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Börsendebüt: Müssen sich die deutschen Hersteller vor Rivian fürchten?

Wenn es um heiße Eisen an der Börse geht, ist eines davon derzeit sicherlich das Thema Elektromobilität. Und während Tesla-Chef Elon Musk nach dem Rekordlauf seiner Aktien mal eben via Twitter anfragt, ob er nicht ein paar seiner Aktien verkaufen soll, wagt ein Rivale zunächst den Schritt auf das Börsenparkett.

(Foto: quiggyt4 / Shutterstock)

Wenn es um heiße Eisen an der Börse geht, ist eines davon derzeit sicherlich das Thema Elektromobilität. Und während Tesla-Chef Elon Musk nach dem Rekordlauf seiner Aktien mal eben via Twitter anfragt, ob er nicht ein paar seiner Aktien verkaufen soll, wagt ein Rivale zunächst den Schritt auf das Börsenparkett.

Von Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets

Mit den gerade in den USA heiß begehrten Pick-Ups will der auf Elektro-Nutzfahrzeuge spezialisierte Konkurrent Rivian auf dem hart umkämpften Markt nun mitmischen. Und beweist dabei einmal mehr, dass Funktion und Design von E-Autos schon längst keine Grenzen mehr gesetzt sind. Mit verrückten Innovationen buhlt damit ein weiterer Hersteller um die Gunst der Autofahrer.

Kein besserer Zeitpunkt

Nachdem die Tesla-Aktie allein im Oktober um satte 44 Prozent nach oben geschossen ist, könnte man meinen, dass es kaum einen besseren Zeitpunkt für den IPO eines aufstrebenden EV-Start-ups gibt. Rivian scheint das verstanden zu haben. Ursprünglich lag für das Unternehmen eine Bewertung von 80 Milliarden US-Dollar in der Luft, als es Ende August sein Börsenprospekt bei der US-Aufsichtsbehörde SEC einreichte. Nun gibt sich Rivian mit gut 76 Milliarden Dollar zufrieden, was allerdings immer noch eine höhere Bewertung als zum Beispiel BMW und Stellantis bedeuten würde, obwohl das Unternehmen erst eine Handvoll Fahrzeuge verkauft hat.

Ohne Umsatz und ohne Erfahrung

Ohne nennenswerten Umsätze, ohne Erfahrung in der Produktion und mit gewaltigen Ausgaben vor der Brust eine solch astronomische Bewertung aufzurufen, könnte bei potenziellen Investoren erst einmal auf Zurückhaltung stoßen. Was Rivian allerdings schon hat, sind mächtige Geldgeber wie z.B. Ford und Amazon. Und jüngst 1,6 Milliarden Dollar für die Vorbereitung und den Bau seines Werks in Illinois ausgegeben – wohl nicht die letzten Milliarden bis zum Start der Massenfertigung. Auch deshalb sollten sich Anleger überlegen, ob sie unbedingt auf diesen Hype aufspringen wollen. Denn trotz der Popularität des Marktes für Elektrofahrzeuge und der enormen Kurszuwächse bei Tesla und anderen Herstellern könnte das blinde Hinterherlaufen am Ende teuer werden.

Die Amerikaner stehen auf Pick-Ups und SUVs

Trotz aller Vorsicht gibt es aber natürlich auch ein Best-Case-Szenario, dass die Bewertung nicht ganz so verrückt aussehen lässt wie zunächst angenommen. Gerade in den USA werden jede Menge Trucks und SUVs verkauft. Etwa die Hälfte aller Neuwagenverkäufe sind SUVs und jeder fünfte ist ein Pick-Up. Daraus entsteht ein Gesamtmarkt von etwa neun Millionen SUVs und vier Millionen Trucks. Und das seit September erhältliche Fahrzeug von Rivian, der R1T, ist ein Pick-Up in der Größe eines Toyota Tacoma. Das zweite soll ein SUV mit der Bezeichnung R1S werden. Mit 200.000 Einheiten pro Jahr will Rivian in den nächsten Jahren sein neues Werk auslasten und einen Anteil von etwa 1,5 Prozent an den US-Verkäufen von SUVs und kleineren Lastwagen erobern. Mit Amazon hat der E-Autobauer auch schon einen ersten Käufer für seine kommerziellen Elektrofahrzeuge, 100.000 Pick-Ups hat der weltgrößte Versandhändler bereits bestellt. Ein weiteres Plus nach dem Börsengang könnte der hohe Barmittelbestand von etwa 13 Milliarden Dollar sein, den Rivian in weiteres Wachstum investieren kann.

Hase und Igel im Wettlauf um die Auto-Zukunft

Heute sind die 16 bekannten reinen Elektrofahrzeughersteller, darunter Tesla und das noch nicht börsennotierte Unternehmen Rivian, zusammen knapp 1,5 Billionen Dollar wert. Auf Tesla entfallen dabei rund 74 Prozent der gesamten Marktbewertung. Ob gerechtfertigt oder nicht, dürfte davon abhängen, ob diese Unternehmen am Ende die Automobilwelt dominieren werden. Eine Mischung aus Volumen- und Gewinnwachstum durch überlegene Produkte wäre dafür in jedem Falle hilfreich, könnte sich aber langfristig als Irrglaube herausstellen. Die Automobilindustrie ist ein zunehmend globaler und wettbewerbsintensiver Wirtschaftszweig. Gestandene Unternehmen wie Volkswagen und Toyota drängen mit Volldampf in den Markt der Elektromobilität und werden versuchen, ebenfalls ein Wörtchen um die großen Gewinne mitzureden.

Auch in Zukunft könnte Tesla zwar weiterhin das wertvollste Autounternehmen der Welt bleiben, jedoch nicht mit einer fünf- oder gar acht Mal so hohen Bewertung wie die Nummer zwei oder drei der Rangliste mit den klangvollen Namen Toyota und Volkswagen. In jedem Falle dürfte der Traum von einer Null-Emissionen-Zukunft weiter die Fantasien und damit auch die Bewertungen an der Börse anheizen, da sich Investoren und Unternehmen gleichermaßen positionieren wollen, um von der Wirtschaftsordnung von morgen zu profitieren.