Regeln für den Börsenerfolg
Strategie-Zertifikate setzen vorab festgelegte Handelsregeln unbestechlich und emotionslos um. Das kann helfen, viele typische Anlegerfehler zu vermeiden. Trotzdem sind solche Produkte nicht automatisch besser als der Markt. Vor allem über längere Zeiträume ist der eigene Erfolg ihr größter Feind.
Auf Basis bestimmter Kriterien werden nach strikten Regeln Anlageentscheidungen getroffen. Die Umsetzung übernehmen Computer. Ganz ohne das Zutun von Investment-Managern werden auf diese Weise Milliarden bewegt – jeden Tag, rund um die Uhr. Bereits heute wird auf diese Weise der überwiegende Teil der Börsenumsätze von Rechnern abgewickelt. Mit Strategie-Zertifikaten holt sich der Anleger solche Systeme bequem ins Depot. Zu den bekanntesten Ausprägungen zählen Ansätze auf Basis von Dividendenrendite, Momentum und Sektorrotation.
Es leben die Ausschüttungen!
Dividendenstrategien gehören zu den ältesten und erfolgreichsten Anlagestrategien auf den Aktienmärkten. Das hat einen einfachen Grund: Laut einer Studie der London Business School wären beispielsweise aus einem im Jahr 1900 in Aktien investierten US-Dollar – die stete Reinvestition der Dividenden vorausgesetzt – bis zum Jahr 2009 stolze 582 US-Dollar geworden. Ohne die Ausschüttungen hätte der Anleger im Jahr 2009 hingegen nur über 6 US-Dollar verfügt. Für den Wertzuwachs waren also fast ausschließlich die Dividenden verantwortlich. „Viele Anleger sind bei Aktien fixiert auf die Kursentwicklung. Historisch betrachtet ist die Dividende aber der eigentlich renditetreibende Faktor”, so Sebastian Bleser, Zertifikateexperte der Société Générale. Mit Zertifikaten (z. B. WKN: SG2KRF) auf Dividendenindizes wie den EURO STOXX Select Dividend 30 TR holen sich Anleger die Titel mit den höchsten Ausschüttungen ganz bequem in ihr Depot.
Blindes Vertrauen ist gefährlich
Doch selbst solche altbewährten Strategien haben in bestimmten Phasen ihre Tücken. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise geriet beispielsweise auch die Kennzahl Dividendenrendite unter die Räder. Denn bei der Berechnung der Dividendenrendite wird die letzte Ausschüttung zum aktuellen Aktienkurs ins Verhältnis gesetzt. Ob eine Auszahlung überhaupt wieder in ähnlicher Höhe erfolgen kann, bleibt dabei völlig unberücksichtigt. Weil gerade die Banken bis zum Ausbruch der Krise relativ hohe Ausschüttungen vorgenommen hatten, erschienen Finanzwerte plötzlich als hochattraktiv. Prompt wurden die Dividendenindizes von den Computern mit Finanzwerten „vollgestopft“ und erlitten in der Krise dementsprechend höhere Verluste als die herkömmlichen Benchmarks. Laut einer Studie der Credit Suisse war die Dividendenstrategie im Zeitraum Sommer 2007 bis Februar 2008 sogar eine der am schlechtesten laufenden Strategien überhaupt.
The trend is your friend
Das Gegenstück dazu sind die sogenannten Momentum-Strategien. Fundamentale Kennzahlen spielen bei diesem Ansatz keine Rolle. Stattdessen beruht das Konzept darauf, dass sich ein bestehender Trend mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft weiter fortsetzt. Getreu der alten Börsenweisheit „Stay with the trend, the trend is your friend“ werden hier regelmäßig die Werte gekauft, die schon in der Vergangenheit am stärksten gestiegen sind beziehungsweise im Vergleich zu einer Benchmark relativ gut performten. Ein Beispiel wäre das TSI-Zertifikat (WKN: DB0TS1) der Deutschen Bank, das sich gerade im aktuellen Umfeld wacker geschlagen hat: In den letzten drei Monaten legte das Produkt um über 22% zu, während der DAX nur auf ein Plus von rund 13% kommt. Auf Basis eines quantitativen Modells wird für jede in den Indizes DAX, TecDAX und MDAX enthaltene Aktie der sogenannte TSI-Faktor regelmäßig neu berechnet. Ziel ist es, die Aktien mit der stärksten Performance in einem Index zu bündeln. Das hat in den letzten Jahren bei dem vorgenannten Produkt gut funktioniert. Bei der Auswahl entsprechender Papiere sollten Anleger darauf achten, dass auch Nebenwerte in der Grundgesamtheit berücksichtigt werden.
Nicht nur im Fußball wird rotiert
Eine Mischung zwischen Momentum- und quantitativen Ansätzen stellen sogenannte Sektorrotationsstrategien dar. Sie basieren auf der Annahme, dass unterschiedliche Branchen in bestimmten Phasen des Konjunkturzyklus besser und andere schlechter laufen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Börsenkurse. Demnach profitieren in Hausse-Phasen vor allem zyklische Werte und in Baisse-Zeiten verhält es sich umgekehrt: Denn trotz schwieriger Zeiten werden weiterhin Nahrungsmittel oder auch Medikamente benötigt. Dass sich dies auch in der Praxis so verhält, ist zumindest umstritten. Eine Studie von JP Morgan stützt jedoch die Grundannahme: Im Hausse-Zyklus von 2002 bis 2004 schlugen sich zyklische Aktien um 27% demnach besser als defensive Werte, während der nachfolgenden Korrektur waren die defensiven Titel hingegen um 10% besser.
Im Reich der Mitte helfen Strategien
Genau hier setzt das Vontobel European Sector Rotation III Open End Zertifikat an. Auf Basis von statistischen Zusammenhängen zwischen Einflussfaktoren wie zum Beispiel Kreditrisikoprämien und Zinsstrukturen sowie der in der jüngeren Vergangenheit realisierten Sektor-Performance werden die voraussichtlich renditestärksten Sektoren des EURO STOXX vierteljährlich ausgewählt. An diese Auswahl schließt sich ein Optimierungsverfahren an, in dem festgelegt wird, wie stark der jeweilige Sektor gegenüber dem Anteil im EURO STOXX über- oder untergewichtet wird. Auf Sicht der letzten zwölf Monate liegt das Papier mit rund 5% im Plus. Betrachtet man den Zeitraum seit Emission, liegen jedoch sowohl das vorliegende als auch das Vorläuferprodukt deutlich hinter dem DAX zurück. Ganz anders stellt sich die Lage hingegen bei dem China Sector Rotation Indexzertifikat (WKN: BVT46N) von Vontobel dar. Das bereits Ende September 2006 emittierte Produkt tritt gegen den Hang Seng Composite Index an und zielt auf eine langfristig bessere Wertentwicklung als die Benchmark ab. Mit erstaunlichem Erfolg: Seit der Emission hat das Zertifikat seinen Inhabern eine Rendite von stolzen 15,3% per annum beschert. Der Hang Seng erzielte dagegen im selben Zeitraum mit 7,7% nur knapp halb soviel. Ausgehend von den Tiefständen im Herbst 2008 hat das Papier sogar um mehr als 190% zugelegt, während der Hang Seng lediglich um 110% angestiegen ist.
Geduld gefragt
Das Wort Strategie impliziert jedoch bereits, dass bestimmte zukünftige Entwicklungen antizipiert und auf diese Weise Gewinne erzielt werden sollen. Daraus folgt aber unmittelbar, dass viele der verbrieften Strategien auch erst über längere Zeiträume zu Gewinnen führen. Das gilt nicht nur für die Dividendenstrategie: „Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Momentum-Strategien über lange Frist erfolgreich sind“, so Markus Glaser, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Konstanz, in einem Interview. „Allerdings geht es dabei um Zeiträume von 20 Jahren oder mehr“, so Glaser weiter. Dazu sollte der Anlagehorizont des Anlegers, aber auch die Laufzeit des Produktes passen. Open-End-Produkte sind daher das Mittel der Wahl.
Fazit
Die auf dem Markt befindlichen Strategie-Zertifikate haben sich insgesamt sehr unterschiedlich entwickelt. Einige ausgewählte Papiere generieren jedoch bereits über Jahre hinweg eine signifikante Überrendite. Anleger sollten jedoch nicht vergessen, dass eine Outperformance-Strategie, die gute Ergebnisse liefert, so lange von immer mehr Marktteilnehmern kopiert wird, bis der Effekt dadurch von selbst verschwindet.