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Kaufen, wenn die Nerven blank liegen

Von wegen Sommerpause. Die Nervosität an den Aktienmärkten ist so groß wie seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers nicht mehr. In der derzeitigen Phase können scheinbar auch Schmetterlinge einen Börsenorkan auslösen. Dass solche Zeiten auch Kaufgelegenheiten für Mutige darstellen, gilt nicht nur für Aktien. Auch Bonuspapiere sind gerade jetzt einen Blick wert.

BÖRSE am Sonntag

Angefangen bei der Eskalation der Schuldenkrise in Griechenland bis hin zu der historischen Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA sind es derzeit vor allem Extremereignisse, die die Stimmung an den Finanzmärkten prägen. Konservativ eingestellten Anlegern bereitet ein solches Umfeld freilich kein Vergnügen. Wer als Aktionär solche Phasen aussitzen möchte, braucht Nerven aus Stahl. Es gibt jedoch auch Instrumente, die von der Nervosität der Marktteilnehmer profitieren und die gleichzeitig auch für Privatanleger gut geeignet sind.

Fiebrige Märkte

Um diese zu identifizieren, braucht man zunächst einmal ein Gefühl für die Auswirkungen der Nervosität. Der VDAX, der die Volatilität des DAX angibt, ist so etwas wie das Fieberthermometer des deutschen Finanzplatzes und dafür gut geeignet. In den letzten zwei Wochen schoss der Index geradezu in die Höhe: Bis Mitte Juli pendelte er um Werte von 20 – der dramatische Absturz katapultierte ihn zuletzt auf fast 50 Punkte. Die Schwankungsbreite hat sich also innerhalb kürzester Zeit mehr als verdoppelt. Mit Bonus-Zertifikaten lässt sich aus den Schwankungen Kapital schlagen.

Funktionsweise der Bonus-Zertifikate

Die Papiere verfügen in der Regel über zwei Schwellen: eine Kursschwelle und eine Bonusschwelle. Die Kursschwelle liegt bei Emission der Zertifikate unter der aktuellen Notierung des Basiswerts. Dagegen ist die Bonusschwelle über dem aktuellen Kurs des Underlyings angesiedelt. Durch die Kombination der beiden Schwellen lässt sich das Chance-Risiko-Profil steuern. Bewegt sich der Kurs des Basiswerts während der Laufzeit stets in dem so definierten Kursband, bekommt der Anleger am Ende einen fixen Betrag (Bonus). Dieser entspricht der Höhe der Bonusschwelle. Weiteres Plus bei Bonusprodukten ohne Cap: Liegt der Kurs des Underlyings am Verfallstermin über der Bonusschwelle, partizipiert der Anleger voll an diesem Wertzuwachs. Sein Gewinnpotenzial ist also – trotz Sicherheitspuffer nach unten – nicht begrenzt. Fällt der Kurs des Basiswerts hingegen während der Laufzeit unter die Kursschwelle, verhält sich das Bonus-Zertifikat wie ein normales Direktinvestment: Die Bewegungen des Basiswerts werden nun 1:1 nachvollzogen – der Anleger partizipiert jetzt unbegrenzt an den Verlusten. Steigen die Kurse danach wieder, nimmt der Anleger 1:1 an den Kursgewinnen teil. Der Anspruch auf eine Bonuszahlung ist in diesem Fall aber verloren. Er lebt auch dann nicht wieder auf, wenn die alte Kursschwelle zurückerobert wird. Um zu verstehen, warum diese Vehikel gerade in unruhigen Zeiten interessant werden, ist ein Blick hinter die Kulissen notwendig.

Börsenschwankungen geschickt nutzen

Um ein solches Auszahlungsprofil überhaupt anbieten zu können, bedienen sich die Emittenten aus dem Zertifikate-Baukasten. Bonuspapiere bestehen aus einem sogenannten Zero-Strike-Call, also einer Call-Option, deren Basispreis bei null liegt, sowie einer exotischen Down-and-Out-Put-Option. Letztere entspricht einer Verkaufsoption mit einer Barriere. Wird diese durchbrochen, verfällt die Option und ist komplett wertlos. Finanziert wird dieser Down-and-Out-Put durch die Dividende, die der Emittent einbehält, oder durch das Aufgeld. Mit einer ansteigenden Volatilität wird der für das Zertifikat benötigte Down-and-Out-Put billiger, diesen Preisvorteil kann der Emittent in Form von besseren Konditionen an die Anleger weiterreichen. In die gleiche Richtung wirkt auch der Verkauf der Call-Option: Steigt die Volatilität, erhöht das den Preis dieses Bausteins. Den höheren Verkaufserlös aus der Call-Option und die niedrigeren Kosten für die Put-Option kann der Emittent in Form besserer Konditionen an den Anleger weitergeben. Im Vergleich zu den relativ ruhigen Zeiten zu Anfang des Jahres ist das Umfeld für Bonuspapiere daher nun deutlich attraktiver.

Mäßigung sorgt für ruhigen Schlaf

Für Anleger, die sich in der derzeitigen Phase in erster Linie vor sinkenden Kursen schützen wollen, ist vor allem eine Variante mit Cap und kurzer Restlaufzeit interessant. Die sogenannten Capped-Bonus-Zertifikate vereinen die besten Eigenschaften von Bonus- und Discount-Zertifikaten. Bei Fälligkeit erfolgt eine attraktive Bonuszahlung, wenn der Basiswert während der Laufzeit den Sicherheitslevel nicht touchiert. Ein zusätzlicher Cap begrenzt hier zwar den Gewinn, ermöglicht aber sowohl eine höhere Bonuszahlung als auch einen größeren Puffer. Ein Beispiel für ein solches Produkt ist das jüngst von HSBC Trinkaus & Burkhardt emittierte Capped-Bonus-Papier (WKN: TB6QE2) auf den EURO STOXX 50. Das Papier läuft bis zum 19. Dezember 2011, hat einen Bonuslevel bei 2.542 Punkten und besitzt eine Sicherheitsschwelle bei 1.900 Punkten. Der Puffer beträgt somit auch nach dem Kurssturz der vergangenen Woche noch rund 16%. Wird er bis zur Fälligkeit kein einziges Mal unterschritten, erhalten Anleger für die überschaubare Restlaufzeit von rund vier Monaten eine Verzinsung von etwa 12%. Dies würde einer jährlichen Verzinsung von 34% entsprechen. Angesichts der heftigen Schwankungen sind 16% freilich kein üppiger Puffer mehr. Doch auch bei einem Abstand zur Sicherheitsbarriere von 32% bieten Papiere dieser Variante mit ähnlich kurzer Laufzeit noch rund 26% Rendite p. a. (WKN: SG1YUS). Und selbst bei einer Absicherung bis zu 45% sind immerhin noch knapp 10% Rendite drin (WKN: CB885M).

Weniger Ärger, mehr Stabilität

Ein weiteres Plus der (Cap-)Papiere liegt im Auszahlungsprofil selbst. Da sich der Basiswert „lediglich“ im festgelegten Kursband bewegen muss, damit Anleger am Ende die Maximalrendite erzielen, stellt sich die Frage nach dem optimalen Einstiegszeitpunkt nicht im gleichen Maße wie bei Direktinvestments. Dieser Zusammenhang ist umso stärker, je größer der Sicherheitspuffer ist: Während der EURO STOXX 50 seit Anfang Juli beispielsweise rund 25% verloren hat, verlor das oben genannte Bonuspapier (WKN: SG1YUS) in der Spitze gerade einmal 10%. In einem so schwankungsanfälligen Umfeld wie derzeit ist dies ein weiterer nicht zu vernachlässigender Faktor.

Besser als der Markt

Demgegenüber sollten Anleger bei Papieren ohne Cap eine positive Erwartung hinsichtlich der Entwicklung des Basiswertes mitbringen. Den größten Vorteil im Vergleich zum Direktinvestment haben Anleger nämlich dann, wenn es sich um einen klassischen Seitwärtsmarkt handelt. Die Bonusrendite sorgt schließlich selbst dann für eine anständige Rendite, wenn sich der Basiswert bis zum Fälligkeitstermin nicht bewegt hat. Dass dies auch in der Praxis der Fall ist, zeigt ein Blick auf die vom Deutschen Derivate Verband (DDV) veröffentlichten Zahlen: Der Bonusindex brachte es im ersten Quartal – trotz des Verlustes vom März – auf ein Plus von 4,7%. Der Basiswert (EURO STOXX) schaffte im gleichen Zeitraum hingegen nur eine Rendite von 3,7%. Die Zahlen vom Mai deuten zudem auf eine weitere erfreuliche Entwicklung hin. Die Mehrzahl der Anleger hat sich nämlich frühzeitig für ein konservatives Risiko-Rendite-Profil entschieden: Die durchschnittliche Barriere lag im Mai bei rund 1.800 Punkten, der durchschnittliche Bonusbetrag bei ca. 3.630 Punkten. Den Einbruch der letzten Wochen dürfte das Gros der Inhaber von Bonuspapieren daher unbeschadet überstanden haben.

Fazit

In der aktuellen Marktphase bieten sich gerade Produkte mit Cap, hohen Sicherheitspuffern und kurzen Restlaufzeiten als Alternative zu Festgeld & Co. an. Die enormen Schwankungen der letzten Wochen sorgen aufgrund ihrer positiven Einflüsse auf die preisbildenden Faktoren bei Bonus-Zertifikaten vielfach für attraktive Einstiegsgelegenheiten.