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Shell: Das Comeback der Ölmultis

Ist es der Schatz in der Tschuktschensee? An der Nordwestküste Alaskas darf Royal Dutch Shell nun nach Öl und Gas bohren. Schon im Sommer kann es losgehen. Nach Schätzungen der amerikanischen Energieagentur Energy Information Administration (EIA) könnten in der Arktis etwa 22 Prozent der weltweiten noch unentdeckten Öl- und Gasreserven liegen.

BÖRSE am Sonntag

Ist es der Schatz in der Tschuktschensee? An der Nordwestküste Alaskas darf Royal Dutch Shell nun nach Öl und Gas bohren. Schon im Sommer kann es losgehen. Nach Schätzungen der amerikanischen Energieagentur Energy Information Administration (EIA) könnten in der Arktis etwa 22 Prozent der weltweiten noch unentdeckten Öl- und Gasreserven liegen.

Nach Schätzungen der amerikanischen Energieagentur Energy Information Administration (EIA) könnten in der Arktis etwa 22 Prozent der weltweiten noch unentdeckten Öl- und Gasreserven liegen. Ob die Zahlen stimmen, ist noch nicht gewiss. Dennoch verspricht sich der britisch-niederländische Energieriese Royal Dutch Shell viel von seinem Vorhaben. Trotzt heftiger Proteste von Umweltschützern stimmte jüngst die zuständige US-Behörde Bureau of Ocean Energy Management (BOEM) dem mehrere Jahre dauernden Förderprojekt zu. Eine vorsichtige Förderung der Vorkommen sei möglich, teilte die Behörde in Washington mit. Allerdings würden für alle Förderprojekte „strenge Sicherheitsstandards“ gelten. Auch wenn der Weg für Shell noch nicht ganz frei ist – ein wichtiger Schritt Richtung Nordpolarmeer ist getan.

Shell bittet schon seit Jahren um Erlaubnis, die kostbaren Rohstoffe aus der Tiefe zu holen. Seit 2010 ist der Ölmulti in dem Gebiet aktiv und arbeitet an einer Ausbeutung der Ölvorkommen in dem arktischen Meer. Auch andere Energiekonzerne wie ConocoPhillips und Statoil Chart wollen in der Tschuktschensee bohren. Die vergleichsweise teure Förderung in der Arktis steht in Konkurrenz zu den durch Fracking gewonnenen Schiefergas und -öl in den USA. Für den russischen Teil der Tschuktschensee interessieren sich unter anderem Gazprom und seine internationalen Partner. Viele Ölfirmen haben in den vergangenen Jahren Pläne und besondere Techniken präsentiert, mit denen sie in der Arktis das Öl fördern wollen.
Die Zustimmung der amerikanischen Behörde stößt insbesondere bei Umweltschützern auf großen Widerstand. „Diese Entscheidung stellt das Ölgeschäft über die Menschen und setzt die Tier- und Pflanzenwelt der Arktis - und die Gesundheit unseres Planeten - aufs Spiel“, so die US-Umweltschutzorganisation Earthjustice. „Es gibt keine bewährte Methode, einer möglichen Ölpest im eisigen arktischen Wasser zu begegnen“, sagte Susan Murray von der Organisation Oceana. Das Vorhaben sei riskant und unausgereift.

Ein Meilenstein für den Multi

Shell hatte seine Förderpläne in den Arktisgebieten von Alaska vor zwei Jahren nach wiederholten Problemen mit seinen dortigen beiden Förderanlagen zunächst eingefroren. Die Förderplattform „Kulluk“ löste sich bei stürmischer See von ihren Befestigungen und wurde an Land gespült. Die Shell-Plattform „Noble Discoverer“ wurde von der US-Küstenwache wegen Sicherheitsmängeln kritisiert. Beide Förderplattformen wurden zu Reparatur- und Wartungsarbeiten nach Asien gebracht. Shell-Sprecher Curtis Smith bezeichnete die erteilte Genehmigung als „wichtigen Meilenstein“. Die Entscheidung zeige „das Vertrauen, dass die Aufseher in unseren Plan haben“. Aber es sei zwingend, dass die ausstehenden Genehmigungen, an denen die endgültige Zulassung hänge, rechtzeitig geliefert würden. Shell will noch im Sommer mit dem Projekt beginnen.

An der Börse herrscht trotz Bohrerlaubnis in den vergangenen Tagen noch keine Euphorie. Zwar stieg der Aktienkurs zwischenzeitlich von 28 auf 29,50 Euro. Im Verlauf dieser Woche ging es aber genau so weit wieder nach unten. Vielleicht ist die Skepsis noch groß, weil der Konzern wie die gesamte Branche mit dem Ölpreisverfall des vergangenen Jahres zu kämpfen hat. So halbierte sich die Nordsee-Ölsorte Brent in der Zeit. Im ersten Quartal dieses Jahres hat es bei Shell einen deutlichen Gewinneinbruch gegeben. Das Ergebnis sank um mehr als die Hälfte auf 3,2 Milliarden US-Dollar. Das war aber immer noch mehr als die 2,5 Milliarden Dollar, die Analysten kalkuliert hatten. Der Energieriese hat dennoch ehrgeizige Ziele. In diesem Jahr hat sich der Konzern bereits von Geschäften im Wert von mehr als zwei Milliarden Dollar getrennt. Im April wurde die Übernahme der BG Group für 47 Milliarden britische Pfund angekündigt. Dadurch soll ein stärkeres Unternehmen entstehen.

Lesen Sie auf der zweiten Seite: Günstiger Einstieg und Anlagetipps

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Günstiger Einstieg

Derzeit könnte ein guter Einstiegsmoment gekommen sein, zudem der Preistrend des schwarzen Goldes in diesem Jahr wieder nach oben zeigt. Royal Dutch Shell profitiert von seiner starken Stellung im weiter hochprofitablen Tankstellen- und Raffineriegeschäft und verfügt zudem über eine Vielzahl von Ölquellen, die zu niedrigen Kosten ausgebeutet werden können. 2015 dürfte der Konzern einen Überschuss von 7,2 Milliarden Pfund – rund zehn Milliarden Euro – erzielen. Die Dividendenrendite dürfte dann bei 5,9 Prozent liegen. Wachsende Dividenden scheinen bei Shell so etwas wie Tradition zu sein: Seit 1945 gab es keine einzige Dividendenkürzung. Konzernboss Ben van Beurden hat bereits Anfang des Jahres betont, dass er alles tun werde, um die „iconic dividend“ aufrechtzuerhalten.

Die Deutsche Bank hatte Shell vor der Verkündung der jüngsten Quartalszahlen mit „Halten“ eingestuft. Die Ölkonzerne dürften ein schwieriges Quartal hinter sich haben, doch sei dies bereits bekannt gewesen. Die Analysten der Bank favorisieren die Papiere von Konzernen mit besonders deutlichen Investitions- und Kostensenkungen. Dazu zählten BP und Total. Die britische Investmentbank HSBC bewertet das Kurspotenzial ähnlich. Die gute Entwicklung der liquiden Mittel bei den Ölkonzernen im ersten Quartal dürfte die Dividenden stärker stützen als gedacht.

Index als Marktbarometer

Wie abhängig die Branchenriesen von der Preisentwicklung des Öls sind, zeigt die Performance des Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index. Er enthält aktuell 25 europäische Unternehmen, zu denen Öl- und Gasproduzenten, Ölausrüster sowie Unternehmen aus den Bereichen Ölservice, Öldistribution und alternative Energien gehören. Die Liste reicht von BP, Royal Dutch Shell über OMV bis zu Total. 2014 verlor der Index knapp 15 Prozent seines Werts. Bereits nach gut vier Monaten steht in diesem Jahr hingegen ein sattes Plus von 15 Prozent zu Buche.

Fazit: Für Anleger, die glauben, dass die alten Ölriesen im Zuge eines anhaltenden Preisaufwärtstrends wieder ein größeres Thema an der Börse sein werden, könnte der Einstieg durchaus eine Überlegung wert sein.

Anlagetipp:

Anleger, denen es zu riskant erscheint, in Einzelwerte wie Shell zu investieren, können mit Indexfonds (ETFs) auf den Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index ihre Anlage auf verschiedene Werte streuen. Mit den Papieren nehmen sie nahezu eins zu eins an der Kursentwicklung des Index teil. Eine noch defensivere Variante bietet ein Zertifikat (WKN: HVB1VA), das sich ebenfalls auf den Stoxx Europe 600 bezieht. Mit dem Papier können Anleger bereits Gewinn erzielen, wenn sich der Index seitwärts entwickelt. Zu Laufzeitbeginn im März 2015 wurde der Startwert (Basispreis) des Index bei 315 Punkten fixiert. Aktuell steht er bei 330 Punkten. Notiert der Stoxx Europe 600 Oil & Gas zum Laufzeitende am 27. Juli 2016 auf oder über dem Startwert, erfolgt die Rückzahlung zum maximalen Betrag von 120 Euro pro Zertifikat. Bei einem aktuellen Kaufpreis von 103,91 Euro ergibt sich daraus eine Rendite von rund 15 Prozent.

Liegt der Indexkurs zum Schluss unter dem Startwert, nehmen Anleger an den Kursverlusten teil – in Bezug auf den Nominalbetrag des Zertifikats von 100 Euro. Notiert beispielsweise der Index ein Zehntel unter seinem Ausgangsniveau (also bei 283,5 Punkten), erhalten Anleger 90 Euro pro Zertifikat ausgezahlt. Der Höchstbetrag ist auf 120 Euro begrenzt. Sollte der Index während der Laufzeit um mehr als 20 Prozent zulegen, können Anleger nicht daran partizipieren. Und noch ein Hinweis: Anleger, die auf eine positive Entwicklung des Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index spekulieren, sollte klar sein, dass es sich hierbei um einen Preisindex handelt. Etwaige Dividenden der im Index enthaltenen Unternehmen fließen nicht in die Berechnung mit ein, sodass Investoren nicht von den Ausschüttungen profitieren können.