Warum die Inflation kommt und wie Sie Ihr Geld schützen
Die Mehrzahl der westlichen Industrienationen ist hoch verschuldet. Ob die gigantischen Kreditbeträge jemals zurückgeführt werden können, ist mehr als fraglich. Für die Regierungen ist die Ausweitung der Geldmenge ein bequemer Ausweg aus dem Dilemma. Das Ergebnis ist ein deutlicher Anstieg der Inflation. Wie Anleger ihr Geld retten, erfahren Sie hier.
Ausufernde Staatsschulden sind keineswegs nur ein europäisches Phänomen. Auch die USA und Japan stehen mit dem Rücken zur Wand. Die beiden Länder wurden in einem im April veröffentlichten IWF-Bericht aufgefordert, rasch deutliche Schritte zum Schuldenabbau und zur Haushaltskonsolidierung zu unternehmen. Doch davon sind beide Staaten derzeit weit entfernt. In den USA tobt zwischenzeitlich ein Kampf um das Haushaltsbudget und die Aufstockung der gesetzlich verankerten Schuldengrenze in Höhe von 14,3 Bio. US-Dollar.
USA drucken Geld
Die Rating-Agentur S&P drohte der größten Volkswirtschaft der Welt jüngst sogar mit einer Herabstufung der Bonitätsnote. Allein dieser Warnschuss wird von vielen Experten bereits als historischer Schritt bewertet. Doch auch damit stehen die Amerikaner keineswegs allein da. In der letzten Woche stellte S&P auch für Italien eine mögliche Herabstufung der Kreditwürdigkeit in den Raum und Fitch senkte einige Tage später den Ausblick für Belgien. Der Grund für die Rekordverschuldung in den Industriestaaten ist die Finanzkrise. Die Rettungspakete für marode Banken und die Konjunktur haben die Mehrzahl der westlichen Volkswirtschaften schlichtweg überfordert. Um die Stützungsmaßnahmen überhaupt finanzieren zu können, sind die USA bereits seit Längerem dazu übergegangen, Geld zu drucken. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem Kauf von US-Treasuries durch die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed). Der Vorgang wird mit dem harmlos klingenden Begriff „Quantitative Easing“, zu Deutsch geldpolitische Lockerung, umschrieben.
Inflation dürfte weiter anziehen
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich mit solchen Maßnahmen bislang zurückgehalten und ist lediglich flankierend am Sekundärmarkt aufgetreten. Dies hat dazu geführt, dass sich die Bilanz der EZB im Zuge der Krise zwar ebenfalls erheblich ausgeweitet hat, das Geldmengenwachstum bislang jedoch unter Kontrolle gehalten werden konnte: In ihrem Monatsbericht für März kommt die Europäische Zentralbank zu dem Schluss, dass das tatsächliche Geldmengenwachstum zwar höher sei als in der Statistik ausgewiesen, aber trotzdem noch als moderat gelten dürfe. Gleichwohl haben steigende Energie- und Lebensmittelpreise in den vergangenen Monaten für einen deutlichen Anstieg der Teuerung weltweit – und damit auch in der Eurozone – gesorgt: Die Inflationsrate in der Eurozone lag zuletzt bei 2,8% und damit deutlich über dem von der EZB angepeilten Zielwert von 2%. Und in der näheren Zukunft dürfte die Inflationsrate wohl weiter steigen: Die sich seit April abzeichnende Erhöhung der langfristigen Inflationserwartungen müsse ernst genommen werden. Er werte sie als Anzeichen für „sich zunehmend eintrübende Preisperspektiven bei einer weiterhin expansiven Geldpolitik“, äußerte Bundesbankpräsident Weidmann in der letzten Woche.
Kaufkraftverlust droht
Für Anleger ist diese Situation prekär. Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld schaffen gerade sichere Anlagen kaum mehr den Inflationsausgleich: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen liegt momentan bei rund 3,0% und Tagesgeld bringt maximal 2,5%. Nach Abzug der Abgeltungsteuer entsteht also bereits auf dem aktuellen Niveau ein Minus. Weil sich Letzteres natürlich nicht absolut in einem niedrigeren Betrag auf dem Konto widerspiegelt, sondern in einem schleichenden Kaufkraftverlust äußert, unterschätzen viele Sparer die Wirkung der Preissteigerung. Dies wird an einem Beispiel deutlich: Übersteigt die Inflation die Zinsrate nur um einen Prozentpunkt, entsteht dem Anleger innerhalb von 15 Jahren bereits ein Kaufkraftverlust von 14%. Nach 30 Jahren sind es bereits 26%. Mit einer Auszahlung aus einer Lebensversicherung in Höhe von 55.000 Euro könnte man sich heute einen nagelneuen BMW X5 leisten. Wird die Lebensversicherung jedoch erst in 30 Jahren fällig und liegt die Inflation pro Jahr im Schnitt einen Prozentpunkt höher, stehen für das Traumauto zwar ebenfalls 55.000 Euro zur Verfügung – jedoch kann dann nur noch ein Wagen erworben werden, der heute rund 40.000 Euro kostet – beispielsweise ein BMW X3.
Immobilien kaufen – aber richtig
Wer sich umhört, dem werden oftmals Immobilien und inflationsgesicherte Anleihen als Schutz gegen die Geldentwertung empfohlen. Gerade Wohnungen und Häuser stehen bei den Deutschen derzeit hoch im Kurs, um ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Doch selbst wenn man die üblichen Risiken wie Mietausfälle und Gebäudeschäden außer Acht lässt, ist Betongold keineswegs eine so gute Wahl, wie viele glauben. So stellten die Immobilienspezialisten von BulwienGesa in ihrem Januar-Report nüchtern fest: „Im Vergleich zur Inflation in den letzten 15 Jahren hat sich der Immobilienmarkt unterdurchschnittlich entwickelt.“ Dies gilt freilich nicht für alle Lagen und Zeiträume, doch Immobilien sind auf keinen Fall ein Selbstläufer. Dazu kommt, dass bei der Veranlagung in Einzelobjekte die Risikostreuung fehlt. Experten raten daher entweder zu ausgewählten offenen Immobilienfonds oder zu Aktien von entsprechenden Gesellschaften. Besonders interessant: Gerade bei den börsennotierten Immobiliengesellschaften notieren viele noch immer unter ihren Buchwerten. Bei der Auswahl sollten Anleger neben dem Kurs-Buchwert-Verhältnis auch auf die Ertragslage und die Ausschüttungspolitik achten.
Eingebauter Inflationsschutz
Bei der Frage nach einem Kaufkraftschutz für das Vermögen werden häufig auch inflationsgeschützte Anleihen empfohlen. Bei diesen Papieren sind der Nennwert und damit die Rendite an die Inflationsrate gekoppelt. Dafür haben sie einen niedrigeren Coupon als normale Anleihen. Der Abschlag beim Coupon entspricht der erwarteten Inflationsrate zuzüglich einer Gebühr für die variable Gestaltung. Das bedeutet: Die Inflation muss stärker steigen als zunächst erwartet, damit diese Produkte überhaupt besser abschneiden als herkömmliche Bonds. Dazu kommt, dass es sich typischerweise um Staatstitel handelt, bei denen das Zinsniveau ohnehin sehr niedrig ist. Nach Steuern (Abgeltungsteuer) dürfte die Gesamtverzinsung daher auch mit Inflationszuschlag kaum für einen realen Vermögenszuwachs sorgen.
Umsichtiges handeln gefragt
Weil Lebensversicherungen mit einem Garantiezins ausgestattet sind, der derzeit bei mickrigen 2,25% liegt, werden auch diese Produkte häufig zum Ziel übereifriger Finanzberater. Wer bereits in eine solche Versicherung einzahlt, sollte diese jedoch auf keinen Fall kündigen: „Ein vorzeitiger Ausstieg aus einer langlaufenden Lebensversicherung macht jeden Vertrag kaputt: Ein guter wird schlecht, ein schlechter zu einer Katastrophe“, bringt es „Finanztest“-Redakteurin Susanne Meunier auf den Punkt. Eine solche Police neu abzuschließen eignet sich hingegen nur für ganz wenige Anleger. Stattdessen sollten sich Anleger am Produktivvermögen beteiligen.
Fazit
Gerade die in vielen deutschen Portfolios zu niedrig gewichteten Aktien sind für Zeiten mit höheren Inflationsraten gut geeignet. Zu bevorzugen sind Titel, die in der Lage sind, die Preise ihrer Produkte zu erhöhen und ihre Margen auch bei steigenden Einkaufspreisen konstant zu halten. Hierzu zählen beispielsweise Firmen mit starken Marken im Konsumgüterbereich wie Coca-Cola, Nestlé oder Danone. Auch Rohstoff- und Infrastrukturunternehmen erwiesen sich in der Vergangenheit in einem solchen Umfeld als wertbeständige Depotbeimischung.