Durch die Fokussierung der Marktteilnehmer auf wenige Topobjekte und das niedrige Zinsniveau, welches bei der Finanzierung wieder größere Spielräume eröffnet, kommen die Renditen unter Druck: „Bei Büroimmobilien hat dies für Rückgänge bei den Spitzenrenditen um fünf Basispunkte in Frankfurt, Hamburg und München gesorgt. Die Spitzenrendite für Shoppingcenter hat sich um zehn Basispunkte auf 5,0% reduziert, der Spitzenwert für Fachmärkte um 25 Basispunkte auf 6,5%. Die Spitzenrenditen für Geschäftshäuser verharren auf einem sehr niedrigen Niveau. Ende September reichen die Werte von 3,7% in München bis hin zu 4,6% in Berlin“, so Jones Lang LaSalle Deutschland in einer aktuellen Pressemitteilung.
Regional große Unterschiede
Für private Käufer, die sich für Immobilien unter Anlagegesichtspunkten und nicht zur Eigennutzung interessieren, sieht die Welt allerdings völlig anders aus. Denn regional gibt es innerhalb Deutschlands enorme Unterschiede. Während sich institutionelle Investoren eben nur für die Top-Großstadtlagen interessieren und den gesamten Rest – insbesondere den ländlichen Raum – komplett außen vor lassen, sind Private nicht selten gerade dort engagiert. Gebäude und Boden, die außerhalb der Einzugsgebiete der großen Ballungszentren liegen, verlieren jedoch gegen den oben genannten Trend weiter an Wert: „Die Erfolgsstädte sind Wohnorte von rund 20% der deutschen Bevölkerung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Immobilien bewohnt und/oder in Immobilien arbeitet, die nur auf geringe Wachstumsimpulse bauen können oder Wertverluste befürchten müssen“, so BulwienGesa in einer aktuellen Veröffentlichung. Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage von Interhyp und ImmobilienScout24 zeigen, dass sich diese Entwicklung weiter verstärkt: „Viele Immobilienkäufer meiden ländliche Regionen. Insbesondere Käufer, die ihr Wohneigentum als Kapitalanlage nutzen wollen, zieht es in die Stadt. Mehr als jeder zweite Kapitalanleger (52%) sucht derzeit nach einem passenden Investment gezielt in städtischen Lagen. Weitere 40% präferieren den Speckgürtel in Stadtnähe. Nur rund 8% wollen in der Provinz in ein Haus oder eine Wohnung investieren.“
Immobilienaktien mit Abschlag
Wer sich vor Wertverlusten an kaum gefragten Orten schützen möchte, keine Lust auf Ärger mit Mietern hat, aber dennoch in Betongold investieren möchte, sollte sich Immobilienaktien einmal näher ansehen. Die Papiere der deutschen Vertreter dieser Zunft haben sich in den letzten zwei Jahren von ihren Tiefstständen erholen können, werden aber häufig noch immer mit einem deutlichen Abschlag auf den inneren Wert gehandelt. Letzterer spiegelt sich im sogenannten Net Asset Value (NAV). Darunter versteht man den aktuellen Wert aller Immobilien und Beteiligungen abzüglich der Schulden der Gesellschaft. Setzt man diesen ins Verhältnis zur Zahl der Aktien einer Gesellschaft, erhält man einen indikativen Wert pro Aktie. Letzterer erlaubt einen Vergleich mit dem aktuellen Börsenwert, auch wenn es keine Garantie gibt, dass sich der Börsenwert dem NAV angleicht. So notieren beispielsweise TAG Immobilien mit einem Abschlag von 25,7%, Patrizia Immobilien mit einem Abschlag von –44,7% und Gagfah mit einem Abschlag von 62,0% auf den NAV. Dass sich ein gut laufender Geschäftsbetrieb, sprich hohe Renditen und Dividendenausschüttungen, positiv auf den Spread zwischen NAV und Aktienkurs auswirken, lässt sich anhand der Deutschen Euroshop beobachten. Der Abschlag liegt hier bei nur rund 7%.
Rendite und Diversifikation
Wem Einzelwerte zu riskant sind und wer keine sechsstelligen Beträge investieren kann oder will, aber dennoch vom Potenzial der Branche profitieren möchte, kann dies mit Zertifikaten auf Immobilienindizes umsetzen. Der Solactive DIMAX Deutschland Performance-Index (WKN: A0JZNS) bildet beispielsweise die Kursentwicklung von Unternehmen und REITs ab, deren Hauptgeschäftszweck im Halten von Immobilienbeständen in Deutschland besteht. Auf Sicht der letzten zwölf Monate hätte dieser eine Performance von 9,5% abgeworfen. Eine Zahl, von der auch die Großen der Branche hierzulande nur träumen können: Die Gesamtrendite, die institutionelle Investoren mit ihren Immobilien vor Steuern und Finanzierung 2010 erzielten, weist der DIX Deutsche Immobilien Index mit 4,2% aus.
Liquide, aber volatil
Ganz entziehen können sich börsennotierte Gesellschaften den Turbulenzen an den Finanzmärkten freilich nicht, doch im Vergleich mit den Blue Chips fallen die Verluste deutlich schwächer aus: Während der DAX in den letzten drei Monaten über 24% verloren hat, liegt das Immobilienbarometer „nur“ rund 16% im Minus. Mit rund 11% hat das konservativ positionierte Produkt auf den Vontobel Reits Low Volatility Performance Index (WKN: VT0RLV) in den letzten drei Monaten noch etwas weniger verloren, dafür hinkte es in guten Zeiten aber auch der Aufwärtsbewegung hinterher. Nicht überzeugen konnten REITs bislang in der ETF-Verpackung: Der EasyETF EPRA Eurozone (WKN: A0ERY9) bildet den FTSE EPRA/NAREIT Euro Zone Index ab. In den vergangenen zwölf Monaten musste sich das Produkt Abschläge von rund 22% gefallen lassen und blieb überdies deutlich hinter seinem Vergleichsindex zurück.
Fazit
Wer sein Vermögen durch die Investition in Sachwerte (ver-)sichern, dabei aber liquide bleiben möchte, landet bei Immobilienaktien. Die Schwäche des deutschen Immobilienmarktes in der Vergangenheit und die Konsolidierung der Börsenkurse der heimischen Vertreter in den letzten Jahren machen den Markt nun interessant. Schwankungen müssen Anleger allerdings auch hier aussitzen können.