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Zwischenfazit zum ersten Quartal: Gewinner und Verlierer

Das erste Quartal des laufenden Jahres hatte es in sich: Katastrophe in Japan, EU-Schuldenkrise auf der einen, Wirtschaftsaufschwung in Deutschland, den USA und in den Emerging Markets auf der anderen Seite. Die Auswirkungen auf die einzelnen Branchen sind dabei völlig unterschiedlich. Wer wie dasteht, erfahren Sie hier.

BÖRSE am Sonntag

Nach Griechenland und Irland verloren die Investoren mit Beginn des neuen Jahres auch zunehmend das Vertrauen in die Solvenz Portugals. Die neuerliche Verschärfung der Krise und die Unsicherheit über eine Aufstockung und Inanspruchnahme des Rettungsschirms führten an den Finanzmärkten in den ersten Wochen des Jahres zu heftigen Turbulenzen. Mitte März wurde dann Japan innerhalb kürzester Zeit von drei Katastrophen heimgesucht. Auf das schwerste Erdbeben in der Geschichte des Landes folgte ein Tsunami, der letztlich zum GAU im Atomkraftwerk Fukushima führte.

Auswirkungen der Katastrophe

Der Deutsche Leitindex reagierte unter den westlichen Börsen zunächst am stärksten auf die Entwicklungen in Japan, konnte sich aber später deutlich erholen. Weil hiesige Unternehmen auf dem Weltmarkt in einigen Bereichen mit japanischen Anbietern konkurrieren, profitieren einige Branchen letztlich sogar von dem Unglück. Dies gilt vor allem für die Automobilwerte. Tatsächlich befindet sich die gesamte deutsche Automobilbranche auf einem Höhenflug. Nach sehr guten Ergebnissen für 2010 bleiben die Hersteller weiterhin auf der Überholspur.

Deutschland fährt voraus

So hat Audi sein operatives Ergebnis im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert. Bei einem Umsatzanstieg von 23,3% auf 8,3 Mrd. Euro kletterte es um mehr als 30% auf 478 Mio. Euro. Der Absatz lag von Januar bis März mit 264.100 Auslieferungen 25,9% über dem Vorjahr. BMW befindet sich ebenfalls auf Rekordfahrt und setzte im März mit über 165.000 Fahrzeugen so viele Pkws ab wie nie zuvor. Sowohl für BMW als auch Audi waren die gesamten ersten drei Monate die besten ihrer Geschichte. Auch die Audi-Mutter, der Volkswagen-Konzern, konnte ihr enormes Wachstumstempo halten: Vor Steuern erwirtschafteten die Wolfsburger ein Ergebnis von 2,2 (Vorjahr 0,7) Mrd. Euro. Der Gesamtumsatz des Konzerns wuchs um über 30% auf rund 37 Mrd. Euro. Auch Daimler steigerte den Absatz mit einem Plus von 12% auf 305.533 Autos kräftig. Der operative Gewinn stieg im Auftaktquartal im Vergleich zum Vorjahr sogar um satte 71% auf 2 Mrd. Euro. Der Konzernumsatz legte in den Monaten Januar bis März um 17% auf 24,7 Mrd. Euro zu. Und auch der profitabelste Autobauer kommt nach wie vor aus Deutschland: Mit 496 Mio. Euro und einer Gewinnspanne von über 20% verdiente Porsche in den ersten drei Monaten mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.

Atomkonzerne auf dem Rückzug

Unterdessen hat die Katastrophe von Fukushima die Atomdebatte neu entfacht und die Karten in der Energieindustrie neu gemischt. Die Laufzeitverlängerung wurde bereits gekippt und es wird nicht mehr über einen Ausstieg diskutiert, sondern nur noch über den frühestmöglichen Zeitpunkt. Das trifft naturgemäß die Eigner solcher Anlagen und mithin die großen deutschen Versorger E.ON, RWE und EnBW. Letzterer hat kürzlich als erster Betreiber seine bisherigen Ziele für das laufende Jahr nach unten korrigiert: Der bereinigte Gewinn 2011 vor Steuern und Zinsen könnte gegenüber 2010 um bis zu ein Viertel sinken, teilte das Unternehmen mit. E.ON und RWE nahmen bislang keine Korrekturen vor. Während die Börse dies im Fall von E.ON zu glauben scheint – der Titel konnte sich zuletzt erholen und notiert nahezu unverändert gegenüber dem Endstand 2010 – verloren RWE-Aktien seit Jahresanfang über 12% und befinden sich weiterhin im Sinkflug.

Neu und aussichtsreich?

Die Gewinner der Diskussion um den Ausstieg sind eindeutig Titel aus dem Bereich erneuerbare Energien. Nachdem die deutschen Solarwerte 2010 stark abgestraft wurden – der ÖkoDAX verlor 2010 fast 36% – erleben die Titel nun ein fulminantes Comeback. Bereits in den ersten Tagen nach der Reaktorkatastrophe schossen die Kurse von SolarWorld & Co. nach oben. Der Windkraftspezialist Nordex und die Zulieferindustrie zogen ebenfalls deutlich an. Der ÖkoDAX-Index, der die Entwicklung dieser Titel widerspiegelt, legte zwischen Mitte und Ende März um über 28% zu. Vielleicht gerade aufgrund der euphorischen Stimmung sollten Anleger bei den deutschen Branchenvertretern jedoch genau hinsehen.

Alt, aber attraktiv

Denn weltweit tobt längst auch in der Solar- und Windkraftbranche ein erbitterter Wettbewerb mit asiatischen und insbesondere chinesischen Konzernen. Der Weltmarktführer im Bereich Solarmodule, die chinesische Suntech, hat seinen Quartalsgewinn vervielfacht und legte beim Umsatz um über 60% zu. Demgegenüber stellt beispielsweise Q-Cells im laufenden Jahr erst gar kein Gewinnwachstum in Aussicht und auch beim Umsatz ist man vorsichtig: Maximal 1,5 Mrd. Euro – nach 1,35 Mrd. 2010 – traut man sich für 2011 zu. Immerhin, SolarWorld und Centrotherm rechnen für das erste Quartal und auch für das gesamte Geschäftsjahr 2011 ebenfalls mit deutlich steigenden Umsätzen. Beide Titel kosten mit einem KGV von 14,6 beziehungsweise 13,6 aber deutlich mehr als Suntech, die ein KGV von rund 7 aufweisen. Eine vielleicht nicht so offensichtliche, aber dafür umso attraktivere Wette auf den Boom erneuerbarer Energien und nachhaltiger Technologien ist auch der unter Peter Löscher auf die Erfolgsspur zurückgekehrte Industriegigant Siemens. Im ersten Quartal steigerte der Technologiekonzern sein Ergebnis um 17% auf den Rekordwert von 1,8 Mrd. Euro.

Die deutsche Traditionsindustrie

Unbeeinträchtigt von der Konkurrenz aus Fernost zeigt sich hingegen die deutsche Chemieindustrie. Der Branchenführer, die deutsche BASF, rechnet nach eigenen Aussagen mit einem starken ersten Quartal. Im Gesamtjahr wollen die Ludwigshafener den Umsatz deutlich steigern und auch beim Gewinn signifikant zulegen. Bis 2012 hat sich der Konzern die Erreichung einer Marge (EBITDA) von 18% zum Ziel gesetzt. Dass es in dem Sektor gut läuft, zeigen die bereits veröffentlichten Quartalszahlen von Bayer und Merck: Der Darmstädter Traditionskonzern Merck erwirtschaftete im ersten Quartal einen Gewinnsprung von über 26%. Der Umsatz stieg auf rund 2,5 Mrd. Euro – ein Plus von 22%. Auch der Pharma- und Chemiekonzern Bayer kann auf ein erfolgreiches Auftaktquartal zurückblicken: Der Gewinn (EBITDA) legte im Vergleich zum Vorjahr um über 22% auf rund 2,2 Mrd. Euro zu, der Konzernumsatz stieg parallel um rund 13% auf 9,4 Mrd. Euro.

Die erste und zweite Finanzliga

Durchwachsener als im starken Chemiesektor zeigt sich hingegen die deutsche Finanzbranche. Der Primus, die Deutsche Bank, spielt weiterhin in einer eigenen Liga und konnte den Gewinn im ersten Quartal um 8% auf rund 3 Mrd. Euro steigern. Nach Steuern steigt das Ergebnis sogar um 16%. Damit liegt es nur knapp unter der historischen Bestmarke. Auch das Geschäft der Commerzbank hat sich zum Jahresauftakt nach Unternehmensangaben besser entwickelt, nach vorläufigen Zahlen rechnet das Institut mit einem operativen Ergebnis oberhalb der bisherigen Planungen. Belastungen ergeben sich jedoch aus der Rückführung von Staatshilfen, sodass erst 2012 wieder eine Dividende bezahlt werden könne. In die Verlustzone ist hingegen der weltgrößte Rückversicherer Munich Re gerutscht. Die zahlreichen besonders schweren Naturkatastrophen haben das erste Quartal 2011 „zu einem der schwersten von Naturkatastrophen belasteten Auftaktquartale in der Geschichte der Rückversicherung“ gemacht, so der Vorstandsvorsitzende, Nikolaus von Bomhard, auf der Jahrespressekonferenz.

Fazit

Die Gewinne der deutschen Unternehmen sprudeln wie selten zuvor. Neben den vorgenannten Branchen können auch die Einzelunternehmen Siemens, Infineon, SAP und die Deutsche Börse mit guten Quartalszahlen glänzen. Anleger, die auf Nummer sicher gehen wollen, greifen zu renditestarken Qualitätsaktien „made in Germany“.

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