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„Wir haben Bemühungen um Russland einfach eingestellt“

Horst Teltschik, bekannt als einer der Architekten der Deutschen Einheit, schreibt dem Westen auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel eine Mitverantwortung für das zu, was gerade in der Ukraine passiert.

Horst Teltschik, bekannt als einer der Architekten der Deutschen Einheit, schreibt dem Westen auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel eine Mitverantwortung für das zu, was gerade in der Ukraine passiert.

Bei der Frage, wie Europa wieder zu Sicherheit und alter Stärke kommt, blickte Horst Teltschik, einer der Architekten der Deutschen Einheit, auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel in Tegernsee in die Vergangenheit und nahm den Westen in die Verantwortung. Er erinnerte an seine Laudatio auf Michail Gorbatschow beim ersten Ludwig-Erhard-Gipfel. Gorbatschow hatte den „Freiheitspreis der Medien“ erhalten. Damals sei er voller Hoffnung gewesen, sagte Teltschik. Heute ist die Euphorie angesichts des Krieges gewichen. Teltschik resümiert: „Europa hat viele Chancen nicht genutzt.“ Er wehrte sich dagegen, Russland generell zu verteufeln. Die Europäer und Amerikaner „haben viel dazu beigetragen“, dass die Situation mit Russland so sei, wie sie jetzt sei.

Er stelle sich schon die Frage: „Haben wir alles getan, um die richtigen Perspektiven für Gesamteuropa aufzubauen?“ Teltschik nahm dabei Bezug auf die Unterzeichnung der Charta von Paris am 21. November 1990, vor deren Hintergrund 34 Staats- und Regierungschefs eine neue europäische Friedensordnung einleiteten. „Die Idee war eine gesamteuropäische Sicherheitsallianz zu gründen, jedes Mitgliedsland sollte gleiche Sicherheit erfahren“, blickte Teltschik zurück. Doch in 30 Jahren, beklagte er, hätte es nur ein einziges Mal eine Überprüfung davon gegeben. Und die war offenbar nichts als eine Nebelkerze, wenn man Teltschik glaubt. Er erinnere sich noch, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt habe: „Wir brauchen eine Bestandsaufnahme.“ Im Prinzip, echauffierte sich Teltschik, sei das doch eine Aussage im Sinne von: „Ich weiß nicht, was ich machen soll. Das ist ein Armutszeugnis.“

Weiter verwies er auf die Momente, in denen ein Beitritt Russlands zur Nato möglich schien. Aus heutiger Sicht undenkbar. US-Präsident Bill Clinton habe dem damaligen russischen Präsidenten Boris Yelzin angeboten, Teil des Bündnissees zu werden. Selbst Putin sei zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft nicht völlig abgeneigt gewesen. „All das haben wir irgendwann im Sande verlaufen lassen“, sagte Teltschik.

OG/VK