Jahresausblick 2013
Die aktuelle Lage ist alles andere als rosig. Lahmende Weltkonjunktur, Rezession in der Eurozone, Fiscal Cliff in den USA und horrende Staatsschulden allerorten. Trotzdem könnte das Jahr 2013 die Wende einläuten. Diese Regionen, Branchen und Asset-Klassen haben das größte Potenzial.
Der Weltkonjunktur ging im Jahr 2012 die Luft aus. Im Jahresdurchschnitt stieg die weltweite Produktion lediglich um 3,2%. Die Eurozone rutschte nach Angaben des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) erneut in die Rezession. In Kombination mit der Staatsschuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks, niedrigen Zinsen und aufgeblähten Zentralbankbilanzen ist dies ein Umfeld, welches Anleger vor enorme Herausforderungen stellt: „Investoren müssen wieder Mut für risikobehaftete Anlageformen fassen, was angesichts der vielen ungelösten globalen Probleme nicht immer einfach ist“, bringt es Stefan Angele, Head of Investment Management bei Swiss & Global Asset Management, auf den Punkt. Doch es gibt auch positive Signale.
Aktien & Co. machen Anleger froh
Zunächst einmal sollte nicht übersehen werden, dass sich die Finanzmärkte bereits im laufenden Jahr weitgehend von der Realwirtschaft entkoppelt haben. Tatsächlich haben fast alle Asset-Klassen hohe Erträge gebracht: „Mit an der Spitze standen deutsche Aktien. Der DAX verzeichnete im bisherigen Jahresverlauf einen Anstieg um fast 30%. Aber auch mit einem europäischen und amerikanischen Aktienportefeuille konnte ein Wertzuwachs über 10% eingefahren werden. Zweistellig war der Zuwachs ebenfalls bei Aktienindizes von Schwellenländern. Außergewöhnliche Anlageerfolge gab es auch bei Unternehmensanleihen mit längeren Laufzeiten. Bei mittlerer Bonität (BBB, sieben bis zehn Jahre) wiesen europäische Indizes teilweise über 20% Zuwachs aus, bei Unternehmensanleihen mit längeren Laufzeiten und hoher Bonität (AAA, sieben bis zehn Jahre) waren es um die 10%. Selbst die niedrig verzinslichen längerfristigen Staatsanleihen der sicheren Häfen Deutschland und USA brachten dank eines weiter rückläufigen Renditeniveaus einen Anlageertrag von rund 7% bzw. 5%“, so die Allianz in einer aktuellen Publikation. Dieser Gleichlauf dürfte sich im kommenden Jahr nicht wiederholen: „Im Anleihenbereich halten wir Staatsanleihen – egal aus welcher Region – mittel- bis langfristig für weniger attraktiv. Denn die Effektivrenditen nach Abzug der Inflation sind verbreitet negativ, teilweise sogar die nominalen Renditen“, so Dennis Stattman, Fondsmanager des BGF Global Allocation Fund bei BlackRock.
Talsohle durchschritten
Nichtsdestotrotz konnten die privaten Haushalte im laufenden Jahr ihren Kapitalstock mehren: Nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank stieg das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland im zweiten Quartal 2012 auf einen neuen Rekordwert und für die USA meldete die Federal Reserve Anfang Dezember, dass das Vermögen der US-Haushalte im dritten Quartal erstmal wieder das Niveau von Ende 2007 – vor Ausbruch der Finanzkrise – erreicht hat. Eine Entwicklung, die gerade mit Blick auf die Bedeutung des privaten Konsums für die US-Konjunktur nicht zu vernachlässigen ist. Auch die Anzeichen für eine Erholung in der Realwirtschaft mehren sich. So ist der ifo Index im Dezember erneut gestiegen – auf nunmehr 102,4 Punkte. Getragen wurde der Anstieg von den Erwartungen an 2013: Immer mehr Unternehmen erwarten für das nächste Jahr bessere Geschäfte – insbesondere im Export. Dass es sich dabei um den zweiten Anstieg in Folge handelt und dass das Barometer zum dritten Mal hintereinander nicht gefallen ist, hat Signalcharakter: In der Vergangenheit markierte dies stets den Beginn einer Wachstumsphase. Dass die Weltbank in der vergangenen Woche ihre Konjunkturprognose für China nach oben korrigiert hat, passt ebenfalls ins Bild. Für das Reich der Mitte wird im kommenden Jahr mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 8,4% – nach rund 7,9% im laufenden Jahr – gerechnet.
Reich der Mitte nimmt Anlauf
Die Rückkehr zu einem höheren Wachstum lässt das Reich der Mitte interessant erscheinen. Dies gilt umso mehr, als die Kurse chinesischer Titel in den letzten Jahren deutlich zurückgekommen sind. Der CSI 300 Index hat seit Anfang 2010 fast ein Drittel an Wert verloren. Für Mark Burgess, Chief Investment Officer (CIO) bei Threadneedle Investments, sind die Aktien des Riesenreichs damit einer der Favoriten für 2013: „In China beispielsweise gibt es Anzeichen dafür, dass der Konjunkturabschwung seine Talsohle erreicht hat. Das dürfte den Aktienmärkten und den risikoreichen Vermögenswerten im Allgemeinen zugutekommen, da die Schwellenmärkte der Hauptmotor für das Weltwirtschaftswachstum bleiben.“ Welche Bedeutung das Land mittlerweile erreicht hat, zeigt ein Blick auf die Rangliste der größten Wirtschaftsnationen: Im Februar 2011 hat China Japan als zweitgrößte Wirtschaftsnation abgelöst und schickt sich nun an, die Nummer 1 zu werden. Laut einer Studie des Marktforschers Frost & Sullivan könnte dies im Jahr 2025 gelingen. Nicht nur Jian Shi Cortesi, Fondsmanagerin des JB Chindonesia Fund, favorisiert dabei vor allem Konsumwerte: „Die Gewinnaussichten chinesischer Unternehmen aus dem Konsumsektor werden sich nach unserer Einschätzung im ersten Halbjahr 2013 verbessern. Die neue Regierung wird den derzeitigen 5-Jahres-Plan weiter vorantreiben und damit auch das Konsumwachstum ankurbeln. Davon profitieren ausgewählte Unternehmen aus den Sektoren Einzelhandel, Auto, Unterhaltungselektronik, Freizeit, IT und Versicherungen.“ Dass in den beiden größten Volkswirtschaften in diesem Jahr nahezu zeitgleich über die Führung des Landes abgestimmt wurde, ist also nicht die einzige Verbindung zwischen den beiden Staaten: Peking ist der größte Gläubiger der USA, die der weltgrößte Schuldner sind.
Geheimfavorit USA
Letzteres könnte sich jedoch ändern. Zum einen haben die USA begonnen, ihre gewaltigen Militärausgaben zurückzufahren, zum anderen vollzieht sich in den USA ebenfalls eine Energiewende. Im Gegensatz zu Deutschland geht es dabei allerdings nicht um den Ausbau erneuerbarer Energien. Stattdessen erschließen die Vereinigten Staaten derzeit sogenannte unkonventionelle Gas- und Ölvorkommen. Die Vorräte unter dem nordamerikanischen Kontinent sind so groß, dass das Land in wenigen Jahren vom Energieimporteur zu einem Energieexporteur aufsteigen wird. Laut einer Studie der Harvard Kennedy School wird die US-Ölproduktion im Jahr 2020 bei knapp 12 Mio. Barrel liegen. Damit würden die USA mehr Öl fördern als Katar, Kuwait, Venezuela und Mexiko zusammen. Parallel dazu sorgt der Gas-Boom dafür, dass die Preise für den Energieträger in den USA sinken. Bereits heute ist Gas laut einem „Handelsblatt“-Bericht um zwei Drittel günstiger als in Deutschland. Billige Energie, hohe Investitionen in die Förderkapazitäten und energieintensive Branchen sowie der Verbleib des Kapitals im Inland könnten der US-Wirtschaft in den kommenden Jahren einen neuen Boom bescheren. Dementsprechend positiv ist Burgess für US-Aktien eingestellt: „Die USA bieten eine attraktive Mischung aus Qualitätsmanagement, hoher Generierung von freiem Cashflow und defensivem Wachstum. Das Land profitiert ferner aufgrund der Förderung von Schiefergas von einer zunehmenden Energieunabhängigkeit.“
Qualität entscheidet
Hinsichtlich der Auswahl von Einzeltiteln haben die Experten eine klare Meinung: „Unternehmen mit schlechtem Management, fragwürdigen Geschäftsmodellen und schwachen Franchises dürften in diesem rauen Wirtschaftsumfeld schwer zu kämpfen haben, während bewährte Management-Teams mit starken Franchises prosperieren werden“, so Burgess weiter. Qualitätstitel favorisiert auch Stefan Angele, Head of Investment Management bei Swiss & Global Asset Management: „In diesem Umfeld bieten qualitativ hochwertige Schwellenländeranleihen sowie Total-Return-Strategien im festverzinslichen Bereich und Aktien von gesunden Unternehmen, die insbesondere von Gravitationszentren durch die Entwicklungen in den Schwellenländern profitieren, relativ attraktive Risiko-Rendite-Chancen.“
Es ist nicht alles Gold
Rohstoffe dürften sich ebenfalls uneinheitlich entwickeln: „Für Rohstoffanleger wird 2013 eine selektive Vorgehensweise entscheidend bleiben. Rohstoffe, bei denen die Dynamik von Angebot- und Nachfrage angespannt ist, wie zum Beispiel bei Erdöl und verwandten Produkten, dürften bessere Aussichten bieten als Bereiche, die an die Stärke der Weltwirtschaft gekoppelt sind, wie beispielsweise Industriemetalle“, ist Burgess überzeugt. Positiv sehen Experten dagegen die heimliche Weltreservewährung: „Es gibt weiterhin gute Gründe für eine Goldanlage: Gold eignet sich bestens zur Portfoliodiversifizierung. Und angesichts der massiven Schulden, die auf den Papierwährungen lasten, bietet Gold mehr denn je einen Schutz vor Inflation. Besonders in Zeiten eines Niedrigzinsumfeldes und daraus folgenden negativen Realzinsen können die Renditen einer Goldanlage attraktiv sein“, so Evy Hambro, Co-CIO des Natural Resources Teams bei BlackRock.
Fazit
Für Anleger war 2012 ein deutlich besseres Jahr, als es die Nachrichtenlage suggerierte. 2013 könnte es umgekehrt kommen. Mutige Anleger, die die sich bietenden Chancen in China, den USA und auf den Anleihenmärkten ergreifen, dürften aber im neuen Jahr belohnt werden.