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Starker Jahresstart für Schwellenländer-Aktien

Anlagen in den wachstumsstarken Schwellenländern schneiden 2018 bislang sehr gut ab. Nicht zuletzt ein schwacher US-Dollar stützt die positive Entwicklung. Kann das so weiter gehen? Martin Lück, Chief Investment Strategist bei BlackRock, blickt voraus und sieht trotz Risiken noch Luft nach oben.

BÖRSE am Sonntag

Anlagen in den wachstumsstarken Schwellenländern schneiden 2018 bislang sehr gut ab. Nicht zuletzt ein schwacher US-Dollar stützt die positive Entwicklung. Kann das so weiter gehen? Martin Lück, Chief Investment Strategist bei BlackRock, blickt voraus und sieht trotz Risiken noch Luft nach oben.

Dass Schwellenlandaktien bisher in diesem Jahr am besten abgeschnitten haben, mag auf den ersten Blick kaum überraschen, wird doch in diesen Teilen der Welt inzwischen der größte Beitrag zum globalen Wachstum erwirtschaftet. Immer stärker ist der Welthandel in den letzten Jahren integriert worden, inzwischen macht er rund die Hälfte der globalen Wertschöpfung aus. Davon profitieren Schwellenländer am meisten, sei es als Produzenten industrieller Zwischen- und Endprodukte oder als Lieferanten von Rohstoffen.

Weitere Unterstützung erfuhr die relative Attraktivität von Schwellenlandanlagen durch die überraschende Schwäche des US-Dollar seit Jahresbeginn, was den Aktien der entsprechenden Unternehmen geholfen haben dürfte. Insofern ist die gegenwärtige Situation eines gleichzeitig starken Wachstums in Amerika, Europa und Asien, in Kombination mit einem moderat bewerteten US-Dollar, die beste aller Welten für die Schwellenländer. Anleger in diesen Ländern haben daher überdurchschnittliche Erträge erzielen können, und wir erwarten, dass dieses Bild bis auf weiteres intakt bleibt.

Aber die globale Gemengelage ist zuletzt fragiler geworden. So wissen wir, dass Schwellenländer vor allem dann bei Anlegern en vogue sind, wenn generell eine risikofreundliche Grundhaltung vorherrscht, und nach dem kräftigen Rücksetzer von Anfang Februar sind Anleger diesbezüglich weltweit wachsamer geworden. Die Stimmung könnte also kippen, sollten stärker als erwartet steigende US-Zinsen den Dollar innerhalb eines kurzen Zeitraums markant aufwerten und gleichzeitig Investoren risikoscheuer werden lassen.

Die Rolle der USA und der Schutzzölle

In diese wackliger gewordene Balance zwischen Chance und Risiko in Schwellenländern platzt einmal mehr die US-Innenpolitik. In der Tat halten wir die von US-Präsident Trump initiierte Debatte um Sinn und Unsinn von Handelskriegen einerseits für ein Ablenkungsmanöver von den immer bedrohlicher werdenden Russlandermittlungen, andererseits für ein Zeichen dafür, dass der Wahlkampf mit Blick auf die Kongresswahlen im November nun endgültig begonnen hat. Aber unabhängig davon, dass Trump wohl ernsthaft glaubt, er müsse die US-Industrie mit Zöllen vor unfairem Wettbewerb seitens der Europäer und Asiaten schützen, stellt diese Debatte einen zusätzlichen Risikofaktor für die Schwellenländer dar. Denn sollte sich der Welthandel infolge der Einführung von Zöllen drastisch abkühlen, dürften Unternehmen in Schwellenländern, die von genau diesem Handel überdurchschnittlich profitieren, die Hauptleidtragenden sein.

Indien auf dem Vormarsch

In einer derartigen Konstellation rücken Märkte in den Fokus, die weniger anfällig erscheinen, zum Beispiel Indien. Der Subkontinent mit seinen gut 1,3 Milliarden vorwiegend jungen Menschen hat sich still und leise zur – in US-Dollar gerechnet – achtgrößten Volkswirtschaft weltweit entwickelt und dürfte in diesem Jahr Großbritannien und Frankreich überholen (Bruttoinlandsprodukt, Trading Economics, Stand April 2018).

Die seit 2014 amtierende Regierung unter Narendra Modi hat erhebliche Erfolge erzielt im Bestreben, die Volkswirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, Subventionen zu kürzen und die Korruption zu bekämpfen. Ende 2016 wurde durch Abschaffung der 500- und 1000-Rupien-Scheine ein mutiger Schlag gegen die Schattenwirtschaft geführt, die manche auf bis zu 70 Prozent des offiziellen BIP schätzen (BlackRock Investment Institute, April 2018), ohne dass dies – zumindest in den amtlichen Statistiken – im Folgejahr eine starke Abbremsung des Wachstums provoziert hätte. Die Volkswirtschaft legte nach ebendiesen Statistiken weiter mit einer Rate von rund sieben Prozent zu, der höchsten unter den großen Schwellenländern (OECD, Stand 2017). Die Gewinne gelisteter indischer Unternehmen für die nächsten 12 Monate werden gemäß Analystenschätzungen um 21 Prozent wachsen, deutlich stärker als im MSCI World (13 Prozent laut Bloomberg, Stand März 2018).

Was aber indische Aktien im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Angst vor einem Handelskrieg besonders interessant macht, ist die geringere Korrelation der Volkswirtschaft mit dem globalen Wachstumszyklus, verglichen etwa mit China oder den großen Rohstoffexporteuren. Die entgegen dem allgemeinen Schwellenlandtrend schwache Performance indischer Aktien könnte sich demnach bald relativieren.

Natürlich schauen Anleger weiterhin mit Argusaugen auf den Dollarkurs. Erinnern wir uns: Im Frühjahr 2013, als der damalige Fed-Chairman Bernanke erstmals vom ‚Tapering‘ sprach und deutlich höhere US-Zinsen sowie das berühmte ‚Taper Tantrum‘ in den Schwellenländern die Folge waren, war Indien mit erheblichen Kapitalabflüssen und einer drastischen Abwertung der Rupie eines der am stärksten betroffenen Länder. Zwar sind Leistungsbilanz und staatlicher Haushalt heute in deutlich robusterem Zustand und schützen somit besser vor der Gefahr eines erneuten Ausbruchs von US-Zinsen und Dollar. Dennoch bleibt das, was an der US-Zinsfront passiert, von höchstem Interesse für Schwellenlandanleger allgemein und Investoren in Indien ganz besonders.

Unser Fazit für Schwellenland-Anlagen 2018

Unterm Strich bleiben wir bei unserer positiven Einschätzung von Schwellenlandanlagen, erkennen aber, dass die Risiken zugenommen haben. In diesem Zusammenhang erscheint es als ratsam, solche Schwellenlandanlagen stärker beizumischen, die eventuellen Verwerfungen im Welthandel, etwa durch protektionistische Maßnahmen seitens der Industrieländer, weniger stark ausgesetzt sind.