Wem Sie jetzt noch Ihr Geld leihen können
Staatsanleihen mit Spitzenrating bringen kaum noch Rendite, obwohl die größten Emittenten hoch verschuldet sind. Erstklassige Unternehmensanleihen sind kein Geheimtipp mehr. Wo Sie jetzt noch Anleihen finden, bei denen Risiko und Ertrag zusammenpassen.
Festverzinsliche Wertpapiere sind en vogue. Allein im 3. Quartal des laufenden Jahres flossen den Anleihefonds in Deutschland laut Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) fast 9 Mrd. Euro zu, während fast alle anderen Asset-Klassen Abflüsse zu verzeichnen hatten. Kein Wunder: Anleihen haben hierzulande einen sehr guten Ruf und glänzen mit fixen Ausschüttungen.
Risikoarm und rentierlich
Dass dies durchaus gerechtfertigt ist, zeigen Analysen des BVI. Regelmäßig veröffentlicht der Verband, wie sich eine Einmalanlage in die verschiedenen Asset-Klassen entwickelt hätte. Zwar schneiden hier Aktienfonds auf kurze und sehr lange Sicht besser ab, doch bei einem viel größeren Risiko. Auf Sicht der letzten fünf Jahre haben Anleiheprodukte klar die Nase vorn. Hier macht sich die Finanzkrise bemerkbar: Während die Anleiheprodukte mit Wertsteigerungen zwischen 10% bis 35% glänzen können, liegen die Aktienfonds deutlich im Minus. Auch über 15 Jahre machen die Festverzinslichen eine gute Figur und selbst über 20 Jahre können „Rentenfonds Euro Langläufer“ mit den „Aktienfonds Europa“ in Sachen Performance mithalten – und das stets bei einer deutlich niedrigeren Schwankungsbreite.
Blue-Chip-Aktien sind keine Alternative
Angesichts der sich abzeichnenden konjunkturellen Eintrübung in vielen Teilen der Welt steht die nächste Belastungsprobe für die Aktienmärkte zudem wahrscheinlich unmittelbar bevor: „Aktien sind interessant, man muss langfristig welche haben. Aber ich gehe davon aus, dass die nächsten 12 bis 18 Monate für Aktien sehr gefährlich werden. Aktuell notieren viele auf hohem Niveau. Da drohen Abstürze, vor allem im nächsten Jahr“, so der Vermögensverwalter Felix Zulauf kürzlich in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“. Auch die derzeit viel gepriesenen Blue Chips sieht der Experte kritisch: „Immer weniger Aktien sind in einem Bullenmarkt. Am Schluss korrigieren dann auch die Henkels, Beiersdorfs, Coca-Colas und Apples dieser Welt, und zwar massiv. Auch solche Werte werden im Verlauf der kommenden zwölf Monate stark unter Druck kommen“, so Zulauf weiter. Auch Anleihen der als besonders sicher geltenden Unternehmen sind keine wirkliche Alternative. Ihre Renditen bewegen sich auf dem Niveau der andern sicheren Häfen: Eine Nestlé-Anleihe (WKN: A1HBAU) mit Laufzeit bis Januar 2018 bringt beispielsweise gerade einmal 1,17%, ein Novartis-Bond (WKN: A1AHRB) mit Laufzeit bis Mitte 2016 lediglich 0,7% Rendite.
Wirtschaftsmächte im Schuldensumpf
Doch auch bei den Staatsanleihen hat sich die Welt verändert. Die USA sind mit 16 Bio. Euro verschuldet und steuern – sollten sich Republikaner und Demokraten nicht bald einigen – dank gesetzlich verankerter Schuldenbremse auf den Staatsbankrott zu. Im hoch verschuldeten Japan drohte dieses Szenario übrigens bereits im laufenden Monat. Hier konnte die Pleite in letzter Minute nur durch noch mehr neue Schulden abgewendet werden. Der japanische Haushalt wird inzwischen zur Hälfte mit Schuldscheinen finanziert. In der jüngeren Vergangenheit haben daher die beiden führenden Industrienationen bereits ihr Top-Rating eingebüßt. Die europäischen Krisenstaaten stehen also keineswegs allein auf weiter Flur. Was die Situation der Anleger freilich nicht einfacher macht – ganz im Gegenteil.
Verluste sind sicher
Denn gleichzeitig hat die Furcht vor Staatspleiten in Europa die Erträge der Anleihen als sicher geltender Staaten auf ein Allzeittief gedrückt: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe liegt derzeit bei 1,32%, zehnjährige US-Treasuries rentieren bei 1,58%, die Renditen zehnjähriger Schweizer Staatsanleihen bewegen sich ebenfalls weiterhin auf niedrigen Niveaus (0,5%). Bei einer Inflationsrate in Deutschland von rund 2% ist dies bereits heute ein Minusgeschäft – auf lange Sicht wird es zur Gefahr für das Vermögen. Doch es gibt auch gute Nachrichten.
Auf Favoritenwechsel setzen
Während die westlichen Staaten sich in den letzten zehn Jahren mithin von einer soliden Haushaltspolitik verabschiedet haben, präsentieren sich die vormals krisengeschüttelten Emerging Markets (EM) heute als Vorzeigemodell: „Aufgrund der stark verbesserten externen und öffentlichen Schuldenposition gehören Staatsschuldenkrisen und Zahlungsbilanzkrisen in den zehn größten Emerging Markets der Vergangenheit an“, so Markus Jäger in einer Analyse für die Deutsche Bank Research. „Die Staatsverschuldung der EM-10-Länder hat sich seit dem Jahr 2000 im Schnitt von 50% auf 25% des Bruttoinlandsprodukts halbiert – die Verschuldung der G-7-Länder ist hingegen inzwischen von knapp 80% auf fast 120% des BIP gestiegen“, so Jäger weiter. Dies spiegelt sich auch bei den Ratings wider: Brasilien, Kolumbien, Indonesien & Co. können im Gegensatz zu ihren westlichen Pendants mit Heraufstufungen aufwarten. Dementsprechend hat sich auch der Anteil der Schwellenländeranleihen mit Investment-Grade-Rating – im repräsentativen J. P. Morgan Bond Index Global – seit dem Jahr 2000 auf rund 60% verdoppelt! Der iShares JPMorgan USD Emerging Markets Bond Fund (WKN: A0RFFT), der diesen Index abbildet, erzielte über die letzten drei Jahre einen Wertzuwachs von rund 38%. Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass Emerging-Market-Bonds sich einer immer größeren Beliebtheit erfreuen.
Emerging-Market-Bonds gesucht
Konkret rät beispielsweise Brian Hess, Portfoliomanager des Legg Mason Brandywine Global Fixed Income Fund: „Mexiko gehört zu den Märkten, die uns ganz besonders ansprechen. Die 20-jährigen Staatsanleihen in Mexiko haben eine Rendite von 6%, die Inflation liegt zwischen 3,5% und 4% und der Peso ist unterbewertet. Interessant sind auch südafrikanische Anleihen. Hier haben wir uns in zehnjährigen und 30-jährigen Titeln mit Renditen von 7,5% beziehungsweise 8,5% engagiert.“ Eine immer größere Bedeutung gewinnen dabei sogenannte Local Currency Bonds – zu Deutsch: Emissionen in lokaler Währung. Denn Anleihen in heimischer Währung sind für die Schwellenländer eine sehr interessante Art der Finanzierung, da Währungsabwertungen hier nicht mehr direkt durchschlagen. „Der Markt für Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern wird in den nächsten Jahren wachsen und dem Investor einen deutlichen Mehrwert gegenüber Staatsanleihen bieten“, erwartet daher der Threadneedle-Fondsmanager Richard House.
Aus Differenzierungsgründen bieten sich für Privatanleger in jedem Fall Fondslösungen an. Auf das Thema Local Currency Bonds lässt sich beispielsweise mit dem ING (L) Renta Fund Emerging Markets Debt Local Currency (WKN: 579715) setzen.
Schlechte Bonität, guter Zins
Zahlreiche Emerging Markets können heute mit einer geringeren Verschuldung und gleichzeitig einem höheren Wirtschaftswachstum aufwarten. Die Risiken sind hier also sogar niedriger als bei Japan, Spanien & Co. und daher einen Blick wert. Wer demgegenüber bereit ist, ein gewisses Risiko einzugehen, sollte sich das Segment der Hochzinsanleihen näher ansehen. Hinter dieser Bezeichnung verbergen sich Unternehmensanleihen schwächerer Bonität. Deren Renditen liegen bei fünfjähriger Laufzeit laut dem Branchendienst e-fundresearch.com im CCC-Segment aktuell bei 10,5% und im B-Segment bei 6,5%. In Phasen der Rezession haben sich diese Papiere in der Vergangenheit besser geschlagen als Aktien und die Bewertung erscheint derzeit günstig: „Die Diskrepanz zwischen den erwarteten und implizierten Ausfallsraten ist hoch“, so Tobias Spies, Manager des DKO-Lux-Renten Spezial (WKN: A0Q9CB), gegenüber dem Branchendienst. Auch hier sollten zwecks Risikostreuung Fondslösungen gewählt werden. Eine spesengünstige Einstiegsmöglichkeit ist der Markit iBoxx EUR Liquid High Yield 30 Index 30 (WKN: WKN: LYX0LY).
Fazit
Mit Zinserhöhungen ist aufgrund der konjunkturellen Lage und der Schuldenkrise bis auf Weiteres nicht zu rechnen. Diese wären das größte Risiko für die Inhaber von Anleihen. Von dieser Seite droht also kaum Gefahr. Demgegenüber führt auch übertriebenes Sicherheitsdenken – Stichwort Bundesanleihen – unweigerlich zu Verlusten. Anleihen von Schwellenländern und bonitätsschwachen Unternehmen bleiben hingegen weiterhin attraktiv. Anleger können sich diese Assets per ETF bequem, breit diversifiziert und spesengünstig ins Depot legen.