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Deutsche Post – Wie attraktiv ist die Aktie jetzt?

Überraschend schwache Quartalszahlen schickten den Kurs der Deutschen-Post-Aktie Anfang Mai erneut in die Tiefe. Seit Beginn des Jahres steht damit bereits ein Minus von fast 15 Prozent zu Buche. Dabei war die Aktie im Dezember noch auf ein neues Rekordhoch geklettert. Was ist los beim größten Logistikkonzern der Welt? Und muss die Aktie jetzt rein ins Depot oder raus?

BÖRSE am Sonntag

Überraschend schwache Quartalszahlen schickten den Kurs der Deutschen-Post-Aktie Anfang Mai erneut in die Tiefe. Seit Beginn des Jahres steht damit bereits ein Minus von fast 15 Prozent zu Buche. Dabei war die Aktie im Dezember noch auf ein neues Rekordhoch geklettert. Was ist los beim größten Logistikkonzern der Welt? Und muss die Aktie jetzt rein ins Depot oder raus?

In den vergangenen zwei Jahren hat die Deutsche Post ihre Aktionäre richtiggehend verwöhnt. Ausgehend von einem Tief bei 19,80 Euro aus dem Februar 2016 kletterte der Aktienkurs des größten Logistikkonzerns der Welt beinahe unaufhaltsam und mit hohem Tempo die Chartleiter nach oben. Ende 2017 dann, hatte er sich bereits mehr als verdoppelt. Knapp 41 Euro war der Anteilsschein dementsprechend wert. Anfang des neuen Jahres dann lief der Kurs seitwärts, wagte sogar zweimal den Versuch ein neues Rekordhoch zu markieren. Mit den besten Jahresergebnissen seit dem Börsengang im Jahr 2000 hätte es durchaus Gründe für ein solches gegeben.

Doch es kam anders. Ganz anders. Im Zuge der Börsenturbulenzen Ende Januar, Anfang Februar und Anfang März brach der Kurs ein. Und schaffte es seitdem nicht zur Erholung anzusetzen. Es scheint, als hätten damals viele Anleger die Chance genutzt und ihre Gewinne realisiert. Die Rückkehr der Volatilität, der Ausbruch der Märkte aus ihrem lange Zeit so sicher wirkenden, fortwährend-ruhigen Anstieg, hat viele Investoren den Blick wieder auf die Problemzonen des Konzerns richten lassen. Auf einmal schienen solide Zahlen und ganz gute Zukunftsaussichten nicht mehr auszureichen. Dagegen rückten die schwachen Margen im Supply Chain- sowie dem Speditions- und Frachtgeschäft wieder in den Vordergrund.

Während Brief und Paketsparte sowie das Express-Geschäft auf Umsatzrenditen von guten 8,3 und sehr guten 11,5 Prozent kamen, lagen die Margen in den anderen beiden Geschäftsbereichen bei gerade einmal 2,05 und 3,9 Prozent. Auch in Sachen operativem Cash-Flow lagen sie innerhalb des Konzerns weit zurück. Und das obwohl alle vier Sparten der Post ähnlich viel Umsatz generierten. Aufgrund dieser immensen Unterschiede hatten Aktionäre vor Jahren schon einmal eine Ausgliederung der einzelnen Bereiche gefordert. In der Folge war es dann aber insgesamt so gut gelaufen, sodass das Ganze wieder in Vergessenheit geraten war.

Neben dem Schwächeln der genannten Geschäftsbereiche dürfte Investoren die 2017 wiedererstarkte Konkurrenz aus Übersee Sorge bereitet haben. UPS, der US-amerikanische Großkonzern, der sich seit langem mit der Deutschen Post um die Logistikkrone in der Welt streitet, steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 8,1 Prozent auf 65,9 Milliarden Dollar. Die Deutsche Post dagegen kam nur auf ein Umsatzplus von 5,4 Prozent. Allein einem etwas schwächeren Dollar ist es zu verdanken, dass die Bonner mit Einnahmen in Höhe von 60,4 Milliarden Euro im Vergleich knapp vor UPS landeten.

Dass die Amerikaner inzwischen praktisch wieder gleich auf sind, liegt auch an Zukäufen. Solche tätigte die Post zuletzt kaum. Dabei ist Größe im Logistikgeschäft extrem wichtig. Sie ist schließlich gleichbedeutend mit hohen Kostenvorteilen. Gut möglich, dass einigen Post-Anlegern zuletzt auch etwas die Wachstumsphantasie abhandengekommen ist. Als die Bonner dann im Mai ihre Quartalszahlen veröffentlichten, passten die mal so überhaupt nicht zu der ohnehin schon angespannten Stimmung unter Aktionären.

Post-Chef Frank Appel musste sowohl mit Blick auf den Umsatz als auch in Sachen Konzernergebnis eine negative Entwicklung verkünden. Die Einnahmen sanken im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent, die Gewinne um 5,2 Prozent. Die Aktie bracht erneut ein. Um mehr als sechs Prozent auf rund 34 Euro an nur einem Tag. Seit Beginn des Jahres summiert sich das Minus inzwischen auf knapp 15 Prozent. Nur drei Werte haben 2018 im Dax noch schlechter performt.

Muss die Aktie nun raus aus dem Depot?

Nein, denn bei genauerem Hinsehen waren die ersten drei Monate 2018 für den Konzern gar nicht so schlecht. Die Deutsche Post litt im ersten Quartal beispielsweise verstärkt unter ungünstigen Wechselkursen. Diesen und weitere Sondereffekte rausgerechnet, stiegen Umsatz und Gewinn um 6,4 respektive 2,3 Prozent.

Ein weiterer Faktor für die schlechten Zahlen waren die hohen Betriebskosten im eigentlich ja hervorragend laufenden Brief- und Paketgeschäft. Diese jedoch lassen sich senken. Ebenso lassen sich Briefportopreise oder Versandgebühren für Pakete erhöhen. Nicht ausgeschlossen, dass dies schon bald der Fall sein wird. Und überhaupt: Der E-Commerce-Sektor wächst in atemberaubendem Tempo, immer mehr Konsumenten kaufen immer mehr online ein. Für die Deutsche Post bedeutet das: Immer mehr Pakete, immer mehr Umsatz.

Hinzu kommt die global gute Positionierung im Express-Geschäft. In Europa und Asien ist man in dem Segment Marktführer. Selbst in den USA läuft es mit einem Marktanteil von 20 Prozent ziemlich gut. Seit 2013 haben die Bonner ihren Betriebsgewinn in dem Sektor um jährlich 150 Millionen Euro gesteigert. Den Gesamtkonzern im Blick, hält Appelt weiterhin an den ausgegeben Zielen fest. 2018 soll das operative Ergebnis auf 4,15 Milliarden Euro steigen, spätestens 2020 dann die Fünf-Milliarden-Grenze überschreiten.

Oder muss die Aktie rein ins Depot?

Nein, durchaus gibt es bei der Deutschen Post derzeit einige Unsicherheitsfaktoren. Langfristig kommt man womöglich um einen Konzernumbau nicht herum. Und der Kurs der Aktie ist durch seine zuletzt schwache Performance unter die 200-Tage-Linie gerutscht. Alles in allem aber sieht nicht nur die DZ Bank „die übergeordneten langfristigen Treiber intakt“. Die Deutsche Post profitiere von der Globalisierung und dem wachsenden Online-Handel, der Bedarf für Transportdienstleistungen wachse, so die Experten. „Der gleichzeitige Fokus auf Kostensenkungsmaßnahmen erscheint uns der richtige Weg.“

Auch Goldman-Sachs-Analyst Matija Gergolet verwies in seiner Studie auf die intakt bleibenden Wachstumstreiber. Mit einem Kursziel von 47 Euro beließ er die Post-Aktie auf der „Conviction Buy List“. Die Kursschwäche der Aktie biete eine Kaufgelegenheit, schrieb er. RBC Capital-Analyst Damian Brewer senkte sein Kursziel zwar auf 40 Euro, riet langfristigen Anlegern aber ebenfalls zum Einstieg. Baader Bank-Experte Christian Obst glaubt nach den Zahlen zwar nicht mehr an das Erreichen der Unternehmensziele für 2018 und 2020, sieht aber eine ordentliche operative Entwicklung. Er traue dem Konzern ein längerfristiges Wachstum zu.

Insgesamt raten 21 Analysten zum Kauf der Aktie, zehn würden sie aktuell halten. Für den Verkauf plädiert keiner. Attraktiv scheint die Aktie damit nach der Kurskorrektur allemal zu sein. Ob sie ins Depot rein muss oder raus, das muss ein jeder für sich entscheiden. Oliver Götz