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Shootingstars zum Schleuderpreis

Der Absturz der Rohstoffpreise und die Ausbreitung der Wirtschaftskrise rissen im zweiten Halbjahr 2008 auch die Emerging Markets in die Tiefe. Mutigen Anlegern bieten sich auf dem deutlich ermäßigten Niveau nun interessante Gelegenheiten. Denn getreu dem Motto, wer höher fliegt, fällt tiefer, erwischte es die einstigen Überflieger sogar besonders hart.

BÖRSE am Sonntag

Eine Erfahrung , die auch die schon als neue Weltwirtschaftsmächte gehandelten Staaten Brasilien, Russland, Indien und China machen mussten. Ende 2008 erwiesen sich deren Aktienmärkte als die Verlierer des Jahres. Der DAXglobal BRIC Index verzeichnete beispielsweise ein Minus von 54% und der russische RTX (US-Dollar) verlor seit dem Höchststand im Mai 08 bis heute sage und schreibe 77%! Zum Vergleich: Der DAX hat 2008 „nur“ um rund 40% nachgegeben. Für die Gesamtheit der Emerging Markets endet damit ein langer Bullenmarkt: Nachdem der MSCI Emerging Markets Index in den letzten fünf Jahren um rund 400% zulegen konnte, brach der Leitindex der Schwellenländer in einem einzigen Jahr um 53% ein.

Nacht ohne Morgen?

Entsprechend schlecht fällt die jährliche Feri-Analyse für Schwellenländerfonds aus. Kein einziges Produkt konnte 2008 einen Wertzuwachs erzielen. Stattdessen weisen die insgesamt 138 untersuchten Fonds einen Verlust von durchschnittlich rund 54% aus! Selbst Spitzenprodukte – wie der von Christopher Morrell gemanagte Emerging Markets Alpha Fund von JP Morgan (WKN: A0J300) – verloren in den letzten 12 Monaten 42%. Außer durch die enorme Volatilität und den Anstieg der Korrelation zeichnet sich die derzeitige Situation durch einen weiteren Umstand aus. Während bei früheren Turbulenzen, wie der Asien- oder der Russlandkrise, die Ursachen stets in den Emerging Markets selbst lagen, geht der Schock diesmal von den USA, also der führenden Wirtschaftsnation, aus. Die Schwellen- und Entwicklungsländer sind daher gleich auf mehreren Ebenen betroffen: So kommt zu den drastischen Einbrüchen der Rohstoffpreise und einer wegbrechenden Nachfrage durch die Industrieländer bei nahezu allen Gütern und Dienstleistungen auch eine ungeahnte Risikoaversion der Investoren hinzu, die ihr Geld in vermeintlich sicherere Häfen umschichten und dadurch zusätzliche Währungsabwertungen auslösen. Am stärksten betroffen sind bislang Mexiko, für das der UN-Bericht „Worlds Economic Situation and Prospects 2009“ ein Schrumpfen von 1,2% vorhersagt, und Brasilien, wo die Wirtschaft mit 0,5% stagnieren soll. Insgesamt gehen die Autoren jedoch davon aus, dass die Schwellenländer 2009 insgesamt noch um 2,7% wachsen werden – nach 7% 2007 und 5,9% 2008. Für einige Volkswirtschaften könnte dies zwar zu wenig sein – so benötigen Russland und China ein deutlich höheres Wachstum, um die soziodemographischen Spannungen einigermaßen überbrücken zu können – doch mittelfristig sind die Aussichten nach wie vor intakt.

Antizyklisches Handeln gefragt

Gerade die großen Schwellenländer haben sich in den letzten Jahren strukturell enorm verbessert, und nicht nur die Märkte sind dort transparenter und besser reguliert, auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Ausbildung der Bevölkerung und die Infrastruktur entsprechen mittlerweile westlichen Standards. Dazu kommt, dass diese Länder beachtliche Devisenreserven anhäufen konnten – China verfügt über rund 1.900 Mrd. US-Dollar, Russland über rund 437 Mrd. US-Dollar und Indien über 246 Mrd. US-Dollar – und eine deutlich niedrigere Verschuldungsquote aufweisen als die westlichen Industrienationen. Positiv entwickelt sich weiterhin auch der Binnenkonsum in Brasilien, Russland, Indien und China. „Wir glauben auch, dass eine wachsende Mittelschicht und Konsumentenzahl, steigende Produktivitätsniveaus und generell schnelleres Wirtschaftswachstum die Erholungsgeschichte dieser Regionen unterstützen sollten“, so Bob Doll, Chief Investment Officer von BlackRock, in seinem Jahresausblick. Zusammengenommen verfügen diese Länder damit über einen deutlich größeren Handlungsspielraum, um mit der Krise fertig zu werden, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Weil auch die Bewertungen in den Schwellenländern mittlerweile auf ein extrem niedriges Niveau zurückgefunden haben, könnte sich ein Einstieg nun lohnen: „Praktisch alle Bewertungskennzahlen der Schwellenländer sind inzwischen auf den Stand von 2002 gesunken, wenngleich die langfristigen Fortschritte weiterhin intakt sind“, so Morrell. In diesem Fall könnten sich die momentanen Aktienkurse in einzelnen Schwellenländern als guter Einstiegszeitpunkt erweisen. Besonders bullish zeigen sich in diesem Zusammenhang die Experten von Morgan Stanley. Anfang Dezember verkündete der Chefstratege für die Emerging Markets in London, dass sich die Aktienmärkte der Schwellenländer 2009 wieder massiv erholen werden und gemessen am MSCI Emerging Markets über ein Aufwärtspotenzial von rund 60% verfügen.

Schwellenländer aktiv angehen

Für Anleger, die an den langfristigen Aufstieg der Schwellenländer glauben, bieten sich aktiv gemanagte Fonds an. Denn während es aktiven Fondsmanagern in effizienten Märkten, wie Amerika oder Europa, sehr schwer fällt, die jeweiligen Benchmarks zu schlagen, dreht sich das Bild auf den weniger entwickelten Märkten um: Nur 8% der Fonds, die in europäische Standardwerte investieren, können beispielsweise den MSCI Europe Index über 10 Jahre schlagen. Während dieser Wert bei Fonds mit Fokus auf amerikanische Bluechips (Benchmark S&P 500) mit 12% nur leicht höher liegt, konnten sich Anleger mit global investierenden Schwellenländerfonds bei fast der Hälfte der angebotenen Produkte über eine Outperformance gegenüber dem MSCI Emerging Markets freuen. Neben dem JPM Emerging Markets Alpha Plus (WKN: A0J300) und dem First State Global Emerging Markets (WKN: A0BKZD) gehörten 2008 der SSgA Emerging Middle East & Africa (WKN: 213837) sowie der Schroder Emerging Markets Opportunities (WKN: A0MNPW) 2008 zu den besten fünf Emerging-Markets-Fonds. Bei möglichen Investitionen sollten Anleger daher auf Fondsmanager mit Schwellenländererfahrung und den Anlageschwerpunkt achten. Denn auch wenn die Bewertung beispielsweise russischer Aktien – Median der KGVs im RTS zwischen zwei und drei – schon fast auf Ramschniveau liegt, sind die Risiken aufgrund der volkswirtschaftlichen Risiken enorm.

Rückenwind durch neue Straßen

Auch die Konjunkturpakete, die derzeit weltweit geschnürt werden, dürften an den Emerging Markets nicht spurlos vorübergehen. So stemmt sich allein die chinesische Regierung mit einer Summe von rund 420 Mrd. Euro gegen den Abschwung und auch Russland dürfte kaum um staatliche Investitionen herumkommen. Zumal der Ausbau der Infrastruktur in diesen Ländern bereits jetzt um Jahre hinterherhinkt und ein enormer Nachholbedarf besteht. Auf diese Weise sollten erhebliche Teile der gigantischen Devisenreserven in die Modernisierung der maroden Infrastruktur fließen. Wer auf diese spezielle Kombination setzen möchte, dem bietet der Clariden Leu Infrastructure Fonds (WKN: A0JD2S) eine interessante Anlagemöglichkeit. Denn im Gegensatz zu anderen Infrastrukturfonds investiert das Fondsmanagement stark in Aktien aus Emerging Markets – zeitweise bis zu 50% des Fondsvolumens. Eine indirekte Form, um an den geplanten Infrastrukturinvestitionen zu partizipieren, bei gleichzeitig geringerem Risiko, bietet der Schroder ISF Emerging Markets Debt Absolute Return (WKN: 933358). Hierbei handelt es sich um einen aktiv verwalteten Fonds mit dem Anlageziel, unabhängig von Marktbedingungen Mehrwert zu generieren. Der Fonds investiert in Schwellenländer- Obligationen – also Anleihen, die direkt von den Staaten begeben werden, um solche Investitionen zu finanzieren. Im Unterschied zu anderen Produkten, die den Zusatz Absolute Return im Namen tragen, wird der Schroder Fonds seinem Namen voll gerecht: In den letzten 12 Monaten bescherte der Fonds seinen Anlegern ein Plus von fast 9%. Wer es richtig exotisch mag und um Aktien einen Bogen machen möchte, legt sich einen Fonds ins Depot, der mit den Währungen der Schwellenländer spekuliert. Aufgrund der Turbulenzen an den Finanzmärkten fuhr zwar auch der ISI Emerging Market Local Currency Bonds (WKN: A0LBEL) ein dickes Minus ein – sollte sich die Risikobewertung der Investoren aber wieder normalisieren und die volkswirtschaftlichen Rahmendaten wieder mehr Beachtung finden, könnte sich ein Engagement lohnen.