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Stahlkocher ThyssenKrupp: Aktionäre atmen auf

Stahl ist ein unverzichtbarer Rohstoff der Bauindustrie, des Maschinenbaus und der gesamten Wirtschaft. Der größte deutsche Stahlkocher, ThyssenKrupp, hat endlich sein verlustträchtiges brasilianisches Stahlwerk CSA verkauft. Abschreibungen von einer knappen Milliarde stören die Anleger durchaus nicht: „weg mit Schaden“ ist offenbar die Devise. Auch wenn 2017 nun rote Zahlen in der Bilanz drohen: Die Börse feiert die die ThyssenKrupp-Aktie.

BÖRSE am Sonntag

Stahl ist ein unverzichtbarer Rohstoff der Bauindustrie, des Maschinenbaus und der gesamten Wirtschaft. Der größte deutsche Stahlkocher, Thyssenkrupp, hat endlich sein verlustträchtiges brasilianisches Stahlwerk CSA verkauft. Abschreibungen von einer knappen Milliarde stehen wohl nun zu Buche, aber das stört die Anleger durchaus nicht: „weg mit Schaden“ ist offenbar die Devise. Auch wenn der deutsche Stahlriese nun 2017 in die roten Zahlen rutscht: Die Börse feiert die die ThyssenKrupp-Aktie.

Siderurgica do Atlantico, so heißt das Stahlwerk das unter dem Kürzel CSA bekannt ist, mit vollem Namen. Die ThyssenKrupp AG hat es nun nach langen, zähen Verhandlungen für 1,5 Milliarden Euro an das Stahlunternehmen Ternium aus Luxemburg verkauft. Vor dem kommenden Oktober soll die Transaktion komplett vollzogen sein. Mit dem Erlös aus dem Verkauf kann der DAX-Konzern die Quote seiner Nettofinanzschulden deutlich verringern, wie Finanzvorstand Guido Kerkhoff mitteilte. Die Ausstattung mit Eigenkapital steigt dadurch automatisch. Anleger hören das gern.

Doch der Verkauf hat auch seine Kehrseite. Eine Wertberichtigung von rund 0,9 Milliarden Euro muss ThyssenKrupp nun schultern. Doc hdas ist nicht so relevant für den Aktienkurs wie die tatsache, dass nun erhebliche Risiken wegfallen. Der gesamte Thyssen-Geschäftsbereich „Steel Americas“ wird im übrigen zusammen mit dem Werk CSA abgewickelt, die Sparte wird ab sofort als als „nicht fortgeführtes Geschäft“ ausgewiesen.

Jahresbilanz im Verlustbereich

Der Verkauf von CSA wird laut Thyssenkrupp deutliche Auswirkungen auf den Jahresüberschuss haben. Dieser dürfte insgesamt in die roten Zahlen rutschen, wie der Stahlkonzern in einer Pressekonferenz mitteilte. Darüberhinaus soll der Verkauf keinen Einfluss auf die Ziele für das bereinigte EBIT und den freien Cashflow vor Fusionen und Übernahmen für das laufende Geschäftsjahr haben, was bedeutet, dass das Geschäftsmodell von ThyssenKrupp insgesamt unbeschädigt ist. Und das ist wichtig für die Aktionäre: die Zukunftsfähigkeit des Stahlkonzerns ist nicht beeinträchtigt, vor allem wird keine Kapitalerhöhung benötigt. Thyssenkrupp wird stattdessen Gespräche mit mehreren europäischen Unternehmen eine mögliche geschäftliche Zusammenarbeit führen. Der wegfallende amerikanische Stahlmarkt soll also durch einen verstärkten Fokus auf Europa wettgemacht werden.

Das Lehrgeld, das der deutsche DAX-Stahlkocher auf dem amerikanischen Doppelontinent gezahlt hat, ist hoch. Der Konzern wollte in Brasilien mit billiger Arbeitskraft preiswerte Brammen produzieren, also Stahl-Rohprodukte, diese in den USA weiterverarbeiten und damit hohe Margen erzielen. Die Ambitionen wurden aber nach und nach zu einem Desaster. Es fing schon damit an, dass die Baukosten wesentlich höher waren als geplant. Rund zwölf Milliarden Euro versenkte Thyssenkrupp im Amazonas und für eine bereits seit langem verkaufte Anlage im US-Bundesstaat Alabama. Ein Großteil dieser wirklich beachtlichen Summe ist, wenn die Verluste für 2017 in der Bilanz wirksam werden, abgeschrieben.

Analysten erwarten Aufschläge auf Aktienpreis

Analysten äußern sich zufrieden mit diesem Schlußstrich unter das verlustreiche Engagement in Amerika, wie finanzen.net resümiert. So heiße es bei der Commerzbank, der Verkaufspreis sei mit einem signifikanten Aufschlag auf den bisherigen Sum-of-the-Parts-Wert erfolgt. Die analysten der Bank hatten den Wert des Werkes CSA mit 0 Euro je Aktie angesetzt, der Preis von 1,5 Milliarden Euro erhöhe nun den SOTP-Wert je Aktie um volle drei Euro. Zudem unterstreichen die Analysten, dass künftig die Volatilität von Gewinn und Cashflow bei Thyssenkrupp durch die Dekonsolidierung von Steel Americas zurückgehen werde.

Ein weiterer positiver Effekt ist die Verringerung der Abhängigkeit vom Stahlgeschäft. Künftig trägt dieses in Europa nur noch mit 25 Prozent zum EBIT von ThyssenKrupp bei, das Aufzugsgeschäft dagegen 50 Prozent. Vor dem Hintergrund einer massiven Überproduktion von Stahl, die in China zu beobachten ist, dürfte das die Lust der Anleger auf die ThyssenKrupp-Aktie noch steigern. Konzernchef Heinrich Hiesinger kann den 22. Februar 2017 als einen guten Tag für das Unternehmen und für die Aktionäre rot im Kalender anstreichen; die fünf Prozent, die die Aktie am Tag der Bekanntgabe des CSA-Verkaufs auf einen Schlag zulegte, dürften nicht die letzte Steigerung gewesen sein. sig