Monsanto sagt abermals NEIN
Das US-Saatgutkonzern Monsanto hat auch das höhere Übernahmeangebot von Bayer abgelehnt. Das Angebot sei „finanziell unangemessen“ und reiche noch nicht aus, um die Aktionäre zur Annahme zu bewegen. Die Vorstände beider Unternehmen stehen unter dem Druck ihrer Aktionäre – spielt die Zeit für die Deutschen?

Das Übernahmekarussell in der Chemiebranche dreht sich munter weiter. Während Bayer sein Angebot für Monsanto in Milliardenhöhe aufgestockt hat, wollen die Amerikaner sich durch eine Liaison mit BASF gegen den Übernahmeversuch wehren. Die Vorstände beider Unternehmen stehen unter dem Druck ihrer Aktionäre.
Schon seit Monaten tobt ein erbitterter Kampf um die Zukunft des amerikanischen Saatgutherstellers Monsanto. Ende Mai hatte der deutsche Chemieriese Bayer überraschend ein Übernahmeangebot in Höhe von 62 Milliarden Euro abgegeben – das entspricht 122 Dolle pro Aktie – und diese Offerte vor wenigen Tagen auf 125 Dollar erhöht. Was rund 63,5 Milliarden Euro entspricht. Doch Monsanto hat nun abgelehnt. Man bleibe aber offen für konstruktive Gespräche mit Bayer über die Machbarkeit einer Übernahme – aber auch mit anderen Interessenten, berichtete Reuters.
Bei Bayer-Investoren waren die Zukaufspläne bereits zuvor wegen des hohen Preises und des schlechten Images von Monsanto auf Skepsis gestoßen. Das britische Investmenthaus Henderson Global Investors forderte eine Abstimmung der Aktionäre über den Deal. „Wir können die Entscheidung des Vorstands, den Aktionären die Gelegenheit zu einer Abstimmung zu verweigern, nicht akzeptieren“, zitiert Reuters einen Brief von Henderson an Bayer. Zwar bedürfe die Transaktion nicht der Zustimmung der Anteilseigner, aber eine Billigung durch diese könnte helfen, das Vertrauen am Markt wiederherzustellen.
Insidern zufolge hat der Investmentfonds Corvex, der von einem früheren Schützling des aktivistischen Investors Carl Icahn geführt wird, kleinere Anteile an beiden Unternehmen zusammengetragen. Er favorisiere eine Monsanto-Übernahme durch Bayer, sollte der Preis stimmen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Zu den größten Monsanto-Aktionären gehört bereits der Hedgefonds Glenview, der ein Paket von 2,5 Prozent hält.
Monsanto ist bei der Herstellung von Saatgut weltweit die Nummer eins, Bayer ist nach der Schweizer Syngenta die Nummer zwei unter den Anbietern von Pflanzenschutzmitteln. Gemeinsam würden die beiden Unternehmen einen weltweit führenden Anbieter für Saatgut und Pflanzenschutzmittel schaffen. Umweltschützer warnen, dass durch die wachsende Konzentration unter den Agrarchemie-Anbietern die Macht der Konzerne weiter zunimmt.
Auf dem linken Fuß erwischt
Das Ansinnen der Übernahme kam für Monsanto zur Unzeit. Der Saatgutspezialist leidet vor allem an der seit Monaten schlechten Nachfrage in der Landwirtschaft. Zudem sorgen Währungsabwertungen und Krisen in den Schwellenländern in Südamerika, wo Monsanto traditionell stark vertreten ist, für schlechte Zahlen in den Bilanzen. Erst im Juni musste Konzernchef Hugh Grant bei der Vorstellung der Quartalszahlen besorgniserregende Nachrichten überbringen.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fiel der Gewinn des Unternehmens um mehr als ein Drittel auf nur noch 717 Millionen Dollar. Auch der Umsatz reduzierte sich um knapp acht Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar. Zudem blieb Grant mit den Gewinnprognosen für das laufende Jahr hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Den voraussichtlichen Gewinn pro Aktie taxierte er bis Ende August am unteren Ende einer Spanne zwischen 4,40 und 5,10 Dollar. Grant will nun mit einem Sparprogramm und Stellenstreichungen gegensteuern. Hinzu kommt der beständig schlechte Ruf des Unternehmens. Das liegt vor allem an dem Kassenschlager der Amerikaner, dem Unkrautvernichter Roundup. Das darin enthaltene Mittel Glyphosat soll laut WHO für den Menschen krebserregend sein. Im Mai gab es deshalb in der Europäischen Union heftigen Widerstand gegen die Neuzulassung des Herbizids für den europäischen Markt. Am Ende verlängerte die EU-Kommission jedoch die Zulassung für weitere zwei Jahre.
Bayer gibt sich selbstbewusst
Diese Woche folgte nun der nächste Paukenschlag. Wie schon länger spekuliert wurde, erhöhte Bayer sein Angebot um rund 1,3 Milliarden Dollar, was bei 440 Millionen Aktien einen Wert von 125 Dollar pro Aktie bedeutet. Wie das Leverkusener Unternehmen mitteilte, sei die Aufstockung durch zusätzliche Informationen möglich geworden, die Bayer in vertraulichen Gesprächen mit dem Monsanto-Vorstand erhalten habe. Medienberichten zufolge hat sich Monsanto jedoch bis heute geweigert, die eigenen Bücher einer offiziellen Prüfung unterziehen zu lassen. In der Leverkusener Konzernzentrale gibt man sich dennoch selbstbewusst. "Wir sind davon überzeugt, dass diese Transaktion für die Monsanto-Aktionäre hoch attraktiv ist und die beste Gelegenheit zur sofortigen und sicheren Wertsteigerung für ihre Aktien bietet", sagte Bayer-Chef Werner Baumann.
In seiner Mitteilung stellte Bayer zudem klar, dass das nötige Kleingeld für die Transaktion bereit steht. Ein Vertrag zur Finanzierung der Transaktion liege zur Unterschrift durch fünf Banken bereit; involviert sind die Kredithäuser Merrill Lynch, Credit Suisse, Goldman Sachs, HSBC und JP Morgan. Und auch die Kartellbehörden machen den Leverkusenern keine Sorgen. Aufgrund der regional unterschiedlichen Absatzmärkte (Monsanto in Nord- und Südamerika, Bayer vor allem in Europa und Asien) sehen die Verantwortlichen keine Gefahr kartellrechtlicher Bedenken. Daher bieten die Deutschen sogar eine Entschädigungszahlung von 1,5 Milliarden Dollar an, sollten die Kartellfreigaben nicht erteilt werden. Baumann betont zudem, dass der deutsche Chemieriese fest entschlossen ist, den Deal abzuschließen.
Monsanto pokert hoch
In der Monsanto-Konzernzentrale in St-Louis gibt man sich derweil betont gelassen. Am Donnerstag teilte das Unternehmen lediglich mit, dass man das neue Angebot von Bayer prüfen wolle. Berichten der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge ist man sich im Vorstand jedoch uneinig, wie man mit dem neuerlichen Übernahmeversuch umgehen wolle. Für Aufsehen erregte daher die Meldung, dass Monsanto selbst wieder Interesse an der Übernahme der Agrarchemiesparte von BASF zeigt. Eine offizielle Bestätigung blieb bis jetzt jedoch aus.
Experten deuten diese Meldung jedoch als gezieltes Manöver gegen Bayer und sprechen von einer „Giftpille“. Denn durch die Übernahme der BASF-Tochter würde der Marktwert Monsantos um viele Milliarden steigen, eine Übernahme könnte so verhindert werden. Gleichzeitig setzt das Gerücht die Verantwortlichen in Leverkusen eventuell unter Druck, schnell ein noch höheres Angebot zu unterbreiten. Analyst Tim Race von der Deutschen Bank geht davon aus, dass Bayer im Zweifel auch einen Preis von 135 Dollar je Aktie und damit weitere 4,4 Milliarden Dollar stemmen könnte, sollten sich im Anschluss die erwarteten Synergieeffekte für das Unternehmen einstellen.
Nichtsdestotrotz ist das Gerücht ein riskanter Schachzug von Monsanto. Denn zum einen stehen die Bayer-Verantwortlichen schon jetzt wegen des aus Aktionärssicht zu hohen Angebots in der Kritik. Nachbörslich zeichneten sich erneut Kursverluste in Höhe von 1,6 Prozent bei der Bayer-Aktie ab, nachdem das verbesserte Angebot bekanntgeworden war. Darüber hinaus ist fraglich, ob Monsanto einen möglichen Deal mit BASF überhaupt stemmen könnte. Die Pflanzensparte setzte im vergangenen Jahr 5,8 Milliarden Euro um. Damit ist der Konzern die Nummer drei im weltweiten Pflanzenschutzgeschäft und zudem äußerst profitabel. Bei BASF besteht überhaupt keine wirtschaftliche Not für einen Verkauf. „Wir sind nicht in die Ecke getrieben“, hatte Vizechef Martin Brudermüller kürzlich erst gesagt.
Zudem will Monsanto den Kauf wohl durch neue Aktienausgaben finanzieren. Da der Wert der Aktien jedoch durch die Übernahmegespräche mit Bayer extrem aufgebläht ist, werden sich die Ludwigshafener wohl kaum auf einen solchen Deal einlassen. Außerdem steht dem Vorstand von Monsanto im Falle eines solchen Deals Ärger mit den eigenen Aktionären ins Haus. Durch die Ausgabe neuer Aktien würden nicht nur die eigenen Anteile verwässert, sondern es würde auch der lukrative Verkauf an Bayer platzen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Anleger von solchen Aussichten besonders begeistert sein werden. Die Zeit spielt damit eindeutig den Leverkusenern in die Karten, während Monsanto zunehmend unter Druck gerät. Robin Schenkewitz