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Aktien: die Defensiven in der Offensive

Die jüngste Erfolgsstory von Techaktien ist beeindruckend. Der MSCI All Country World Index IT beispielsweise, der die globalen Technologieunternehmen vereint, legte in den vergangenen fünf Jahren in Euro gerechnet um über 180 Prozent zu. Und auch längerfristig sonnt sich der Techsektor im Erfolg: Durch ihre vielen Wachstumswerte, die stark von der Konjunktur und der Stimmung am Kapitalmarkt abhängen, profitiert die Branche seit fast zehn Jahren vom weltweiten Wirtschaftsaufschwung.

BÖRSE am Sonntag

Die jüngste Erfolgsstory von Techaktien ist beeindruckend. Der MSCI All Country World Index IT beispielsweise, der die globalen Technologieunternehmen vereint, legte in den vergangenen fünf Jahren in Euro gerechnet um über 180 Prozent zu. Und auch längerfristig sonnt sich der Techsektor im Erfolg: Durch ihre vielen Wachstumswerte, die stark von der Konjunktur und der Stimmung am Kapitalmarkt abhängen, profitiert die Branche seit fast zehn Jahren vom weltweiten Wirtschaftsaufschwung.

Von Ulrich Stephan

In den vergangenen Wochen zogen erstmals seit langer Zeit wieder einige graue Wolken über der Techidylle auf. Im Sektor der erfolgsverwöhnten Wachstumsunternehmen waren jüngst wieder Nettoverkäufe zu verzeichnen. Dafür begannen Anleger mehr und mehr in defensivere Titel (zum Beispiel Pharmaaktien) oder in günstiger bewertete Aktien (zum Beispiel aus dem Finanz- und Industriesektor) zu investieren. Auf Basis der Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im globalen Technologiesektor bei 19,1, für Pharmaaktien bei 17,5 und im Finanz- und Industriesektor bei 11,5 beziehungsweise 15,9.

Hauptgrund für die Kapitalverschiebung an den Aktienmärkten dürfte die etwas getrübte Stimmung durch die in der abgelaufenen Berichtssaison zum 2. Quartal 2018 veröffentlichten, insgesamt eher gemischten Geschäftszahlen der Techriesen gewesen sein. Zwar legte ihr Wachstum weiter zu und die Gewinne pro Aktie stiegen – im Technologiesektor des US-Leitindex S&P 500 sogar um durchschnittlich mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Allerdings enttäuschten auch einige der Techgiganten die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer.

Viele Investoren stellten sich daraufhin die Frage, wie lange die überdurchschnittliche Wertentwicklung der Techaktien noch anhalten und ob der Höhepunkt ihres Gewinnwachstums erreicht sein könnte. Verwöhnt von immer neuen Wachstumsrekorden reagierten sie sehr empfindlich auf diese ungewohnten Dämpfer und stießen Aktien von Unternehmen mit enttäuschenden Quartalsergebnissen ab. Verstärkt wurden die Marktschwankungen durch das in den Sommermonaten traditionellerweise geringere Handelsvolumen an den Börsen.

Langfristiger Ausblick bleibt positiv

Der Blick auf einzelne Techunternehmen mag sich verschlechtert haben, der Ausblick für die gesamte Branche ist aber nach wie vor vielversprechend. Zum einen scheinen die relativ hohen Bewertungen durch die große Marktmacht und die Möglichkeit, hohe Margen durchzusetzen, gerechtfertigt zu sein. Zum anderen könnten die anhaltend hohen Gewinnerwartungen für weiteres Kurspotenzial von Technologiewerten sprechen: Sieht man von Energieunternehmen ab – die aufgrund von Basiseffekten nach den niedrigen Ölpreisen im Jahr 2017 ein sehr hohes Gewinnwachstum aufweisen –, werden von der Analystengemeinde für globale Technologieunternehmen im Gesamtjahr 2018 mit mehr als 20 Prozent die größten Gewinnzuwächse aller Sektoren erwartet. Auch für 2019 wird mit einem Gewinnwachstum im zweistelligen Prozentbereich gerechnet. Obwohl der Sektor aktuell etwas unter Druck steht, scheint ein baldiges Ende des Erfolgs von Techunternehmen also noch lange nicht in Sicht.

Ungeachtet der soliden Aussichten für die Techbranche könnten sich die zuletzt beobachteten Trends zu einer selektiveren Einzeltitelwahl und einer etwas defensiveren Ausrichtung an den Aktienmärkten in absehbarer Zeit fortsetzen. Hauptgründe dafür sind die hohen Bewertungen von Technologieaktien sowie die eindeutigen Marktreaktionen auf enttäuschende Quartalszahlen einzelner Unternehmen. Insgesamt dürfte es sich für Anleger empfehlen, in schwankungsintensiveren Zeiten an den Aktienmärkten ein breit diversifiziertes Portfolio etwas defensiver auszurichten – bei entsprechender Risikobereitschaft weiterhin unter Beimischung von Technologieinvestments. Anleger sollten allerdings nicht wahllos in den Techsektor investieren, sondern genau auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung achten sowie die Wachstumschancen der Unternehmen in den einzelnen Subsektoren berücksichtigen.

Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.