Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Value Investing - wahre Werte dringend gesucht

Die Zahl erstklassiger Anlagen ist in den letzten Jahren stark geschrumpft. Nur mehr 16 Staaten können ihre Anleihen mit dem begehrten Triple A schmücken. Die verbliebenen sicheren Häfen werfen im Gegenzug kaum noch Rendite ab. Die Alternative: Value Investments.

BÖRSE am Sonntag

Letztere verbinden dank niedriger Bewertung Sicherheit und Ertragsstärke. Um jedoch entsprechende Titel zu identifizieren, müssen unterbewertete Firmen mit stabiler Ertragskraft und hohem Substanzwert in dem riesigen Aktienuniversum aufgespürt werden. Mit der dahinter stehenden Value-Strategie verbinden Anleger heute vor allem einen Namen: Warren Buffett. Der Amerikaner baute quasi aus dem Nichts die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway auf und belegt mit einem geschätzten Vermögen von 44 Mrd. US-Dollar derzeit den dritten Platz auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt.

 

Dividenden sind die Basis

Doch nicht nur der persönliche Erfolg machte Buffett und seine Strategie so populär. Theoretisch hätte nämlich jeder daran partizipieren können: Wer 1965 1.000 Dollar in die Aktien seiner Holding investierte, ist heute mehrfacher Millionär. Die Grundlagen des Value Investings wurden jedoch bereits Anfang des letzten Jahrhunderts gelegt. Als Vater dieser Vorgehensweise gilt der legendäre Wirtschaftswissenschaftler und Investor Benjamin Graham. Er vertrat vehement die Auffassung, dass eine Aktie nur anhand der fundamentalen Kriterien bewertet werden kann, und entwickelte die sogenannte Dividendenstrategie. Letztere sieht vor, jeweils die zehn Aktien aus dem Dow Jones Index mit der höchsten Dividendenrendite zu kaufen und ein Jahr lang zu halten. Eine Erweiterung dieses Ansatzes entwickelte der Vermögensverwalter Michael O’Higgins: Hier werden ebenfalls die zehn Aktien mit der höchsten Dividendenrendite ermittelt. Aus dieser Gruppe werden die fünf günstigsten Titel zu gleichen Teilen gekauft. Dazu müssen die Aktien beziehungsweise deren Kurse zunächst auf einen gemeinsamen Nennwert bezogen werden. Die günstigsten Aktien sind diejenigen, deren Kurs unter Berücksichtigung des Nennwerts am niedrigsten ist. Beispiel: Soll etwa der gemeinsame Nennwert 1 Euro betragen, müssen die Kurse von Aktien mit einem Nennwert von 5 Euro zunächst durch 5 dividiert werden.

 

Bewährte Strategien

Die O’Higgins-Strategie bewährte sich nach Recherchen des Schweizer Wirtschaftsmagazins „Bilanz“ vor allem beim Dow Jones: „Nur viermal zwischen 1973 und 1995 konnte ein Portfolio, das nach diesen Regeln zusammengestellt war, den Index nicht schlagen. In den übrigen Jahren resultierte eine durchschnittliche Rendite von rund 20%, während der Dow Jones nur 10,9% erwirtschaftete.“ Obwohl der Erfolg auf anderen Märkten nicht im gleichen Maße wiederholt werden konnte, sind viele Anleger davon überzeugt, dass die Dividendenrendite als Auswahlkriterium zur Umsetzung einer Value-Strategie ausreicht. Doch im Gegensatz zu diesem simplen Ansatz ist der beispielsweise von Buffett verfolgte Value-Ansatz ungleich aufwendiger.

 

Billig allein reicht nicht

Ob ein Titel unterbewertet ist oder nicht, zeigt nämlich erst die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kennzahlen, Geschäftsberichten und eine genaue Kenntnis des jeweiligen Marktes: „Wann immer man Benjamin Graham gefragt hat, wie sich die Wirtschaft oder ein bestimmtes Unternehmen seiner Ansicht nach entwickeln werde, war seine Antwort: „Die Zukunft ist ungewiss.“ Er lehnte es gewissermaßen ab, Annahmen über die Zukunft oder die Qualität eines Unternehmens zu treffen. Buffett versucht das Gegenteil, nämlich die qualitativen Stärken und Schwächen eines Unternehmens herauszufinden und ob das Geschäftsfeld, in dem sich ein Unternehmen bewegt, eine echte Chance hat, in zehn Jahren noch so erfolgreich zu sein wie heute. „Das ist die eigentliche Idee hinter dem Versuch, Unternehmen ausfindig zu machen, die auch auf lange Sicht ein nachhaltiges Geschäft betreiben“, so der bekannte Value-Investor Jean-Marie Eveillard in einem Interview mit „Institutional Money“.

 

So werden Sie Value-Investor

Großen Wert legen Investoren vom Schlage eines Warren Buffett mithin darauf, dass sie verstehen, womit das jeweilige Unternehmen sein Geld verdient. Welches Geschäftsmodell wird verfolgt, welche Produkte hergestellt und welche Dienstleistungen werden angeboten? Nur wer diese Fragen beantworten kann, ist auch in der Lage, Chancen und Risiken zu beurteilen. Die Suche nach unentdeckten Perlen ist also keineswegs trivial und äußerst zeitintensiv. Natürlich gibt es auch harte Kriterien: ein niedriger Verschuldungsgrad, eine attraktive Dividendenrendite und ein stabiler und hoher Cashflow beispielsweise. Darüber hinaus ist eine niedrige Bewertung, gemessen am Gesamtmarkt, ein wichtiges Merkmal für einen solch unentdeckten Schatz. Werthaltige Aktien weisen in der Regel ein relativ geringes Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von unter 1 sowie ein vergleichsweise niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf. Die anhand dieser Kriterien herausgefilterten Kandidaten werden im zweiten Schritt intensiv durchleuchtet, um auszuschließen, dass es einen sachlichen Grund für die niedrige Bewertung gibt. Dies können neben bestimmten Marktgegebenheiten auch juristische Sachverhalte oder interne Probleme wie beispielsweise Qualitätsprobleme oder Bewertungsfehler sein. Ist eine Aktie erst einmal erworben, gilt es, die fundamentale Entwicklung weiterhin genau zu verfolgen und sich in Geduld zu üben. Bis der Markt den inneren Wert honoriert, können unter Umständen Jahre vergehen.

 

Werthaltige Fonds

Anleger, die sich eine so aufwendige und zeitintensive Prozedur ersparen möchten, können auf entsprechende Fonds zurückgreifen. Interessant erscheinen hier beispielsweise der Warburg Value Fund (WKN: A0DN29) oder der Credit Suisse Equity Fund Global Value (WKN: 796586) – beide Produkte konnten in den letzten drei Jahren um gut 47% zulegen! Betrachtet man nur die letzten 24 Monate oder das laufende Jahr, so liegt allerdings der von Jean-Marie Eveillard gemanagte Amundi International (WKN: 635297) vor den beiden Konkurrenten. Über alle drei Betrachtungsperioden konnte jedoch keines der drei Produkte vollends überzeugen, da sie im laufenden Jahr sämtlich im Minus liegen. Diesen Makel hat der Value-Klassiker Tweedy, Browne International Value Fund (WKN: 988568) nicht. Im laufenden Jahr beträgt das Plus bereits über 5% und auch in der 3-Jahres-Wertung müssen Anleger hier keine Abstriche machen.  

 

Antizyklisch investieren

Wer sich selbst auf die Suche nach den Perlen im Aktienuniversum machen möchte, braucht nicht allzu weit in die Ferne zu schweifen. Nicht nur deutsche Finanzwerte wie Deutsche Bank und Munich Re notieren ob der schwelenden Finanzkrise deutlich unter ihren Buchwerten – auch Versorger wie RWE und E.ON sowie der spanische Erdölkonzern Repsol weisen derzeit ein KBV unter 1 auf. Anregungen bieten zudem die regelmäßigen Veröffentlichungen über Minderheitsbeteiligungen von Buffetts Berkshire Hathaway – hier findet sich beispielsweise auch Munich Re wieder. Dass Value Investing immer auch eine antizyklische Komponente hat, wird hier ebenfalls deutlich: Im Portfolio befindet sich seit der Finanzkrise eine ganze Reihe an Finanzwerten.

 

Fazit

Anleger, die sich nicht laufend mit dem aufwendigen Stock-Picking-Prozess beschäftigen möchten, greifen am besten zu entsprechenden Value-Fonds oder Zertifikaten. Das Wörtchen Value im Namen zu führen reicht dabei jedoch nicht als Auswahlkriterium aus. Stattdessen sollten neben dem Track Record auch die Positionen der Vehikel geprüft werden. Dass dies notwendig ist, zeigt ein aktuelles Beispiel: Obwohl facebook das genaue Gegenteil eines Value Stocks ist, fand sich die Aktie in Produkten wie dem JP Morgan Intrepid Value Fund oder Principal Largecap Value.

Das Magazin

BÖRSE am Sonntag

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren
Das Magazin

AnlagePunk

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren