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Nach Corona: 5 Bereiche, auf die Anleger achten sollten

Der weltweite Corona-Ausbruch führt zu historischen Umwälzungen. Das könnte auch für Investoren tiefgreifende Veränderungen bedeuten – besonders in fünf Bereichen.

Ein Virus hält die Welt in Schach. Was kommt danach? Für Investoren dürfte sich manches ändern. (Foto: MaD Checkpoint / Shutterstock)

Der weltweite Corona-Ausbruch führt zu historischen Umwälzungen. Das könnte auch für Investoren tiefgreifende Veränderungen bedeuten – besonders in fünf Bereichen.

Langfristig orientierte Aktienanleger investieren ganz bewusst in den Wert, den ein Unternehmen voraussichtlich in Zukunft einmal erreichen wird. Deswegen ist es für sie wichtig, nicht nur auf die nächsten Wochen, sondern darüber hinaus auf die kommenden Monate und Jahre zu blicken. Die Chancen stehen gut, dass die Welt dann ganz anders aussehen wird als zu Beginn des Jahres 2020. Dies könnte für Anleger bedeuten, dass sich ihnen völlig neue Türen öffnen. Im Folgenden geht es um fünf Bereiche, die sich nach der Überwindung der globalen Gesundheitskrise, die in jeden Aspekt des täglichen Lebens hineinwirkt, wahrscheinlich neu orientieren werden – und die für Anleger von besonderer Wichtigkeit sein könnten.

1. Technologie für Social Distancing

Die Technologiebranche hatte vor der Krise gute Performancewerte und ist gut aufgestellt, um auch in Zukunft zu den Gewinnern zu zählen. Die Krise hat dynamische Trends in Gang gesetzt: Telearbeit, Online-Bildung, Online-Gaming und Streaming. Wir gehen davon aus, dass diese und viele weitere virtuelle Lösungen, die jetzt weit verbreitet sind und gut angenommen werden, noch schneller noch breitere Akzeptanz finden werden. Entsprechend wird auch die Nachfrage nach Software und Infrastruktur, auf denen diese Trends aufbauen, steigen. Darüber hinaus könnten auch andere technologische Lösungen profitieren, die ebenfalls Aktivitäten ohne menschlichen Kontakt erlauben. Zu denken wäre an Zustellungswege ohne Postbote, Telemedizin und E-Sport. Zudem dürfte auch 5G einen Aufschwung erleben, da die Geschwindigkeit der Datenübertragung immer wichtiger wird, wenn immer mehr Mitarbeiter immer häufiger außerhalb des Unternehmens tätig sind.

2. Global versus lokal

Da sich Länder immer stärker auf sich selbst konzentrieren und sich um ihre Bevölkerung und Wirtschaft kümmern, könnte der seit Jahrzehnten herrschende Trend zur Globalisierung von einem Trend zur Regionalisierung abgelöst werden. Die Handelsspannungen zwischen den USA und China hatten bereits Fragen aufkommen lassen bezüglich der Verortung globaler Lieferketten und möglicher Risiken durch regionale Konzentrationen. Das Coronavirus hat diese Fragen verstärkt in den Fokus gerückt. Lieferketten müssen sich vielfältiger aufstellen, um krisenfester zu werden. Viele Länder werden wahrscheinlich versuchen, die Produktion nach Hause zu holen. Aber der Wechsel von konzentrierten zu stärker diversifizierten Lieferketten wird mit Kosten verbunden sein. Die Unternehmen können diese Kosten entweder selbst tragen (was der Rentabilität schadet) oder sie an die Verbraucher weitergeben, indem sie höhere Preise für die Endprodukte verlangen (was die Inflation begünstigt). Außer um global versus lokal geht es auch um den Gegensatz zwischen Stadt und Land. Das COVID-19-Ausbruchsgeschehen war vor allem auf den städtischen Raum konzentriert, wo zugleich auch das wirtschaftliche Herz schlägt.

Die Rolle der Bürozentren wurde dadurch zurückgedrängt, da die Bevölkerung sich an die Peripherie bewegte und extern arbeitete. Von solchen Entwicklungen könnten ländlichere Regionen in mehrfacher Hinsicht profitieren. Wenn Produktion nach Hause zurückgeholt wird, so wahrscheinlich in bislang strukturschwächere Gebiete. Dass Telearbeit, also das ‚Home Office‘, zur Normalität wird, könnte es zudem immer mehr Menschen ermöglichen, aus den Ballungszentren wegzuziehen. Außerdem könnten für Menschen, die im Ruhestand sind und bislang kulturelle Metropolen als Wohnort bevorzugten, die Nachteile dicht besiedelter Zonen überwiegen, weswegen sie in ländlichere Regionen abwandern.

3. Die Bilanzen überdenken

Was wir unter einer „soliden Bilanz“ verstehen, muss unter Umständen überdacht werden. Unternehmen sind darauf vorbereitet, Rezessionen zu überstehen, nicht aber auf Monate, in denen sie gar keinen Umsatz machen. Es ließ sich beobachten, dass einige Unternehmen in stark betroffenen Branchen Dividenden gekürzt und versucht haben, auf diese Weise Kapital zu beschaffen und ihre Liquidität zu erhöhen. Viele dieser Unternehmen hatten zu hohe Schulden. Vielleicht weil sie Übernahmen getätigt und dafür ihre Bilanzen aufgebläht haben. Aus unserer Sicht wird es beim Einsatz von Fremdkapital zu einer Neubewertung kommen.

In der Folge könnte ein Rückgang der Fusionen und Übernahmen (M & A) erfolgen, die in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Andererseits könnten die Überprüfung der Bilanzen sowie jüngste Forderungen nach einer Beschränkung von Aktienrückkäufen auch dazu führen, dass die überschüssigen Barmittel auf Unternehmensebene in Fusionen und Übernahmen fließen. Wir behalten diese beiden widerstreitenden Trends im Auge. In jedem Fall aber gehen wir davon aus, dass Institutionen, die über ausreichend Liquidität verfügen, in der Lage sein könnten, einige außergewöhnliche Transaktionen mit Unternehmen zu tätigen, die im Zuge der Krise Liquidität benötigen.

4. Trend zu Nachhaltigkeit

Unserer Ansicht nach ist die Coronakrise ein entscheidender Moment für Anlagen mit Fokus auf Umwelt Soziales und Governance (ESG). Ob sich einzelne Unternehmen in der Krise sozial verhalten haben, wird in Erinnerung bleiben und diejenigen geschäftlich besserstellen, von denen Mitarbeiter, Kunden und Communitys glauben, dass sie sich in dieser schwierigen Zeit richtig verhalten haben. Außerdem mahnt die Pandemie: Wenn es um eine Konfrontation zwischen Mensch und Natur geht, behält die Natur meist die Oberhand. Wenn die Menschen zunehmend verstehen, dass es wichtig ist, der Natur einen gesunden Respekt entgegenzubringen, könnte dies einen Wendepunkt bei Umweltfragen wie dem Klimawandel bedeuten.

Wir sehen ESG als Thema, das sich dauerhaft am Markt etablieren wird. Dabei wird es nicht mehr nur um Kontroversen und Abwärtsrisiken gehen, sondern zunehmend auch um die Auswirkungen ESG-bezogener Themen auf Fundamentaldaten und Bewertungskennzahlen von Unternehmen. Die Anleger, so scheint es, sind sich dessen bereits bewusst: Nachhaltige Strategien haben im jüngsten Abschwung eine Outperformance erzielt und ziehen weiterhin Kapital an.

5. Freizeit zurückerobern

Freizeitaktivitäten werden wahrscheinlich noch eine ganze Weile unter Druck stehen – Corona lastet schwer auf den Herzen und Köpfen weltweit. Sobald jedoch ein Impfstoff zur Verfügung steht, erwarten wir einen gesunden Aufschwung im Bereich der Urlaubsreisen. Wenn wieder Normalität einkehrt, werden die Menschen wieder in die Welt reisen und das Leben in vollen Zügen genießen wollen. Es lohnt sich, hier einen Blick zurück zu werfen: Nach dem Ersten Weltkrieg beherrschte die Spanische Grippe über zwei Jahre hinweg das Geschehen – aber darauf folgten die Roaring Twenties und mit ihnen der Wunsch zu vergessen. Im Bereich beruflich bedingter Reisen könnte es anders aussehen. Die Unternehmensleitungen haben jetzt den Beweis, dass Videokonferenzen sowohl eine effektive als auch wirtschaftlich effiziente Alternative zu persönlichen Treffen und Veranstaltungen sind. Möglicherweise wird die Anzahl an Geschäftsreisen nie wieder das Level erreichen wie vor der Pandemie.

Der Tag wird kommen, an dem Corona Vergangenheit ist. Wir alle sehnen ihn herbei. Im Rückblick wird man die Zeiten, die wir gerade erleben, aus Investorensicht unter Umständen vor allem als Kaufgelegenheit für Aktien bewerten. Dies zu erkennen ist die eigentliche Aufgabe aktiven Managements – denn es geht darum, über den Moment hinauszublicken, kritisch über die Welt nachzudenken und in ihr künftiges Potenzial zu investieren.

Von Tony DeSpirito, Chief Investment Officer für U.S. Fundamental Active Equity bei BlackRock

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