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Schiffsfonds in schwerer See

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ist auch einer der größten Gewinner der Globalisierung ins Trudeln geraten: Die Nachfrage nach Frachtraum ist in den letzten Monaten zum Teil dramatisch eingebrochen - und die Fracht- und Charterraten befinden sich im freien Fall. Eine Entwicklung, die auch die hierzulande äußerst beliebten Schiffsfonds in Bedrängnis bringen.

BÖRSE am Sonntag

So zwingt die Krise bereits einige Fondsinitiatoren dazu, neue Schiffe im eigenen Bestand zu halten oder weit unter ihrem Einstandspreis los zu schlagen. Zum Beispiel entschied sich das Traditionshaus Hansa Treuhand kürzlich dafür, das Beteiligungsangebot „HS Chopin“ vom Markt zu nehmen, weil das notwendige Eigenkapital nicht eingeworben werden konnte.

Nach dem Boom der letzten Jahre ist dies für die erfolgsverwöhnte Branche eine neue Erfahrung. In absoluten Zahlen werden die Auswirkungen noch deutlicher: So hat sich das geplante Platzierungsvolumen im Erstmarkt für geschlossene Schiffsfonds im ersten Quartal 2009 um 52% auf 469 Mio. Euro verringert.

Frachtraten auf Talfahrt

Jahrelang haben Banken, Initiatoren, Werften und Häfen, aber auch die Anleger von der starken Zunahme des Welthandels profitiert. Doch Mitte 2008 gerieten die Warenströme ins Stocken, plötzlich waren rückläufige Gütermengen zu verzeichnen. Weil parallel dazu immer mehr Schiffe – die in den Boomzeiten geordert worden waren – vom Stapel liefen, rauschten die Frachtraten in den Keller. Noch am 20. Mai 2008 markierte die Benchmark für Frachtraten, der Baltic Dry Index (BDI), mit 11.793 Punkten ein Allzeithoch. Danach ging alles sehr schnell: Bereits am 13. Juni 2008 schloss der BDI wieder unter der Marke von 10.000 Punkten (9.646 Punkten). Am 11. September 2008 wurde die 5.000-Punkte-Marke unterschritten und am 28. Oktober 2008 die 1000er-Marke. Der Tiefststand wurde Anfang Dezember erreicht, zu diesem Zeitpunkt hatte der Index über 90% verloren!

Seetaugliche Beteiligungen

Eine Entwicklung, die gerade junge und neu aufgelegte Schiffsfonds zu spüren bekamen. Denn in der Regel werden Fondsschiffe meist langfristig vermietet. Bei dieser Konstruktion sammeln Fondshäuser Kapital von Anlegern in geschlossenen Fonds und finanzieren damit den Neubau, Ankauf oder auch den Betrieb von Schiffen. Diese werden an internationale Reedereien verchartert, die Ausschüttungen sind von den daraus erzielten Einnahmen abhängig. Über den Schiffsfonds erzielt der Anleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die langfristige Ertragskraft eines solchen Investmentvehikels hängt stark vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf den Teilmärkten für Tanker- und Containerkapazitäten ab. Momentan sind aber viele Schiffe ohne Beschäftigung oder können nur kurzfristig und für einen sehr niedrigen Charter vermietet werden. Weil die Preise für neue Schiffe in den fetten Jahren deutlich gestiegen sind, kämpfen neue Fonds nicht nur mit niedrigeren operativen Erträgen, sondern gleichzeitig auch mit höheren Fremdkapitalkosten. Denn eigenkapitalfinanziert sind bei einem solchen Fonds in der Regel nur zwischen 35% und 45% des Schiffs, der Rest kommt von einer Bank. Eine Kombination, die so manche Kalkulation ins Wanken bringt. Doch gerade in diesem schwierigen Umfeld bieten sich versierten Anlegern auch Chancen.

Chancen bei Zweitmarktfonds

So gibt es immer noch eine Vielzahl an Schiffsbeteiligungen, die nach wie vor schöne Gewinne einfahren: „Statt in neue Schiffsbeteiligungen einzusteigen, sollten sich Anleger derzeit unter fachkundiger Expertise besser auf dem Zweitmarkt umschauen“, so Jürgen Raeke, Geschäftsführer Berenberg Capital kürzlich in einem Interview. Nach Meinung von Experten sind vor allem schuldenfreie und Schiffe mit bestehenden, langfristigen Charterverträgen interessant. Weil in der Vergangenheit zudem vor allem Containerschiffe bestellt und gebaut wurden, ergeben sich in anderen Teilsegmenten, beispielsweise bei Mehrzweckfrachtern oder Plattformversorgungsschiffen, ebenfalls interessante Chancen. Denn der Rückgang der Frachtaufträge schlägt sich aufgrund der Überkapazitäten besonders in einem bestimmten Segment nieder: Mehr als 10% der weltweiten Containerschiffsflotte liegt unbeschäftigt vor Anker. Wer sich mit der schwierigen Auswahl nicht selbst beschäftigen möchte, kann auf sogenannte Zweitmarktfonds zurückgreifen. Diese Produkte treten mit dem Anspruch an, dass nur solche Schiffsfondsanteile angekauft und in den Paketen gebündelt werden, bei denen der Preis zur aktuellen Wirtschaftlichkeit passt. Anders ausgedrückt: Fondsobjekte, die auch im derzeitig schwierigen Marktumfeld profitabel operieren, sind weiterhin gefragt und besitzen bei einer wirtschaftlichen Erholung das größte Aufwärtspotenzial. Dies ist leicht nachvollziehbar, weil sich die Verbesserung der Charterraten (bei ansonsten unveränderten Bedingungen) fast 1:1 in der Rendite niederschlägt. Die Branche wirbt daher mit Ausschüttungen in Höhe von 6%-8% pro Jahr. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die (See) Wirtschaft in den nächsten Jahren wieder deutlich erholt.

Ein jeder ist ein Reeder

Die Schiffsinvestments sind zudem in der Regel nicht von der Abgeltungsteuer betroffen: „Anlagen in geschlossene Schiffsbeteiligungen werden von der Abgeltungsteuer nicht erfasst, sondern unterliegen der Tonnagesteuer. Im Rahmen der Tonnagebesteuerung werden Erträge aus Schiffsfonds nicht nach den tatsächlichen Gewinnen besteuert, sondern pauschal nach der theoretischen Transportkapazität. Für den Anleger bedeutet das eine nahezu steuerfreie Ausschüttung – gerade 2009 ein starkes Argument angesichts der Abgeltungsteuer“, erläutert Ingo Pfeil, Pressesprecher und Leiter Öffentlichkeitsarbeit HCI. Grund für diese Sonderstellung ist das Doppelbesteuerungsverbot: Durch die Tonnagesteuer, die für vercharterte Schiffe ohnehin gezahlt werden muss, können die Gewinnausschüttungen auch nach 2009 fast steuerfrei vereinnahmt werden, weil diese bereits bei der Betreibergesellschaft versteuert wurden und beim Anleger ebenfalls als Gewinne aus einer unternehmerischen Beteiligung gelten. „Die gewerbliche Natur der erzielten Einkünfte bei einer Vielzahl geschlossener Fonds ist daher der Hauptgrund, warum diese nicht unter die kommende Abgeltungsteuer fallen werden“, so Pfeil weiter. In der derzeitigen Situation könnte sich der Steuervorteil allerdings auch negativ auswirken: Denn die pauschal ermittelte Tonnagesteuer wird auch bei ausbleibenden Ausschüttungen fällig. Kann die Steuer nicht mit der Ausschüttung verrechnet werden, muss der Anleger diese aus seinem Privatvermögen begleichen.

Ausblick

Mittlerweile deuten aber einige Frühindikatoren auf eine wirtschaftliche Erholung hin. So hat sich neben den Kupferpreisen auch der BDI deutlich erholt und notiert mit 1800 Punkten fast doppelt so hoch wie Anfang Dezember 2008. Auch das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in Bremen sieht wieder Licht am Horizont: Für 2009 wird ein Wachstum des Seehandels um 0,5% und für 2010 um 3% erwartet. Bei den Frachtraten macht der Direktor des Instituts, Manfred Zachcial, ebenfalls Chancen auf eine Erholung aus: „Mit Stilllegungen, Stornierungen zu viel georderter Neubautonnage bei den Werften und der attraktiver gewordenen Verschrottung alter Frachter kann sich das Einkommen der Schiffe wieder erholen.“

FAZIT

Auch wenn interessierte Anleger bei Schiffsinvestments zukünftig selektiver vorgehen sollten, bleibt die Assetklasse nach wie vor interessant: Anlegern, die an eine rasche Erholung glauben, bietet sich auf dem derzeitigen Niveau – insbesondere bei älteren, gut gemanagten, „gebrauchten“ Fonds – eine attraktive Einstiegsgelegenheit.