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Japan - spekulieren, statt spenden?

Drei furchtbare Katastrophen haben Japan innerhalb kürzester Zeit heimgesucht. Opferzahlen und Ausmaß der Verwüstungen sind dramatisch. Die radioaktive Bedrohung heimtückisch. Weil das Land in der globalisierten Welt eine zentrale Rolle einnimmt, sind die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft enorm. Für Anleger eröffnen sich dadurch aber auch Chancen.

BÖRSE am Sonntag

Die jüngsten Ereignisse in Japan lassen sich kaum in Worte fassen und statt an Geschäfte sollte man an erster Stelle an Hilfe für die betroffenen Menschen und die Umwelt denken. Auch ein langfristiges Umdenken bei Energiekonsum und -versorgung erscheint überfällig. Nichtsdestotrotz ist niemandem geholfen, wenn Anleger hierzulande die Augen vor der Entwicklung an den Börsen verschließen.

Spekulanten gesucht

Schnäppchenjäger und risikofreudige Spekulanten sorgen als Käufer von plötzlich auf den Markt geworfenen Aktien und Anleihen dafür, dass die Kurse nicht ins Bodenlose stürzen. Damit erfüllen sie in unserem Finanzsystem eine wichtige Funktion. Denn verlieren diese Papiere dramatisch an Wert, geraten Banken, Fonds und Versicherer, die solche Anlagen für sich und ihre Kunden halten, erst recht in Schieflage. Die Finanzkrise lässt grüßen. Japanische Marktteilnehmer, die Positionen auflösen möchten, sind ebenfalls auf Käufer angewiesen. Die Erlöse, die sie mit dem Verkauf von Vermögenswerten erzielen, fließen mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt in den Wiederaufbau des Inselstaates.

Börsen brechen ein

Dessen ungeachtet kamen die japanischen Aktien unter die Räder. Am vorletzten Montag stürzte der japanische Leitindex (Nikkei) nach dem beispiellosen Katastrophen-Wochenende um 6,2% ab. Am Dienstag erlebte das Reich der aufgehenden Sonne dann zeitweilig den größten Kurssturz seit dem Börsencrash von 1987. Am Ende des Tages schloss der Nikkei mit –10,5% jedoch zumindest über dem Tagestief bei rund 8.600 Punkten. Auch die internationalen Börsen konnten sich den Schockwellen aus dem Fernen Osten nicht entziehen. Der DAX verlor innerhalb weniger Handelstage rund 440 Punkte beziehungsweise über 6%. Noch schlimmer traf es die Nebenwerte. Der SDAX büßte am Dienstag den 15. März zeitweise fast 6% ein. Einzelne Werte wie Datamodul, Schaltbau und SMT Scharf verloren sogar zweistellig. Während die deutlichen Kursabschläge bei den Versorgern RWE und E.ON aufgrund des radikalen Kurswechsels in der hiesigen Atompolitik nachvollziehbar sind, wurden viele andere Werte zu Unrecht abgestraft. „Die Verkäufe waren rein panikartig. Anleger überlegen gar nicht mehr, ob ein Unternehmen überhaupt von Japan betroffen ist oder möglicherweise sogar noch von der Katastrophe profitieren könnte“, so Georg Geiger, Vorstand der Value Holdings AG, in einem Interview mit einer Finanzzeitung.

Schatzsuche kann beginnen

Der für seinen Value-Ansatz bekannte Starinvestor Warren Buffett hält japanische Aktien trotz der verheerenden Naturkatastrophe für interessant. Das Erdbeben in der drittgrößten Volkswirtschaft sei ein „gewaltiger Schlag“ gewesen, stelle aber gleichzeitig eine Kaufgelegenheit dar, äußerte sich der legendäre Investor am Rande eines Besuchs in Südkorea. Tatsächlich betrug das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) japanischer Titel bereits vor der jüngsten Katastrophe nur etwa 14. Zum Vergleich: Vor dem Kobe-Beben im Jahr 1995 lag dieser Wert noch bei rund 50! Mittlerweile liegt der Quotient bei rund 10. Nippon Steel kommt beispielsweise auf 10,7, Takeda auf 11,1, Sumitomo Chemical auf 10,7, Nissan Motor auf 8,6 und Hitachi auf 9,3. Auch haben die Firmen ihre Schulden in den letzten Jahren deutlich reduziert und generieren hohe Mittelzuflüsse. Nicht wenige Titel notieren derzeit zudem nahe an ihrem Buchwert. Unter Value-Gesichtspunkten dürfte es sich daher lohnen, Titel der drittgrößten Volkswirtschaft bei der Allokation zu berücksichtigen. Langfristig hat sich an den Aussichten für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt nämlich nichts verändert: „Der Wiederaufbau wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber dies ändert nichts an den zukünftigen wirtschaftlichen Aussichten Japans“, so Buffett weiter.  Für einen Einstieg bieten sich aufgrund des starken Yen und unter Diversifizierungsgesichtspunkten währungsgesicherte Index-Zertifikate (z. B. WKN: 905764) an.

Japanische Branchen im Schlussverkauf

Anleger, die bereit sind, größere Risiken einzugehen, sollten sich japanische Werte aus den Bereichen Immobilien, Bau- und Baustoffe sowie Versicherungen näher ansehen. Der Kauf von Betongold ist aus Sicht von Naomi Fink von der Investmentbank Jefferies Japan aufgrund der lockeren Geldpolitik und der vergleichsweise geringen Energieintensität der Branche attraktiv. Eine Einschätzung, die Curtis Freeze, Gründer der Firma Prospect Asset Management, teilt: „Immobilienaktien wurden besonders stark getroffen. Dabei waren die meisten Menschen in Tokio erleichtert, wie gering die Auswirkungen auf den Wohnungs- und den Immobilienmarkt in Tokio insgesamt waren; nur sehr wenige Gebäude wurden beschädigt. Die Nachfrage nach Wohnungen, Appartements und Büroflächen wird sehr robust sein. Diese Aktien hinken der Erholung hinterher. Viele von ihnen notieren noch immer 20% bis 30% tiefer als vor dem Beben“, so Freeze gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg. Anleger, die auf eine Erholung spekulieren wollen, sollten sich das Produkt der Deutschen Bank auf den TSE-REIT-Index (WKN: DB1CGS) näher ansehen. Auch die japanischen Versicherer weisen noch immer hohe Abschläge gegenüber ihrem Vorkrisenniveau auf. Tatsächlich war der größte Teil der Schäden der jüngsten Katastrophen nach Angaben des Analysehauses Risk Management Solutions jedoch nicht versichert. Wenn sich der Staub gelegt hat, könnten die Kurse in diesem Bereich daher rasch anziehen. Gezielt auf diese Werte spekulieren lässt sich mit dem Index-Tracker auf den entsprechenden Subindex Topix Insurance (WKN: ABN5DZ).

Gefahr nicht gebannt

Die Aktien aus der Baubranche, offensichtlicher Profiteur des Wiederaufbaus, haben bereits deutlich zugelegt. Eine Stabilisierung der Lage im Atomkraftwerk von Fukushima führte zu Wochenbeginn dann auch beim japanischen Leitindex zu deutlichen Kursgewinnen. Vor allem die Papiere des Kraftwerkbetreibers Tepco und des weltgrößten Herstellers von Atomkraftwerken, Toshiba, legten im Zuge dessen kräftig zu. Dennoch sollte nicht vergessen werden, wie prekär die Lage nach wie vor ist. Die Gefahr einer großflächigen nuklearen Verseuchung – mit Auswirkungen auf den Raum Tokio – ist nach wie vor nicht völlig gebannt. Die oben dargestellten Einstiegsgelegenheiten sind unter diesem Vorbehalt abzuwägen. „Wenn die Auswirkungen der Katastrophe begrenzt bleiben, sind japanische Aktien relativ günstig und stellen selbst dann eine gute Kaufgelegenheit dar, wenn sich die Unternehmensgewinne vorübergehend verschlechtern sollten“, fasst Naoki Fujiwara von Shinkin Asset Management die derzeitige Situation zusammen.

Warum in die Ferne schweifen?

Der Deutsche Leitindex reagierte unter den westlichen Börsen am stärksten auf die Entwicklungen in Japan, konnte sich im Zuge der Entspannung der Lage rund um das letzte Wochenende aber ebenfalls erholen. Weil hiesige Unternehmen auf dem Weltmarkt in einigen Bereichen mit japanischen Anbietern konkurrieren, könnten diese von einer vorübergehenden Schwäche besonders profitieren. Der Konkurrenzkampf um die globale Spitzenposition unter den Automobilherstellern zwischen Toyota und Volkswagen ist hier das bekannteste Beispiel.

Fazit

Anleger, die auf Nummer sicher gehen wollen, greifen zu renditestarken Qualitätsaktien „Made in Germany“. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch Daimler und BMW interessant, denn die Karten auf dem wichtigen US-Markt werden nun neu gemischt. Gleiches gilt für die hiesigen Maschinenbauer. Diese produzieren und exportieren so gut wie kaum in Japan und dürften nun eher weitere Marktanteile hinzugewinnen. Das neue Solactive-Zertifikat auf den Deutschen-Maschinenbau-Index (WKN: HV3DMB) kommt da gerade recht.