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Einhell: Bohrmaschinen aus China

Das ursprüngliche Geschäftsmodell war simpel, aber genial. Einhell entwickelte Werkzeuge für Heimwerker und Gartengeräte, ließ sie günstig in Niedriglohnländern fertigen und verkaufte sie anschließend weltweit – vor allem in Europa. Mittlerweile werden die Produkte auch in Asien entwickelt. Entscheidend für den Erfolg sind die rigide Qualitätskontrolle und die Organisation des Vertriebs von Deutschland aus.

BÖRSE am Sonntag

Die vielen Vertriebstöchter kosten allerdings eine Menge Geld und lohnen sich nur, wenn das Geschäft gut läuft. Doch davon kann kaum die Rede sein, im Gegenteil: Der Konzernumsatz schrumpft seit 2006, im vergangenen Jahr um 12% auf 315,7 Mio. Euro, den niedrigsten Stand seit 2003. Dank einer niedrigen Fixkostenbasis macht Einhell trotzdem Gewinn, auch wenn die Marge unter Druck ist. Im vierten Quartal 2009 reichte es nur zu einer schwarzen Null. Dabei müsste Einhell eigentlich von der Wirtschaftskrise profitieren – insbesondere im wichtigen Heimatmarkt Deutschland. Da hierzulande die verfügbaren Einkommen stagnieren, greifen immer mehr Heimwerker auf die preiswerten Einhell-Produkte zurück. Andererseits leidet das Unternehmen unter dem mörderischen Wettbewerb zwischen den Baumarktketten, dem wichtigsten Vertriebsweg im deutschsprachigen Raum, der auf die Verkaufspreise drückt.

Rasantes Umsatzwachstum

Leicht hatte es das Unternehmen von Anfang an nicht. Josef Thannhuber gründete Einhell 1964 als Lohnfertiger von Schaltanlagen und Trafos im bayerischen Landau an der Isar. Für die Produktion verwendete er größtenteils Blech­abfälle der Goggomobilproduktion im benachbarten Dingolfing. Schon früh richtete Thannhuber Einhell international aus. Ende der Sechzigerjahre stieg der damals 30-Jährige zum ersten Mal in einen Flieger nach Ostasien:  „Ich habe nur meinen Verstand mitgenommen.“ Mitte der Achtzigerjahre überschritt der Umsatz die 100-Millionen-Mark-Grenze. Doch das rasante Wachstum strapazierte die Finanzen des Familienbetriebs stark. Deshalb ging Einhell 1987 mit Vorzugsaktien an die Börse. Die Emission spülte 10 Mio. DM in die Kasse. Außerdem gliederte der Konzern die Produktion aus, um die Fertigungskosten zu senken. Ein äußerst wichtiger Schritt bei der Umsetzung dieser Strategie war der Gang nach China: 1994 öffnete das Joint Venture in Chongquing seine Tore. Zunächst hielten die Deutschen 70 Prozent der Anteile, später stieg die Quote auf 95 Prozent. Anlaufschwierigkeiten gab es einige, wie eine Anekdote zeigt: Ein chinesischer Mitarbeiter nahm nach seiner Kündigung einen Stempel mit, wodurch das Unternehmen nahezu handlungsunfähig gewesen war. Erst ein Anruf beim Leiter der High-Tech-Zone wendete einen bevorstehenden Gerichtstermin innerhalb von zwei Tagen ab und Einhell bekam den Firmenstempel wieder.

Expansion in Südamerika

Im Rahmen der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 eröffnete Einhell Vertretungen in den wichtigsten neuen EU-Mitgliedstaaten. Der Wachstumsschub aus Osteuropa ließ allerdings bald nach. Künftig will Einhell schwerpunktmäßig in Südamerika expandieren. In fünf Jahren soll die Region der Wachstumstreiber für den Konzern sein. In Chile wird bereits ein Umsatz von vier bis fünf Millionen Euro jährlich erwirtschaftet. Von Brasilien verspricht sich das Management noch mehr. Dort gibt es zwar zahlreiche Anbieter von No-Name-Produkten für Heimwerker, aber nur wenige Hersteller im mittleren Preissegment. In Griechenland und der Türkei sieht Einhell ebenfalls enorme Chancen. An den Finanzen wird das Wachstum wohl nicht scheitern. Der Konzern hat netto keine Schulden und verfügt über eine solide Bilanz: Die Eigenkapitalquote lag zum Jahresende bei 57,3%. Kein Wunder, dass die Anschlussfinanzierung für ein Schuldscheindarlehen über 40 Millionen Euro im vergangenen Sommer problemlos gelang. 2010 will der Vorstand den Abwärtstrend bei den Erlösen stoppen und ein mit dem Vorjahr vergleichbares Umsatz- und Ergebnisniveau realisieren.