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Versicherer-Aktie: Münchner Rückenwind

Die Munich Re-Aktie hat sich wegen eines aktuellen Berichts über die Katastrophenbilanz des ersten Halbjahres wieder erholt. Viele Analysten sehen weiterhin Potential - die Chance für Anleger?

BÖRSE am Sonntag

Die Munich Re-Aktie hat sich wegen eines aktuellen Berichts über die Katastrophenbilanz des ersten Halbjahres wieder erholt. Viele Analysten sehen weiterhin Potential - die Chance für Anleger?

Seit dem 7. Juli gewann das Papier der Munich Re rund neun Prozent an Wert, es gehörte damit zu den größten DAX-Gewinnern. Bezogen auf die Marktkapitalisierung von rund 30 Milliarden Euro war das ein Buchwertgewinn von knapp drei Milliarden in gut einer Woche. Nach einer dreimonatigen Korrektur tat der deutliche Aufwärtstrend den Anlegern so gut wie ein stabiles Hochdruckgebiet nach einer langen Regenphase. Wer die ersten Gewinne verpasst hat, ist aber noch nicht zu spät dran, um noch einzusteigen. Da sind sich zumindest die meisten Analysten einig. Michael Huttner von JPMorgan bezeichnete die Münchener-Rück-Aktie in dieser Woche als Branchenfavorit und gab als Kursziel weiterhin 220 Euro an. Zum Wochenschluss notierte das Papier bei knapp 174 Zählern.

In Anbetracht eines Erdbebens im Himalaya, bei dem offiziell fast 9.000 Menschen starben, wäre es unmoralisch, von einem guten Jahr bezogen auf Naturkatastrophen zu sprechen. Aber die Münchener Rückversicherung hat das Geschäftsjahr 2015 mit Blick auf den gesamten Globus bisher ziemlich genau so eingestuft. Denn in der ersten Jahreshälfte betrugen die weltweiten Schäden „nur“ 35 Milliarden US-Dollar. Der Durchschnittswert der letzten 30 Jahre liegt bei 64 Milliarden. Dies wurde also deutlich unterboten und freute somit die Versicherer. So hatten im Erdbebengebiet in Nepal nur die wenigsten Geschädigten Versicherungsverträge abgeschlossen. Den größten finanziellen Schaden für die Rückversicherer stellten die Winterstürme im Februar in Kanada und den USA an. Der versicherte Schaden betrug dort 1,8 Milliarden US-Dollar. In Europa war der Wintersturm Niklas die teuerste Naturkatastrophe für die Assekuranzen. Der Gesamtschaden belief sich auf rund 1,3 Milliarden Euro, davon waren rund 900 Millionen Euro versichert.

Bilanziell sorgte das erste Quartal bei den Münchnern sehr wohl für große Sorgen. Am Ende stand ein Konzernergebnis von 790 Millionen Euro auf dem Papier. Das sind 16 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Wacker hält die Konzernführung aber an den Gewinnzielen für dieses Jahr fest. Nach aktueller Sicht der Dinge mit Erfolg, denn die Anzeichen deuten auf steigende Erlöse hin. Die konkreten Ergebnisse des zweiten Jahresviertels werden erst am 6. August veröffentlicht.

Doch nicht nur wegen der jüngsten Kurserfolge ist der Weltmarktführer bei Anlegern trotzdem beliebt. Auch die Dividendenausschüttung lässt sich sehen. Seit Jahrzehnten ist die Dividende nicht mehr gesunken und meist sogar angestiegen. In diesem Jahr zahlt das Münchener Unternehmen seinen Anteilseignern 7,75 Euro je Aktie. Das entspricht bei aktuellem Kurs einer Rendite von fast 4,5 Prozent. Damit gehört die Rückversicherungsgesellschaft im DAX zu den lukrativsten Dividendenzahlern.

Die Finanzmarktsituation trübt das Münchener Bild aber gewaltig ein. Denn anhaltend niedrigen Zinsen setzen den Versicherern stark zu. Der Vorstandsvorsitzende von Munich Re, Nikolaus von Bomhard, nennt diese Entwicklung „schleichendes Gift“ für sein Unternehmen und die gesamte Branche. Der Münchener Konzern hätte im vergangenen Jahr durch die niedrigen Zinsen rund 500 Millionen Euro weniger Gewinn gemacht als unter Normalbedingungen, so von Bomhard. Aber was ist in diesen Zeiten schon normal. Rückversicherungen sind schließlich in allen Belangen auf das Unerwartete, Katastrophale und Verheerende ausgerichtet und müssen damit umgehen können. 

Aber auch deswegen sind Versicherungswerte – und hier speziell die Rückversicherer – immer auch ein Spiel mit dem Feuer. Für risikoscheue Anleger kann die Volatilität zu groß sein. Die zweite Jahreshälfte – so sagen es zumindest die Experten des GeoRisiko-Forschungszentrums der Munich Re – könnte katastrophenmäßig einigermaßen glimpflich verlaufen. Entwarnung etwa für die Hurrikansaison 2015 wolle man aber noch nicht geben. Und so bleibt den Münchener-Rück-Aktionären traditionell zu empfehlen, nebst der BÖRSE am Sonntag auch einen globalen Wetterbericht für die Anlagestrategie zu Rate zu ziehen.

Wenn man, wofür es ja gute Gründe gibt, gern Warren Buffett folgen möchte, dann hat man auch in Bezug auf die Münchener Rück-Aktie ein sicheres Plätzchen gefunden. Denn „die freundlichste Heuschrecke der Welt“, wie der Stern den Großinvestor kürzlich beschrieb, hält immerhin zwölf Prozent der Anteile der Münchener Rückversicherungsgesellschaft. 

Der Handlungsspielraum für das Unternehmen ist auf den traditionellen Märkten bereits sehr weit ausgedehnt. Auch deshalb sucht die Munich Re-Führung um Nikolaus von Bomhard ihr Glück in Indien und anderen asiatischen Schwellenmärkten. So hat der Konzern in dieser Woche in Afrika sein Geschäft zentralisiert und möchte von nun an aus Johannesburg heraus das „erhebliche Wachstumspotenzial Afrikas und die sich dadurch bietenden Geschäftschancen“ nutzen, heißt es im Unternehmen. 

Fazit

Die Münchener Rück ist für Anleger mehr als nur einen Blick wert. Charttechnisch besteht noch Potential nach oben. Trotzdem sind bei der Munich Re traditionell Unsicherheiten gegeben, und die schwache Performance der letzten Monate ist noch nicht vollends verdaut. Einer satten Dividende können sich Aktionäre aber in jedem Falle gewiss sein.

WCW