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Zurich leidet, Senn tritt zurück

Die jüngsten schweren Rückschläge für die Zurich Insurance Group hauen nun überraschend auch den CEO um: Martin Senn tritt zum Jahresende zurück. Während der scheidende Chef beteuert, dass man die richtigen Schritte für die Zukunft eingeleitet hat, gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger kompliziert.

BÖRSE am Sonntag

Die jüngsten schweren Rückschläge für die Zurich Insurance Group hauen nun überraschend auch den CEO um: Martin Senn tritt zum Jahresende zurück. Während der scheidende Chef beteuert, dass man die richtigen Schritte für die Zukunft eingeleitet hat, sind die Anleger an der Börse verunsichert.

Zehn Jahre lang gehörte Martin Senn zu den Topleuten der Zurich Insurance Group. Zunächst Anlagechef, prägte er den Konzern in den vergangenen sechs Jahren als CEO. Damit ist nun Schluss: Nach extrem schlechten Zahlen im dritten Quartal, einer abgeblasenen Übernahme im Spätsommer und anhaltender Kritik an seiner Führungsstrategie verlässt Senn den Versicherer zum Ende des Jahres. Verwaltungsratspräsident Tom de Swaan soll den Posten übernehmen, bis ein Nachfolger gefunden ist. Laut de Swaan wird der künftige CEO jedoch von außen kommen, die Suche sei bereits eingeleitet.

Explosionen von Tianjin kosten Zurich 245 Millionen Dollar

An der Profitabilität gibt es trotz der aktuell schwierigen Lage keine wirklichen Zweifel. Die Frage ist eher, wie viel Gewinn der Konzern noch machen kann, wenn die Schadenszahlungen in Katastrophenfällen die Rücklagen weit übersteigen. Im dritten Quartal erzielte Zurich zwar einen Gewinn nach Steuern von 207 Millionen US-Dollar, im Vergleich zum Vorjahr war das jedoch ein Absturz um 79 Prozent. Besonders teuer kamen den Versicherer die Explosionen zu stehen, die sich Anfang August im chinesischen Tianjin ereigneten. Dabei starben nach Angaben der chinesischen Regierung 173 Personen, 797 weitere wurden verletzt. 

Der Versicherer teilte daraufhin im September mit, dass das Unglück mit „kumulierten Schäden von USD 275 Mio“ im Bereich General Insurance zu Buche schlage. Zusätzliche Belastungen ergaben sich aus hohen Schäden im Autohaftpflicht- und Großkundengeschäft in den USA sowie durch Ausgaben aus dem Vorjahr. Martin Senn, der ohnehin nicht gerade als übernahmefreudiger CEO galt und dafür häufig kritisiert wurde, musste daraufhin die geplante Übernahme des britischen Versicherers RSA absagen. Senn sieht seinen Noch-Arbeitgeber dennoch auf dem richtigen Weg: „Wir mussten in den vergangenen Monaten einen Rückschlag einstecken, aber ich bin sicher, dass wir die richtigen Maßnahmen getroffen haben, um unsere Ziele zu erreichen.“

Finanzielle Ziele weiter im Blick - Aktie gibt nach

Man habe mit der Umsetzung eines Aktionsplans begonnen, „um die Performance zu verbessern, die Volatilität zu reduzieren und die Rentabilität rasch wieder zu steigern“, so Senn noch im September. „Dazu gehören Änderungen im Führungsteam, die Neuzeichnung von oder der Ausstieg aus unterdurchschnittlich rentablen Portfolios sowie zusätzliche Massnahmen zur Effizienzsteigerung.“ Dass bei den Änderungen im Führungsteam der Zürcher auch er selbst nicht ausgeschlossen war, kam dann doch eher überraschend. 

Der Rücktritt habe allerdings „keinen Einfluss auf die strategische Ausrichtung oder die finanziellen Zielsetzungen“, teilte Zurich am Dienstag mit: „Das Unternehmen ist zuversichtlich, die drei finanziellen Ziele für 2014 - 2016 zu erreichen oder zu übertreffen, nämlich eine Eigenkapitalrendite basierend auf dem Betriebsgewinn nach Steuern zwischen 12 und 14 Prozent, eine Z-ECM-Quote (Zurich Economic Capital Model) von 100 bis 120 Prozent und netto Cash-Zuflüsse an die Gruppe in Höhe von mehr als USD 9 Milliarden.“

Für Anleger ist Zurich vor allem aufgrund hoher Dividenden attraktiv. Nun besteht die Gefahr, dass ein neuer CEO die Zahlungen kürzt, um den Sparplan des Konzerns zu intensivieren. Martin Senn hatte versucht, den Versicherer bei hoher Dividende durch Sparmaßnahmen und Stellenabbau besser aufzustellen. Die Aktie der Zurich Insurance Group liegt derzeit mit knapp 0,8 Prozent im Minus und hat noch einen Wert von 245,50 Euro.

Marius Mestermann