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China-Krise: Gerade jetzt bei VW einsteigen?

Die schwächelnde Konjunktur in China bremst kaum ein Unternehmen so sehr wie VW. Das spüren die Aktionäre und trennen sich von den VW-Wertpapieren in Scharen – rund minus 35 Prozent seit dem Allzeithoch im März. Gerade jetzt könnte aber der richtige Zeitpunkt zum Einstieg gekommen sein.

BÖRSE am Sonntag

Jahrelang gab der Automobilmarkt im Reich der Mitte sowie in weiteren aufstrebenden Schwellenländern richtig Gas, was insbesondere Volkswagen phantastische Ergebnisse bescherte. Doch nun könnte die gestiegene Abhängigkeit zur Achillesferse der Niedersachsen werden. Im Juli waren die Absatzzahlen auf dem weltgrößten Automobilmarkt wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation Chinas den vierten Monat in Folge gesunken – das bedeutet die längste Schwächeperiode seit mindestens fünf Jahren. Von Anfang des Jahres bis Ende des vergangenen Monats konnte VW nur knapp zwei Millionen Fahrzeuge im Reich der Mitte absetzen, was einem Minus von über 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dabei entschieden sich 7,7 Prozent weniger Chinesen für ein Auto des größten europäischen Herstellers.

Für das Gesamtjahr hat VW und die Tochter Audi, in China klarer Branchenprimus im Oberklasse-Segment, das Absatzziel bereits nach unten korrigiert. Man rechnet in Wolfsburg also mit keinem baldigen Ende der China-Flaute. Angesichts des extremem Abhängigkeitsverhältnisses- VW verkauft rund 40 Prozent seiner Autos in die Volksrepublik und erwirtschaftet dort etwa 60 Prozent seines Gewinns- dürfte ein längerfristiger anhaltender Abwärtstrend in Fernost erhebliche negative Konsequenzen für Volkswagen haben.

Neben China sorgen besonders die einstigen Hoffnungsmärkte Brasilien und Russland momentan für Ernüchterung und so blickt Volkswagen für die ersten sieben Monaten dieses Jahres auf einen weltweiten Verkaufseinbruch um ein Prozent auf lediglich 5,83 Millionen verkaufte Fahrzeuge besorgt zurück. Bestätigt wird dieser Abwärtstrend durch die jüngsten Ergebnisse im letzten Monat Juli, in dem rund um den Globus mit 792.100 Fahrzeugen 3,7 Prozent weniger als noch vor Jahresfrist an den Kunden gebracht werden konnten. Rückenwind gab es immerhin aus Europa und den USA, wo sich die Geschäfte zuletzt wieder positiv entwickelten. Für die nähere Zukunft erwartet VW, dass die regionale Diskrepanz zwischen steigenden und fallenden Absatzzahlen anhalten wird. „Auch für das zweite Halbjahr erwarten wir, dass die uneinheitliche Entwicklung der Märkte in den einzelnen Regionen ein bestimmender Faktor bleiben wird“, meint Konzernvertriebsvorstand Christian Klingler.

Um inhaltlich beim Kunden in Zukunft punkten zu können, startet Volkswagen aktuell eine großangelegte Innovationskampagne mit dem Titel „Think New“. Diese Nutzwert-Kommunikationsstrategie beinhaltet eine Plattform, die den Kunden und Interessenten der Wolfsburger Technologien erklären und den Nutzen der unterschiedlichen Features hervorheben soll. „Uns geht es darum, Berührungsängste in Sachen Technologie abzubauen und Skepsis zu nehmen. Wir wollen erklären, was Technik für den Menschen leisten kann und wie sie das Leben erleichtert“, erklärt Anders Sundt Jensen, Leiter der Marketing Kommunikation Volkswagen Pkw.

Konkurrenz durch Software- und Online-Giganten

Erschwert hingegen wird das Leben für VW derzeit von aufstrebenden IT-Konzernen wie Google oder Alibaba, die sich auf den Weg machen, den Konkurrenzdruck auf traditionelle Herstellern wie VW zu erhöhen. In Zukunft wird die Software nämlich eine wesentlich höhere Rolle in der Branche spielen. „Wir müssen die Kräfte im Konzern bündeln, wenn wir nicht wollen, dass Google oder der chinesische Alibaba-Konzern irgendwann bei uns Autos bestellen, um sie mit ihren digitalen Systemen auszustatten“, mahnt Betriebsratschef Bernd Osterloh.

Eine richtige Rüge gab es zuletzt durch die Aktionäre. Seit dem Allzeithoch von 262 Euro im März befindet sich der Titel im klaren Abwärtstrend. Circa 35 Prozent hat das VW-Papier seither verloren. Trotzdem trauen viele Experten den Niedersachen zu, diese Panne zu beheben. So raten 23 der 37 von Bloomberg befragten Analysten zum Kaufen und je sieben zum Halten und zum Verkaufen. Der Gewinn je Vorzugsaktie für dieses Jahr wird auf 22,73 Euro geschätzt. Das durchschnittliche Kursziel beträgt 233,15 Euro. Zudem ist die Aktie angesichts eines 2016er-KGV von 6,6 extrem günstig bewertet.

Für einen baldigen Aufwärtstrend spricht unter anderem das groß angelegte Sparprogramm bei der Kernmarke, das zukünftig bessere Ergebnisse garantieren soll. Auch sorgt das Top-Management der Wolfsburger für Optimismus. Zumal die Querelen an der Unternehmensspitze rund um Konzernchef Martin Winterkorn und den lange Zeit als übermächtig geltenden Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch beendet sind. Auch wenn die China-Flaute noch nicht überstanden ist, könnte also gerade jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einstieg sein. WIM