Trump oder noch mehr?
Auch 2017 wird wieder ein anspruchsvolles Jahr für Kapitalanleger werden. Fundamental sind die Aussichten grundsätzlich günstig. Doch die EZB wird ihre ultralockere Geldpolitik nur noch begrenzte Zeit aufrechterhalten können. Die Leitzinserhöhungen in den USA könnten einen Konflikt mit Donald Trump auslösen. In vielen Industrienationen stehen zudem fiskalische Impulse durch staatlich finanzierte Ausgabenprogramme auf der Agenda. Was kommt also 2017? Drei Szenarien.
Auch 2017 wird wieder ein anspruchsvolles Jahr für Kapitalanleger werden. Fundamental sind die Aussichten grundsätzlich günstig. Die globale Konjunktur wächst voraussichtlich etwas stärker als noch in 2016. Doch die EZB wird ihre ultralockere Geldpolitik nur noch begrenzte Zeit aufrechterhalten können. Die Leitzinserhöhungen in den USA könnten einen Konflikt zur Politik Donald Trumps auslösen. In vielen Industrienationen stehen zudem fiskalische Impulse durch staatlich finanzierte Ausgabenprogramme auf der Agenda.
Von Carsten Mumm
Die europäische und die japanische Notenbank dürften ihre Geldpolitik weiterhin sehr expansiv ausrichten, wodurch die Zinsen auf niedrigen Niveaus verharren werden. Von der US-Notenbank werden zwar mindestens zwei weitere Leitzinserhöhungen erwartet, allerdings wird das nicht zu einem nachhaltigen Abbremsen der volkswirtschaftlichen Entwicklung führen.
Insbesondere in den USA wurden höhere Staatsausgaben für Infrastrukturinvestitionen und gleichzeitig niedrigere Einkommen- und Unternehmenssteuern angekündigt. Beide Effekte fördern Investitionen, Beschäftigung und damit auch den Konsum. Da der US-Arbeitsmarkt allerdings schon heute nahezu ein Vollbeschäftigungsniveau erreicht hat, dürften auch die Löhne steigen. Die ohnehin aufgrund des steigenden Ölpreises anziehende Inflation bekommt dadurch weiteren Anschub, weshalb die Zinsen steigen. Davon wiederum profitieren insbesondere US-Banken. Die Maßnahmen könnten somit zu einem sich selbst tragenden Aufschwung der amerikanischen Volkswirtschaft führen und damit auch die globale Dynamik stützen.
Die zukünftige politische Ausrichtung der US-Regierung wird für die Kapitalmärkte generell eine entscheidende Rolle spielen. Durch veränderte geopolitische Konstellationen, wie zum Beispiel eine Annäherung der USA an Russland oder eine Konfrontation zwischen den USA und China könnten sich völlig neue Chancen, aber auch Risiken für die globalen Börsen ergeben. Zudem besteht die Gefahr, dass die Inflation deutlicher als gewünscht anzieht und die US-Notenbank sich zu zusätzlichen Leitzinsanhebungen veranlasst sieht. Nicht zuletzt führen Ausgabenerhöhungen in Kombination mit Steuersenkungen unweigerlich zu steigenden Schulden des ohnehin mit knapp 20 Billionen US-Dollar und über 100 Prozent des BIP bereits hoch verschuldeten Staates, wodurch die Zinsen noch weiter steigen könnten.
Doch es bestehen noch weitere Risiken, insbesondere durch die politische Situation in Europa. Einerseits könnten die Verhandlungen zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für Turbulenzen sorgen. Vor allem aber stehen mit den Parlamentswahlen in den Niederlanden, den Präsidentschaftswahlen in Frankreich und den Bundestagswahlen in Deutschland drei für die politische Ausrichtung und den Zusammenhalt Europas richtungweisende Entscheide auf der Agenda. Möglicherweise wird noch eine vorgezogene Neuwahl in Italien hinzukommen. In allen Staaten finden eurokritische Parteien zunehmend Gehör. Somit könnte jede einzelne Wahl zu einem Belastungstest für die nach wie vor angeschlagene Eurozone werden.
Drei Szenarien: Aktienmärkte vor unsicheren Zeiten
Die Aussichten für die Aktienmärkte sind vor diesem Hintergrund moderat positiv, dürften aber durch zwischenzeitliche heftige Schwankungen geprägt sein. Natürlich können die Kurse auch deutlicher steigen, etwa durch eine von den USA ausgehende Belebung des globalen BIP-Wachstums. Aufgrund der politischen Unwägbarkeiten ist heute allerdings kaum prognostizierbar, in welche Richtung sich die Aktienkurse tatsächlich entwickeln werden. Die Europäische Zentralbank kann durch die niedrigen Zinsen und die Liquiditätsflut nur Zeit erkaufen, die von den nationalen Regierungen zur Umsetzung dringend notwendiger Strukturreformen genutzt werden müsste. Bisher erfolgten allerdings keine ausreichenden Reformen.
In kaum einem Punkt besteht derzeit Einigkeit. Dies gibt eurokritischen Strömungen immer wieder neuen Anschub. Vor allem die drängenden Probleme, wie die Bewältigung der Flüchtlingsströme, die Staatsschuldenkrise oder der zunehmende politische Populismus bedürfen aber einer gemeinsamen Linie. Für Anleger kommt es in den kommenden Jahren daher vor allem darauf an, die latenten großen Risiken zu vermeiden. Eine deutliche Kursbewegung in den kommenden drei bis fünf Jahren ist wahrscheinlich. Dabei sind grundsätzlich drei Szenarien denkbar:
Der „Sturm“
In mehreren Eurostaaten nehmen eurokritische Parteien und Meinungsmacher Überhand. Es folgt eine Kette von Austritten aus der Währungsunion und schließlich das Ende der Eurozone in ihren heutigen Grenzen. Zudem verschärft sich der globale Trend zum Protektionismus. Der Freihandel wird durch Zölle und andere Handelshemmnisse erheblich eingeschränkt. Bestehende Handelsbeziehungen werden gekappt, wodurch westliche Industrienationen und Schwellenländer in eine Rezession abrutschen. Die Folgen wären erhebliche Turbulenzen an den Kapitalmärkten mit kollabierenden Kursen von Aktien und Euro, sinkenden Zinsen für Bundesanleihen und einem stark steigenden Goldpreis.
Das „Grau-in-Grau“
Dieses Szenario entspricht der Situation der letzten Jahre. Der große Wurf mit einer klaren politischen Agenda fehlt sowohl in den USA als auch in der Eurozone. Dadurch ergeben sich immer wieder einzelne Rückschläge für die Kapitalmärkte. Die Notenbanken sorgen mit einer dauerhaft expansiven Geldpolitik dafür, dass der Zusammenbruch vorerst verhindert wird. Zinsen bleiben nahe dem Nullniveau. An den Aktienmärkten ergibt sich kein eindeutiger Trend, aber fortlaufend heftige Schwankungen.
Der „Sonnenschein“
In der Eurozone erfolgt ein politischer Schulterschluss mit einer Fokussierung auf notwendige Strukturreformen. Die eurokritischen Parteien verlieren an Einfluss. Die Schuldensituation relativiert sich durch ein überdurchschnittliches Wachstum, das unter anderem durch die Digitalisierung angeschoben werden könnte. Die Folge sind haussierende Aktienmärkte, steigende Zinsen und Rohstoffkurse sowie ein Wiedererstarken des Euro.
Konkrete Wahrscheinlichkeiten sind bei dieser Betrachtung unerheblich. Denn in jedem potentiellen Szenario muss das Portfolio eines Anlegers jeweils anders aufgestellt sein – vor allem, um katastrophale Entwicklungen zu vermeiden. Auch ein Szenario mit einer geringen Wahrscheinlichkeit kann eintreten! Daher sollten Anleger schon heute ihre Anlagestrategie sorgfältig überprüfen.
Carsten Mumm ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Privatbank Donner & Reuschel.