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Nachhaltige Investments - Zwischen Ökologie und Ökonomie

Die Zahl der Menschen, die bei ihren Anlageentscheidungen soziale und ökologische Kriterien berücksichtigt wissen wollen, steigt. Das Volumen grüner Anlagen wächst aber nur langsam. Große wie kleine Anleger haben derzeit vor allem Angst um ihr Geld - ziehen daraus aber unterschiedliche Schlüsse. 

BÖRSE am Sonntag

Nach ethischen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten getätigte Investments werden international unter den Begriffen Socially Responsible Investments (SRI) beziehungsweise Environment, Social, Governance (ESG) zusammengefasst. Hierzulande wird dafür der Oberbegriff nachhaltige Anlagen verwendet. Vielfach werden auch die Bezeichnungen grünes Geld, grüne Investments, beziehungsweise Öko-Fonds gebraucht, die genau genommen aber nur einen Teilaspekt abdecken.

Lieber sozial als ökologisch

Denn um nachhaltige Investitionen handelt es sich, wenn neben wirtschaftlichen Aspekten, wie beispielsweise Gewinnmarge und KGV, auch die Art und Weise, wie der Gewinn erwirtschaftet wird, von Bedeutung ist. Dazu gehören aber nicht nur ökologische Kriterien, sondern - wie im englischen Ausdruck Environment, Social, Governance zum Ausdruck kommt - auch soziale und ethische Belange. Tatsächlich spielen letztere bei privaten Anlegern offenbar eine besonders große Rolle: „So halten 58% der Befragten, die ihr Vermögen in eine nachhaltige Geldanlage investieren würden, soziale Aspekte im Vergleich zu ökologischen für wichtiger“, teilt Union Investment anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit mit. „Insbesondere für junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren (65%) und Frauen (66%) hat die soziale Komponente höchste Priorität. Das Interesse an ökologischen Kriterien hingegen ist nach einem zwischenzeitlich leichten Anstieg im Zusammenhang mit dem Atomunfall in Fukushima wieder abgeflacht“ so Union Investment. Insgesamt steigt das Interesse der Privatanleger in Deutschland signifikant an: „Hielten im zweiten Quartal 2011 lediglich 31% nachhaltige Geldanlagen für attraktiv, sind es im ersten Quartal 2012 bereits 38%, so viele wie seit Beginn der Erhebung Anfang des Jahres 2010 nicht“ so Union Investment weiter.

Unterschiedliche Reaktionen auf Finanzkrise

Während der Anteil der Privatanleger, die sich für nachhaltige Anlagen interessieren, somit weiter wächst, stellt sich die Lage bei den Großanlegern völlig anders dar: So gaben in einer weiteren Union-Investment-Befragung „diesmal weniger Investoren an, Nachhaltigkeitskriterien bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen.“ Die Zustimmung sank deutlich von 64% auf nur mehr knapp 50%. Die gegensätzliche Entwicklung beruht dabei auf der gleichen Ursache: „Die Anleger machen sich derzeit Sorgen um ihre Ersparnisse und suchen nach adäquaten Anlagealternativen. Nachhaltige Geldanlagen sind dabei eine Option“, kommentiert Giovanni Gay, Geschäftsführer von Union Investment, den Anstieg bei den Privatanlegern. Demgegenüber erklärte Alexander Schindler, Vorstandsmitglied bei Union Investment und verantwortlich für das Geschäft mit institutionellen Kunden: „Die aktuellen Ergebnisse lassen darauf schließen, dass in der Beurteilung nachhaltiger Investmentstrategien eine gewisse Verunsicherung eingetreten ist. Darüber hinaus haben sich anscheinend bei einer Reihe von Investoren im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise die Prioritäten verschoben, da in Anbetracht des schwierigen Marktumfeldes die Sicherung des benötigten Mindestertrags alles andere dominieren dürfte.“

Gefährliche Entwicklung

Besonderes Gewicht erhalten die divergierenden Reaktionen auf die anhaltende Finanzkrise aufgrund der Tatsache, dass bislang der größte Teil der nachhaltigen Anlagen hierzulande auf institutionelle Investoren entfiel. Wenn diese Gruppe nun am dauerhaften Erfolg – beziehungsweise der langfristigen Überlegenheit – zweifelt, ist dies ein Alarmsignal. Dies gilt umso mehr, weil nachhaltige Investments einen Beitrag zur Risikoreduktion leisten können: "Wir müssen weiter daran arbeiten, den ökonomischen Nutzen dieser Ansätze – vor allem im Risikomanagement – zu vermitteln" so Schindler weiter. Dass dies auch in der Praxis der Fall ist, belegt eine Studie der Deutsche Performancemessungs-Gesellschaft (DPG): „Die nachhaltig geführten Konzerne weisen sogar ein etwas geringeres Risiko auf als der konventionelle MSCI-Referenzindex“. Doch es kommt noch viel besser.

Gute Performance mit Öko-Aktien

Im Rahmen der Untersuchung wurde über einen Zeitraum von sieben Jahren die Entwicklung des MSCI-World-Index mit dem Prime Portfolio - der auf nachhaltige Anlagen spezialisierten Ratingagentur Oekom – verglichen: "Das Oekom Portfolio erzielte eine um 15,30% bessere Rendite", so DPG-Geschäftsführer Hans Pieper. Während die Papiere nachhaltiger Unternehmen zwischen 2004 und Ende 2011 unter dem Strich eine Rendite von 30,90% erwirtschaftet haben, kam der MSCI World lediglich auf 26,90%! Damit konnte bereits zum wiederholten Mal das Vorurteil widerlegt werden, nachdem ein gutes Gewissen mit einem Rendite-Abschlag erkauft werden muss. Ja, sogar das Gegenteil ist der Fall: Je strenger die Nachhaltigkeitskriterien, desto besser die Anlageergebnisse. Diesen Zusammenhang bestätigte die Beratungsgesellschaft Mercer, die 36 Studien aus verschiedenen Zeiträumen ausgewertet hat.

Den Richtigen finden

Angesichts dieser Zusammenhänge verwundert es kaum, dass die Nachhaltigkeitskriterien von Oekom mit als die strengsten weltweit gelten. Das untersuchte Portfolio der Spezialisten ist bislang jedoch nicht direkt investierbar. Wer sich daran orientieren möchte, kann sich Produkte der Nord-LB wie den Global Challenges Index-Fonds (WKN: A0LGNP) näher ansehen. Als besonders strenge beziehungsweise konsequente Umsetzungen gelten zudem der im Jahr 1997 gestartete Natur-Aktien-Index (NAI), sowie der älteste Nachhaltigkeitsindex überhaupt, der Domini 400 Social. Wer sich bei seinen Anlageentscheidungen an Produkte hält, die auf diesen Indizes basieren, ist mithin auf einem guten Weg. Mit dem Solactive NAI Top Select (WKN: DB2NA1) der Deutschen Bank, können Anleger etwa bequem auf den hiesigen Branchenpionier setzen. Insgesamt waren am 31.03.2012 nach Informationen des Sustainable Business Institute (SBI), 375 nachhaltige Publikumsfonds in Deutschland, Österreich und/oder der Schweiz zum Vertrieb zugelassen.

Transparenz ist gefragt

Doch nicht jeder Fonds, der die Schlagwörter Nachhaltigkeit, Öko, SRI & Co. im Namen führt, wird diesen Ansprüchen auch gerecht. "Mit dem Begriff Nachhaltigkeit wird ein Haufen Schindluder getrieben", warnte der Wirtschaftswissenschaftler Bruno S. Frey, von der Universität Zürich, in einem Interview mit der Zeitschrift Öko-Test. Das beste Beispiel ist laut Frey der Fall BP: Nach der gigantischen Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko stellte sich heraus, dass der Öl-Multi in vielen sogenannten Ökofonds vertreten war. Nach Recherchen von Öko-Test zählten die Aktien bei 13 dieser Vehikel Anfang 2010 jeweils sogar zu den zehn größten Positionen. Nicht nur private Anleger klagen daher über eine zunehmende Verunsicherung hinsichtlich der Verlässlichkeit der Auswahlkriterien und des Auswahlprozesses selbst. Um solch unangenehmen Überraschungen künftig vorzubeugen, veröffentlichen rund 40 Investmentfonds seit kurzem nach einer einheitlichen Systematik, die das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) entwickelt hat, ihren Auswahl- und Investmentprozess. Die sogenannten FNG-Fondsprofile stehen auf der Homepage des Sustainable Business Instituts www.nachhaltiges-investment.org zum kostenlosen Download bereit.

Fazit:

Die Bedeutung nachhaltiger Investments wird zukünftig weiter zunehmen. Wie die aktuellen Studienergebnisse zeigen, ist diese wünschenswerte Entwicklung allerdings kein Selbstläufer. Es muss deutlich mehr für die Transparenz auf diesem Markt getan werden. In der Zwischenzeit sollten Anleger auf Produkte zurückgreifen, die sich eng an den am strengsten gemanagten Benchmarks orientieren.