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Zink: Vom Bullen zum Bärenmetall

Zink galt im Frühjahr als gute Wette auf steigende Kurse. Viele Prognosen rechneten nach den beiden Jahren zuvor auch 2015 mit einem weltweiten Defizit zwischen Angebot und Nachfrage. Diese Annahme bekam dann jedoch Kratzer. Wegen zunehmender Konjunktursorgen machte vor allem China den Bullen einen Strich durch die Rechnung. Der Zinkpreis setzte nach der Rallye von März bis Mai zu einer Talfahrt an. Jüngst wurde sogar ein neues Mehrjahrestief markiert. Das dürfte ganz nach dem Geschmack der Bären gewesen sein.

BÖRSE am Sonntag

Zink galt im Frühjahr als gute Wette auf steigende Kurse. Viele Prognosen rechneten nach den beiden Jahren zuvor auch 2015 mit einem weltweiten Defizit zwischen Angebot und Nachfrage. Diese Annahme bekam dann jedoch Kratzer. Wegen zunehmender Konjunktursorgen machte vor allem China den Bullen einen Strich durch die Rechnung. Der Zinkpreis setzte nach der Rallye von März bis Mai zu einer Talfahrt an. Jüngst wurde sogar ein neues Mehrjahrestief markiert. Das dürfte ganz nach dem Geschmack der Bären gewesen sein.

Apropos Geschmack: Was haben Austern, Kalbsleber und Emmentaler gemeinsam? Es sind Lebensmittel, die relativ viel Zink enthalten. Das Metall spielt als unentbehrliches Spurenelement eine wichtige Rolle für viele Lebewesen. Beispielsweise fördert es das Immunsystem und ist Bestandteil wichtiger Hormone und Enzyme, wodurch ihm Schlüsselrollen im Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel zukommen. Laut Weltgesundheitsorganisation sollte jeder Mensch täglich abhängig von Geschlecht und Alter etwa 5 bis 15 mg Zink mit der Nahrung aufnehmen. Der potenzielle jährliche „Verbrauch“ der aktuell rund 7,37 Mrd. Menschen liegt somit bei geschätzten 32.000 Tonnen. Klingt in Summe viel, ist aber nur ein Bruchteil der Menge, die jedes Jahr von der Industrie benötigt wird. Zink gehört nach Aluminium und Kupfer zu den am meisten verwendeten Nichteisenmetallen. 2014 lag der weltweite Verbrauch laut der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) bei 13,53 Mio. Tonnen.

Doch kein Defizit?

Das Metall wird vor allem eingesetzt, um Eisen- und Stahlteile zum Zweck des Korrosionsschutzes mit einer dünnen Zinkschicht  zu überziehen. Etwa 50 Prozent des Verbrauchs entfallen auf das Verzinken. Daneben wird Zink vor allem zur Herstellung von Messing und Bronze (Anteil: 17 Prozent) sowie Legierungen mit anderen Metallen (17 Prozent) verwendet. Produziert wurden im vergangenen Jahr 13,3 Mio. Tonnen. Daraus resultierte eine Deckungslücke zwischen Angebot und Bedarf von 229.000 Tonnen. Sie war damit noch größer als im Vorjahr. Dass die Zinkproduktion in diesen beiden Jahren nicht mit dem steigenden Verbrauch schritthalten konnte, lag auch an strukturellen Faktoren. Einige große Minen näherten sich ihrem Förderende bzw. wurden geschlossen. Gleichzeitig waren die Investitionen in neue Förderstätten in der Zeit zuvor aufgrund der relativ niedrigen Zinkpreise nicht sonderlich ausgeprägt. Beide Punkte führten zunächst auch für 2015 zu der Annahme eines erneuten Defizits. Daran sind inzwischen aber Zweifel aufgekommen. Auch weil laut ILZSG in der Periode Januar bis Juli ein Überschuss von 150.000 Tonnen anfiel. Zwar stieg der weltweite Bedarf um 2,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum, die Wachstumsrate lag jedoch unter der im April für 2015 prognostizierten von 3,7 Prozent. Gleichzeitig stieg die Produktion um 8,4 Prozent und toppt damit bislang das für das Gesamtjahr erwartete Plus von 5,2 Prozent. Zudem wird befürchtet, dass China als weltweit größter Verbraucher des Metalls weiterhin an Wachstumstempo verliert, was die Nachfrage im zweiten Halbjahr dämpfen könnte.

Steigende Lagerbestände

Die Annahme eines Überangebotes auf dem weltweiten Zinkmarkt wird zusätzlich angeheizt durch die Entwicklung der Zinkbestände an der Metallbörse in London (LME). Vom Tief im August erhöhten sie sich dort deutlich. Zwar ist das absolute Niveau nur etwa halb so groß wie zu den Hochs im Dezember 2012, der dynamische Anstieg binnen kürzester Zeit von mehr als 40 Prozent lässt bei den Investoren jedoch die Alarmglocken schrillen. Zum einen könnte dies ein weiteres Indiz für eine derzeit mehr als ausreichende Versorgungslage auf dem Weltmarkt sein. Zum anderen wird gemutmaßt, dass der Rohstoffriese Glencore, einer der größten Zinkproduzenten, zunehmend seine Bestände auf den Markt wirft, um mit dem erlösten Kapital seinen Schuldenberg abzutragen.

Neues Mehrjahrestief

Das zunehmend negative Sentiment schlägt sich naturgemäß in der Preisentwicklung nieder. Seit dem Zwischenhoch im Mai fiel der Zinkkurs bis zu dem jüngsten vorläufigen Tief um 34 Prozent. Er rutschte dabei auch unter das von Juni 2010 datierende Mehrjahrestief bei 1.595 US-Dollar – wenn auch nicht sehr deutlich. Es reichte jedoch aus, um mit 1.587 US-Dollar das niedrigste Niveau seit Juli 2009 zu markieren. Die 1.595er-Marke konnte jedoch schnell zurückerobert werden. Wurde die potenzielle Unterstützung damit nachhaltig verteidigt? Wurde vielleicht sogar der Boden für einen größeren Aufwärtsimpuls gelegt? Zeichnet sich gar eine Trendwende ab? Um diese Fragen zu beantworten, sollten die Bullen auf weitere Long-Signale warten.