Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Quo vadis Europa?

Allen Krisenberichten zum Trotz: Europa ist ein wirtschaftliches Schwergewicht. Mit einem BIP von über 13,2 Bio. ist die Europäische Union die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Natürlich sind noch längst nicht alle Probleme gelöst, aber das schlimmste scheint überstanden. Lesen Sie hier, wo es schon 2013 aufwärtsgeht und wie Anleger davon profitieren.

BÖRSE am Sonntag

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen werden sich auch im laufenden Jahr weiter verstärken: Der Osten und der Norden wachsen – der Süden schrumpft. Während die Wirtschaft in Griechenland, Zypern und Portugal weiterhin in einer heftigen Rezession steckt, könnte Deutschland auf ein Plus von 0,8% kommen. Die baltischen Staaten dürften um über 3% zulegen, Polen, Rumänien und Schweden pendeln um einen Wert von 2%.    

Arbeitslosigkeit steigt auf Rekordwert

Unter dem Strich reicht das für die Kehrtwende: Im Jahr 2012 ist die Wirtschaft in der Eurozone um 0,4% geschrumpft. Für das laufende Jahr erwartet die Europäische Kommission eine schrittweise Rückkehr auf den Wachstumspfad: Das BIP dürfte laut dem Herbstgutachten in der EU um 0,4% und im Euro-Raum um 0,1% ansteigen. Für die Menschen ist diese Trendwende jedoch noch nicht spürbar, denn die Arbeitslosigkeit in der Eurozone wird im laufenden Jahr weiter steigen „und in der zweiten Jahreshälfte mit fast 20 Mio. Arbeitslosen ihren Höhepunkt erreichen. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren in den Euroländern 15,9 Mio. Menschen arbeitslos. Die höchsten Arbeitslosenquoten werden mit 28%, 27% und 17% in diesem Jahr Griechenland, Spanien und Portugal aufweisen“, so Ernst & Young in der aktuellen Studie „Ernst & Young Eurozone Forecast“.

Unternehmen positiv gestimmt

Ganz anders die Stimmung in den deutschen Unternehmen. So blicken die 272 vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Finanzexperten äußerst optimistisch auf 2013. Die neuesten Zahlen zeigen eine deutliche Stimmungsaufhellung, und zwar nicht nur die zukünftigen Erwartungen, sondern auch die aktuelle Lage betreffend. Der entsprechende Index stieg gar auf den höchsten Wert seit Mai 2010. Zur Erinnerung: In diesem Jahr erreichte Deutschland mit 4,2% das höchste Wirtschaftswachstum seit vielen Jahren. Zwar sind solche Werte nicht mehr zu erwarten, aber die Ergebnisse legen doch nahe, dass sich die hiesige Wirtschaft besser entwickeln könnte, als viele bislang erwartet hatten. Einmal mehr könnte die Bundesrepublik also zur Konjunkturlokomotive für den alten Kontinent avancieren. Die Entkopplung von seinen Nachbarstaaten betrifft jedoch nicht nur das Wirtschaftswachstum. Die Bedeutung der europäischen Handelspartner sinkt: „Der Warenaustausch mit den Emerging Markets gewinnt weiter an Gewicht. Lag der Anteil an den deutschen Exporten z. B. der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) im Jahr 2000 noch bei 4,5%, so wird er im nächsten Jahr bereits rund 15% betragen“, so der Deutschen Industrie- und Handelskammertag in seinem AHK-Weltkonjunkturbericht 2012/13.

Exportstark und heimatverbunden

In besonderem Maße haben von dieser Entwicklung die Firmen im MDAX profitiert. Die mittelgroßen Firmen haben die Chancen der Globalisierung genutzt und sind in den Emerging Markets und den USA äußerst erfolgreich. Es ist daher kein Zufall, dass der DAXplus Export Strategy Index, der die die Wertentwicklung der zehn exportstärksten Unternehmen aus DAX und MDAX widerspiegelt, acht MDAX-Mitglieder enthält. Gleichzeitig profitiert der MDAX aber auch in hohem Maße von der Stärke der heimischen Wirtschaft. Diese Doppelfunktion ist das Erfolgsgeheimnis des Nebenwerteindex: Der kleine Bruder des DAX eilt derzeit von einem Rekordhoch zum nächsten und steht mit fast 12.700 Punkten so hoch wie nie zuvor. Die Analysten sind weiterhin optimistisch. Die Landesbank Berlin etwa prognostiziert für den MDAX in den nächsten zwölf Monaten einen Anstieg auf 13.300 Punkte. Am einfachsten gelingt der Einstieg über entsprechende Index-Zertifikate und ETFs (z. B. WKN: 593392). Dafür spricht auch, dass in einer Erholungsphase Mid und Small Caps generell interessant werden. Eine Einschätzung, die laut einer dpa-Meldung Frank-Peter Martin, Mitglied des Partnerkreises und Chief Investment Officer bei Metzler Asset Management, teilt. Gleichzeitig warnte er jedoch vor zu hohen Erwartungen: „Es geht nicht um eine Rendite von 20% oder 25%, sondern vor allem um den Vermögenserhalt.“

Setzen Sie auf die Peripherie

Wer auf der Suche nach etwas mehr Rendite ist, muss zwangsläufig größere Risiken eingehen. Wer dazu bereit ist, dem bieten sich ob der aktuellen Krise in den südeuropäischen Ländern interessante Möglichkeiten. Antizyklisches Potenzial bieten vor allem die Aktien südeuropäischer Konzerne. So antwortete beispielsweise Gottfried Urban, Vermögensverwalter bei der Neue Vermögen AG, im „Handelblatt“-Interview auf die Frage: „Wie sieht es aus mit Unternehmen, die nicht in Deutschland aktiv sind?“ mit: „Da denke ich an die Südländer. Deren Unternehmen sind derzeit am deutlichsten unterbewertet. Italienische Energieversorgeraktien sind attraktiv, aber auch Aktien französischer und spanischer Unternehmen – Banken ausgenommen.“ Allerdings hat etwa der griechische Athex-Index mit einem Plus von 33% im letzten Jahr sogar den DAX (+29%) abgehängt. Interessanter erscheint hier ein breit gefächerter Einstieg. Möglich macht dies z. B. das RBS Euro Peripherie Value Select TR Basket Zertifikat (WKN: AA5BF2) – ein Papier, das in 15 Einzelwerte aus Spanien, Portugal und Italien investiert.

Vorbildlicher Osten

Völlig aus dem Blickfeld vieler Investoren verschwunden ist scheinbar auch Zentral- und Osteuropa (CEE). Zu Unrecht: „Die Bewertungen liegen derzeit bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 6,5 und werden damit mit einem Abschlag von 60% gegenüber den globalen Schwellenländern gehandelt“, so Allen Conway, Fondsmanager des Schwellenländerfonds Schroders ISF Emerging Europe, in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“. Auch die Staaten der Region stehen heute deutlich besser da, als ihre westlichen Nachbarn. Die Staatsverschuldung liegt im Verhältnis zum BIP in den meisten CEE-Staaten nur bei rund 40%. Die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage in der CEE-Region hat sich zudem im Januar leicht verbessert. Dies hat der ZEW-Erste Group Bank Konjunkturindikator ergeben. Mit dem Lyxor ETF Eastern Europe (WKN: A0F6BV) holen sich Anleger die gesamte Region ins Depot.

Europas Stärken

Im Rahmen der Veröffentlichung ihres „2013 European Attractiveness Survey“ kommt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zu dem Schluss, dass „die Investoren die Unsicherheit und Volatilität in einigen europäischen Ländern und Branchen nunmehr als die neue Normalität akzeptiert zu haben scheinen“, ohne dabei die Stärken des Kontinents aus dem Blick zu verlieren. Dazu zählen laut Ernst & Young insbesondere die größte Konzentration besonders vermögender Konsumenten, die Masse gut ausgebildeter Arbeitskräfte aller Fachrichtungen, die hohe Arbeitsproduktivität, die unübertroffene Innovationsbereitschaft und die hervorragende Infrastruktur. Diese Stärken und die Chancen, die diese wohl einmalige Konstellation den Staaten Europas eröffnet, gingen in der Berichterstattung über die Krise zuletzt gänzlich unter.

Fazit

Trotz der berechtigten Kritik an den mangelhaften ordnungspolitischen Rahmenbedingungen und dem Reformstau in einigen Ländern darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, dass die notwendigen Veränderungen von den Menschen mitgetragen werden müssen, um am Ende Erfolg zu haben. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn der Bevölkerung eine positive Vision vermittelt wird. Ein erstrebenswertes Ziel, für das es sich lohnt, die Mühen und Einschränkungen auf sich zu nehmen. Die Voraussetzungen für Wachstum und Wohlstand in Europa sind jedenfalls vorhanden. Gute Aussichten also – auch für Euro-Aktionäre.