Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
>

Rohöl stürzt wieder unter 50 US-Dollar

Der Preisverfall auf dem Ölmarkt hat sich deutlich verschärft. Der Preis für US-Rohöl purzelt in kurzer Zeit um mehr als vier Prozent auf den tiefsten Stand seit 2009. Warum drosseln weder die USA noch Saudi-Arabien die Produktion?

BÖRSE am Sonntag

Rohöl der Sorte WTI ist am späten Mittwochnachmittag innerhalb von einer Stunde um fast vier Prozent im Preis auf bis zu 40,60 Dollar gefallen. Es lag damit fast zwei Dollar unter dem Tageshoch. Den Kurssturz hatte die Bekanntgabe von Lagerdaten für Rohöl in den USA ausgelöst. Der Rohstoff notierte damit auf einem Niveau so niedrig wie seit mehr als sechseinhalb Jahren nicht. Auch Nordseeöl der Marke Brent rutschte über zwei Prozent ab auf 47,60 Dollar. Damit ist der Preis nur noch etwas mehr als zwei Dollar vom Jahrestief im Januar entfernt.

Analysten hatten eigentlich erwartet, dass die US-Regierung ein Sinken der Rohöl-Lagerbestände um 800.000 Barrel (ein Barrel = 159 Liter) verkünden würde. Stattdessen meldete die US-Energiebehörde einen Anstieg der gebunkerten Ölvorräte um 2,6 Millionen auf 456 Millionen Barrel. „Die Daten waren eine völlige Überraschung“, so Tariq Zahir von der Finanzfirma Tyche Capital Advisors. „Wir glauben, dass die Daten nicht im Ölpreis berücksichtigt sind.“

Der Ölpreis hatte sich in den vergangenen Wochen bereits deutlich von über 60 Dollar abgeschwächt – aus Sorge, dass es ein Überangebot im Markt gibt. Unter anderem deutet sich eine Lockerung der Sanktionen für den Iran an, der mehr Öl exportieren möchte. Außerdem tobt ein Machtkampf zwischen dem größten Öl-Produzenten Saudi-Arabien und der amerikanischen Fracking-Industrie. Durch hohe Produktion drückt Saudi-Arabien den Weltmarktpreis und gefährdet dadurch die Rentabilität vor allem von amerikanischen Ölförderern. Deren Fracking-Methode hatte die US-Produktion zu neuen Höhen geführt, ist aber relativ teuer.

Saudi-Arabien und USA produzieren um die Wette

Saudi-Arabien meldete, die eigenen Ölexporte im Juni hätten den Rekordwert aus dem Juni 1980 überschritten. Im Schlepptau der Meldung sackte der saudische Aktienindex Tadawul All Share um 2,5 Prozent ab und fiel damit den siebten Tag in Folge.„Das letzte, was saudische Aktien gebrauchen konnten, war eine Ölproduktion-Erhöhung, die mehr Druck auf den Ölpreis auslöst“ , so Sebastien Henin, bei der Anlagefirma National Investor in Abu Dhabi. Er sehe eindeutige Zeichen, dass die saudische Regierung entschlossen sei, den Kampf um ihren Marktanteil auf dem Weltölmarkt fortzuführen. Auch in den USA produziert die Ölbranche auf Rekordniveau und Marktbeobachter erwarten keine Produktionskürzungen.

Die in der OPEC zusammengeschlossenen Erdöl exportierender Länder produzieren seit mehr als einem Jahr mehr als die angepeilten 30 Millionen Barrel pro Tag. Daran scheint sich auch nichts zu ändern. So plant etwa Angola, in den kommenden Monaten die Produktion um einige Prozent auf 1,83 Millionen Barrel pro Tag erhöhen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Handelsblatt / Martin Dowideit