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Die Gewinner sind die Junk-Bonds

In der Hochphase der Finanzkrise zwischen September 2008 und Januar 2009 trennten sich Anleger wahllos von ihren Aktien- und Bondinvestments. Eine Unterscheidung nach Rating-Klassen oder Bonitätseinstufungen fand nicht mehr statt. Unterschieden wurde letztlich nur noch zwischen risikolosen Investments – also Staatsanleihen der führenden Wirtschaftsnationen – und dem ganzen Rest.

BÖRSE am Sonntag

In der Hochphase der Finanzkrise zwischen September 2008 und Januar 2009 trennten sich Anleger wahllos von ihren Aktien- und Bondinvestments. Eine Unterscheidung nach Rating-Klassen oder Bonitätseinstufungen fand nicht mehr statt. Unterschieden wurde letztlich nur noch zwischen risikolosen Investments – also Staatsanleihen der führenden Wirtschaftsnationen – und dem ganzen Rest.

Die Verkaufsorgie sorgte für enorme Risikoaufschläge bei der Verzinsung der Bonds und entsprechend niedrige Kurse: So warf beispielsweise eine VW-Anleihe im Oktober 2008 7,6% Rendite pro Jahr ab und die bis ins Jahr 2014 laufende Euroanleihe der Konkurrenz aus Stuttgart (WKN A0T5SE) versprach bei einem Kauf im März des laufenden Jahres sogar rund 7,8% pro Jahr. Mike Zelouf, Director of International Business bei der Legg-Mason-Tochter Western Asset Management, kommentiert diese Phase wie folgt: „Während der Finanzkrise sahen wir Marktpreise, die ein sehr pessimistisches Ausfallszenario eingepreist hatten, welches jedoch nicht eintrat.“

And the winner is…

Staatsgarantien, milliardenschwere Hilfsprogramme der Regierungen und enorme Liquiditätsinfusionen der Notenbanken haben in der Folge zu einer scharfen Trendumkehr geführt: „Die Kreditmärkte haben in den vergangenen 12 Monaten eine starke Rally vollzogen“, so der Experte von Western Asset Management weiter. Tatsächlich ist die Benchmark für US-Junkbonds, der Merrill Lynch High Yield Master II Index, bis Ende Oktober diesen Jahres um stolze 51% gestiegen. Zum Vergleich: Der S&P 500 stieg im gleichen Zeitraum lediglich um 22%. Doch die Ramschanleihen setzen sogar noch eins drauf: Seit Januar kommen auf Euro lautende Junkbonds sogar auf eine Performance von rund 71%. Von solchen Renditen können Aktieninhaber trotz der fulminanten Aufholjagd der letzten Monate nur träumen.

Der Höhepunkt ist überschritten

Die Rally der Bonds hat natürlich zwangsläufig dazu geführt, dass die Risikoaufschläge dahinschmolzen wie Eis in der Sonne. „Investment Grade Bonds“ wurden in der Folge beispielsweise so stark nachgefragt, dass die Risikoaufschläge deutlich unter das Niveau von vor der Lehman-Pleite gerutscht sind. Dennoch „dürften sich Unternehmensanleihen weiterhin eher positiv entwickeln“, auch wenn „der größte Teil der Erholung bereits stattgefunden habe“, so Zelouf. Eine Einschätzung, die die Experten von HSBC Global Asset Management teilen: „Aus unserer Sicht ist das derzeitige Spreadniveau im Investment-Grade-Markt weiterhin relativ günstig. Bei der überwiegenden Anzahl der Emittenten sind die Prämien im historischen Vergleich noch immer hoch.“ Einig sind sich die Spezialisten jedoch darin, dass der Höhepunkt bereits überschritten ist und die Zuwächse auf dem Bondmarkt deutlich niedriger ausfallen werden. Weil sich zudem die Zahl der Ausfälle deutlich erhöht hat, sollte der Auswahl der Schuldner und der Streuung in den nächsten Monaten ein deutlich höheres Gewicht beigemessen werden.
Bonität und Rendite

Schließlich meldet die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) für Unternehmensanleihen in diesem Jahr bereits 228 Zahlungsausfälle. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2008 waren es lediglich 67. Auch der weitere Ausblick ist düster: Die Analysten von S&P gehen in einer im August veröffentlichten Studie davon aus, dass die Ausfallrate bei spekulativen Bonds – mit einem Rating ab BB+ – für den Zeitraum April 2009 bis März 2010 auf 14,3% steigen wird. Sollte sich dies bewahrheiten, würde die bisherige Rekordmarke (12,5%) aus dem Jahr 1991 übertroffen werden. Trotz der gestiegenen Zuversicht in eine deutliche Erholung der Weltwirtschaft mahnen Experten daher zur Vorsicht: „Anleger sollten nicht vergessen, dass mit Unternehmensanleihen ein Totalverlust möglich ist. Gerade Anleihen im unteren Investmentgrade-Bereich, also mit einer Bonitätseinstufung von BBB, müssen genau analysiert werden“, so Petra Krause, Fondsmanagerin bei der Kapitalanlagegesellschaft HANSAINVEST.
Zeit für eine Exit-Strategie

Wer noch nicht in Firmenbonds investiert ist, sollte sich von den Performance-Kennzahlen der zurückliegenden Monate nicht verführen lassen. Unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten ist Festgeld mittlerweile wieder deutlich attraktiver: Die niederländische NIBC-Bank bietet derzeit beispielsweise 3,3% Zinsen auf dreijährige Festgeldkonten (10.000 Euro). Wer Wert auf die Zugehörigkeit zur deutschen Einlagensicherung legt und sich dafür mit 3% zufrieden gibt, hat die Wahl zwischen Mercedes-Benz Bank, Audi Bank direct und der Volkswagen Bank direct. Das ist mehr als die Rendite einer Allianz-Anleihe (WKN A0TR7K), die im März 2013 fällig wird oder eines BASF-Bonds (WKN A0T4DU), der im Dezember 2013 fällig wird. Das Allianz-Papier bringt derzeit 2,75% Rendite p.a. Die BASFAnleihe 3,09% p.a. Mehr gibt es nur für risikoreichere Bonds. Mit Blick auf die steigenden Ausfallraten sollten sich Anleger das aber sehr genau überlegen. Doch auch Anleger, die die derzeit heiß begehrten Firmenbonds bereits seit Längerem in ihren Depots liegen haben, sollten sich langsam mit Portfolioumschichtungen beschäftigen. Schließlich haben sie, durch die zwischenzeitlichen Kursgewinne, bereits einen Großteil der bis zum Laufzeitende möglichen Rendite eingefahren. Auch für diese Anleger kann es sich daher lohnen, die Kursgewinne durch einen Verkauf zu realisieren und das Geld auf einem Festgeldkonto zu parken. Dies sollte sich vor allem im Hinblick auf das nahende Ende der Niedrigzinspolitik der Notenbanken auszahlen.

Ende des billigen Geldes rückt näher

In der letzten Woche hat die amerikanische Zentralbank erstmals Bedingungen genannt, unter denen Zinserhöhungen erfolgen könnten. Zwar ist mit einem solchen Schritt auf Sicht der nächsten Monate nicht zu rechnen. Sobald für die Marktteilnehmer jedoch ein Zeitpunkt abzusehen ist, werden sich diese entsprechend positionieren und die Kurse der Anleihen unter Druck geraten. Weil der Bondhandel – gerade mit kurzfristigen Fälligkei – für die Banken aufgrund der günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten derzeit ein lukratives Geschäft ist, haben zahlreiche Institute große Bestände in die eigenen Bücher genommen. Steigende Zinsen dürften dem jedoch ein schnelles Ende bereiten und zusätzlichen Druck auf die Kurse der Bonds ausüben.

Fonds sind auch keine Lösung

Anleger, die aufgrund der oben erwähnten Liquiditätsschwemme mit einem Anziehen der Inflation gerechnet hatten, wurden bislang enttäuscht. Auch für 2010 wird ein solches Szenario immer unwahrscheinlicher. Darauf deuten zumindest Äußerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) hin, die ihre langfristigen Inflationserwartungen jüngst korrigiert hat. Für 2010 wird nun eine Inflationsrate von 1,2% (zuvor 1,1%) prognostiziert. Für 2011 lautet die Vorhersage unverändert auf 1,6% Jahresinflation. Die Werte liegen damit deutlich unter dem Zielwert von 2%. Inflationsgeschützte Anleihen, sogenannte Linkers, die im letzten Jahr besondere Beachtung fanden, sind damit immer weniger interessant. Wer mehr Rendite will, muss also zu Junkbonds greifen. Für ein Investment in dieses Segment eignen sich vor allem Fonds. Sie verteilen das Ausfallrisiko über viele Einzelpositionen und weisen daher gegenüber dem Direktkauf ein deutlich besseres Risikoprofil auf. Doch die Fondslösung bietet keinen Schutz bei einem allgemeinen Anstieg des Zinsniveaus. In diesem Fall sinkt der Fondskurs gemeinsam mit den Anleihekursen.