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Zwischen maximalem Ertrag und K. o.

Mit kleinen Einsätzen in kurzer Zeit große Gewinne einfahren – das ermöglichen Knock-out-Zertifikate. Die Produkte sind vor allem bei risikofreudigen Anlegern sehr beliebt. Längere Handelszeiten machen neue Varianten noch spekulativer. Worauf Anleger achten sollten.

BÖRSE am Sonntag

Mehr als 70% Gewinn binnen einiger Tage – und das mit dem DAX? Was für manchen Privatanleger nach Träumerei klingt, gehört für Heavy-Trader zum Alltag: Mit Knock-out-Zertifikaten lassen sich auch kleine Kursbewegungen vieler Basiswerte vervielfachen.

70% Kursplus in wenigen Stunden

Über die Reaktionen auf die Entscheidung der Federal Reserve Bank (Fed) konnten sich die Inhaber von Indexpapieren auf den DAX freuen: Am Folgetag kletterte der DAX um rund 1,8% – und mit ihm die entsprechenden Produkte. Luftsprünge dürften dagegen Vollprofis vollführt haben. Mit Papieren wie dem Knock-out-Call der Deutschen Bank (WKN: DE3KZH) fuhren Trader, die das Papier am 3. November für 1,25 Euro gekauft hatten, einen Tag später – bei Kursen um 2,25 Euro – einen Gewinn von 76% ein.

Gier ist gut

Historisch betrachtet sind Hebelpapiere, zu denen sowohl Optionsscheine als auch Knock-out-Zertifikate zählen, aber aus dem Bedürfnis der Anleger nach günstigen Absicherungsmöglichkeiten entstanden. In den 80er- und 90er-Jahren wurden diese jedoch regelmäßig von Hedgefonds und anderen Spekulanten eingesetzt, um von bestimmten Entwicklungen zu profitieren. Ganz nach dem Motto von Gordon Gekko „Gier ist gut“ lässt sich mit ihnen bei minimalem Einsatz ein maximaler Ertrag erzielen. 

Je höher der Hebel, desto riskanter die Wette

Hebelpapiere werden generell in Produkte mit und ohne Knock-out (K. o.) unterteilt. Die gefährlichere Variante ist jene mit K.-o.-Mechanismus. Parallel zu dem höheren Risiko bergen diese jedoch auch die Chance auf höhere Gewinne. Wie der Name verrät, verfügen die auch als Mini-Future, Knock-out- oder Turbo-Zertifikate bezeichneten Produkte über einen Hebel, der im besten Fall als Renditekicker fungiert. Das bedeutet, dass die Kursentwicklung des Basiswertes in einem bestimmten Verhältnis nachvollzogen wird. Das Niveau des Hebels kann dabei völlig unterschiedlich ausfallen. Beispielsweise vollzieht ein aktueller Mini-Short-Future der RBS die Entwicklung des US-T-Bond-Future mit dem 2,6-Fachen nach. Ein bereits ausgestoppter Turbo Bull (WKN: CM5VM7) auf den Euro-Schweizer-Franken-Kurs konnte dagegen mit einem Hebel von 1:100 aufwarten! Natürlich wirkt der Hebel in beide Richtungen. Daher gilt: Je höher der Hebel, desto höher das Risiko. Aufgrund der immerwährenden Gefahr eines Totalverlustes werden die Produkte, je nach Risiko, in der Regel nur wenige Wochen, Tage oder auch Stunden gehalten.

K.-o.- Schwelle macht den Unterschied

Um den Anleger von der bei Futures üblichen Nachschusspflicht zu befreien, besitzen Knock-out-Papiere eine Stoppschwelle. Wird diese im Falle eines Calls erreicht oder unterschritten (oder bei Puts erreicht oder überschritten), verfallen die Zertifikate sofort wertlos. Unterschieden wird auch zwischen Knock-out-Long- und Knock-out-Short-Produkten. Im letzteren Fall wird ein Leerverkauf des Underlyings simuliert. Bei bis auf die zusätzlich eingezogene Barriere gleichen Bedingungen sind Knock-out-Papiere grundsätzlich immer billiger als Hebelpapiere ohne eine solche Schwelle. Das größere Risiko schlägt sich in einem niedrigeren Preis nieder. Folgerichtig ist der Preis eines K.-o.-Papiers umso niedriger, je näher der aktuelle Kurs des Basiswertes an der Barriere liegt. Aus diesem Grund sind Knock-outs nicht nur günstiger, sondern besitzen gleichzeitig auch eine größere Hebelwirkung.

Preisbildung

Die Berechnung des Preises eines solchen Zertifikats erfolgt daher unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses durch Subtraktion des aktuellen Kurses des Basisinstruments von einer vorgegebenen Knock-out-Schwelle (Basispreis). Da sich Knock-out-Zertifikate bei ihrer Preisbildung an Futures orientieren, muss im Zeitablauf ein linear abnehmendes Aufgeld beziehungsweise Abgeld berücksichtigt werden, das die Finanzierungskosten des Emittenten beziehungsweise die Zinserträge des Emittenten für den nicht als Sicherheitsleistung hinterlegten Kapitalanteil abzüglich eventueller Dividenden abdeckt.

Open-end-Produkte

Eine Weiterentwicklung gegenüber den klassischen Turbo-Zertifikaten stellen die Unlimited Turbo-Zertifikate, also Papiere ohne Laufzeitbeschränkung, dar. Unter Berücksichtigung der Geld-Brief-Spanne entspricht hier der Preis eines Zertifikats immer exakt dem leicht zu berechnenden inneren Wert. Somit entfällt das in der klassischen Variante übliche Auf- bzw. Abgeld. Der Anleger zahlt oder erhält nur die Finanzierungskosten, die tatsächlich angefallen sind. Die Kosten für den Aufbau des Hebels werden täglich mit dem Basispreis verrechnet. Die Höhe der Finanzierungskosten basiert auf dem Niveau des Underlyings am ersten Tag der jeweiligen Anpassungsperiode und orientiert sich an variablen Marktgrößen, insbesondere am Marktzinsniveau. Wenn die eingebaute Knock-out-Barriere verletzt wird, werden jedoch auch die theoretisch unendlich lange laufenden Scheine vorzeitig zurückgezahlt. Anleger müssen die in diesem Fall zwangsläufig entstandenen, hohen Verluste hinnehmen und können nicht mehr auf eine etwaige Erholung warten.

Transparent, aber nicht einheitlich

Da sich die Schwankungen des Basiswertes (Volatilität) nur in einem sehr geringen Maße auf die Preisbildung der Knock-outs auswirken, ist das Produkt im Vergleich mit Optionsscheinen sehr transparent. Weil der Kursverlauf der Knock-outs aber ausschließlich von dem zugrunde liegenden Basiswert und der Knock-out-Schwelle abhängt, besteht das oftmals nicht unwahrscheinliche Risiko, noch während der Laufzeit einen Totalverlust zu erleiden. Hebelpapiere verlangen daher nicht nur eine genaue Kenntnis der Funktionsweise und der mit ihnen verbundenen Risiken, sondern auch ein genaues Studium des jeweiligen Emissionsprospektes des begebenden Finanzinstituts. Letzteres ist dabei besonders wichtig, da die Bedingungen in entscheidenden Details stark differieren können. So wird die Knock-out-Schwelle bei einigen Emittenten beispielsweise am Tagesschlusskurs, bei anderen jedoch an der laufenden Kursfeststellung festgemacht und auch die Behandlung eines eventuell noch vorhandenen Restwerts differiert stark.

Risiko und Handlungsspielraum steigen

Und die Kenntnis dieser Details wird immer wichtiger. Kürzlich emittierte beispielsweise die Deutsche Bank die sogenannten X-Waves. Das X steht dabei für eine Ausdehnung der Handelszeiten: „Mit einem X-Wave partizipieren Anleger überproportional an der Entwicklung des DAX. Dieser dient als Basiswert. Im Unterschied zu den normalen Waves kann bei den X-Waves der Barrier Event nicht nur eintreten, wenn der DAX von 9 bis ca. 17.30 Uhr die Knock-out-Schwelle berührt oder bei einem Call unterschreitet bzw. bei einem Put überschreitet, sondern auch zusätzlich, wenn der X-DAX von 8 bis 9 und von 17.45 bis 22 Uhr die Knock-out-Schwelle berührt oder bei einem Call unterschreitet bzw. bei einem Put überschreitet. Somit kann bei den X-Waves das Barrier-Ereignis ab 8 und bis 22 Uhr eintreten“, so Christian-Hendrik Knappe von der Deutschen Bank. Die Innovation ermöglicht es den Anlegern nun auch, gezielt aus den Bewegungen des Leitindex außerhalb der regulären Börsenöffnungszeiten Kapital zu schlagen. Für viele Trader dürfte dies eine willkommene Erweiterung ihres Handlungsspielraums darstellen.

Fazit

Hebelpapiere verlangen nicht nur eine genaue Kenntnis der Funktionsweise und der mit ihnen verbundenen Risiken, sondern auch ein genaues Studium des jeweiligen Emissionsprospektes. Unabhängig von der individuellen Ausgestaltung sollte bei allen Produkten der Stand des Basiswerts und dessen Entfernung zur Knock-out-Schwelle laufend überwacht werden.