Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen >

Hoffnungsaktie TUI?

Keine Tests mehr, kein Abstand und keine Masken, dafür Sonne, Strand und Meer. Schon der Glaube daran hat zumindest viele von Ihnen bereits den nächsten Traumurlaub buchen lassen – zumindest, wenn man sich die heute vorgelegten Zahlen des in der Corona-Krise mächtig durchgeschüttelten Reisekonzerns TUI anschaut.

(Foto: Shutterstock)

Keine Tests mehr, kein Abstand und keine Masken, dafür Sonne, Strand und Meer. Schon der Glaube daran hat zumindest viele von Ihnen bereits den nächsten Traumurlaub buchen lassen – zumindest, wenn man sich die heute vorgelegten Zahlen des in der Corona-Krise mächtig durchgeschüttelten Reisekonzerns TUI anschaut.

Von Oktober bis Dezember verfünffachte sich der Umsatz auf 2,37 Milliarden Euro, während sich das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von minus 676 auf nur noch minus 274 Millionen Euro verbesserte. Für den Sommer liegen die Neubuchungszahlen laut TUI bereits wieder über Vorkrisenniveau. Und im Frühjahr will der Konzern 700 Millionen Euro Staatshilfe zurückzahlen. Die Aktie gehört nach den Zahlen zu den größten Gewinnern an der Frankfurter Börse.

Es könnte sich wie ein Boom anfühlen

In vielen Ländern gehen die Corona-Neuinfektionszahlen nach der Omikron-Welle bereits zurück und die Wirtschaft bereitet sich wieder einmal für eine komplette Öffnung vor. In Deutschland könnte dies zwar noch etwas dauern, dennoch ist die Lust auf Urlaub, Reisen und Erholung bei den Menschen auch hier schon jetzt groß. Eine Rückkehr in die Normalität dürfte deshalb insbesondere den stark getroffenen Reisesektor wiederbeleben. Schon bei den ersten beiden Wiedereröffnungen der Wirtschaft – im Sommer 2020, nachdem der erste Lockdown beendet war und im Frühjahr 2021, nachdem die Impfungen der gefährdeten Gruppen weit vorangeschritten waren – war zu spüren, wie gefüllt die angesparten Urlaubskassen und wie hoch das entsprechende Umsatzpotenzial für die Reiseveranstalter sein können. Die Hoffnung ist, dass die Verbraucher schon bald mit einem dauerhaften Vertrauen in ihre eigene Sicherheit reisen, was wiederum eine lang andauernde Wachstumsphase der Branche auslösen könnte.

Viele Fragezeichen hinter einer Erholung

Unter den möglichen Profiteuren wäre dann sicherlich auch der Reisekonzern TUI zu finden. Nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch viele Anleger mit ihm, die nicht schnell genug die Reißleine gezogen haben, sind durch den dramatischen Absturz der Aktie die Leidtragenden der vergangenen Geschehnisse. In der nun bevorstehenden Öffnungsphase erhoffen sich die Anleger, dass das Geschäft von TUI irgendwann wieder so läuft wie vor der Krise. Nur ob damit auch die Hoffnung verbunden sein kann und darf, dass der Aktienkurs wieder auf das Niveau vor der Krise zurückkehrt, dahinter muss man heute durchaus noch ein großes Fragezeichen setzen.  

Sparen statt investieren

Denn das Problem ist, dass TUI um des Überlebens Willen einen enormen Schuldenberg angehäuft hat, für den Zinsen fällig werden, die natürlich Quartal für Quartal und Jahr für Jahr den Gewinn mindern, bis sie irgendwann zurückgezahlt sind. Darüber hinaus wurden erhebliche Kapitalerhöhungen durchgeführt, wodurch das Ergebnis je Aktie in Zukunft enorme Schwierigkeiten haben dürfte, das Vorkrisenniveau zu erreichen. Da TUI nicht zuletzt bereits vor Corona in Schwierigkeiten steckte, dürfte das Unterfangen „Erholung“ auch deshalb schwierig werden, weil nötige Investitionen in digitale Angebote und schnellere Buchungen aufgrund der hohen Verbindlichkeiten nicht in letzter Konsequenz getätigt werden können.
 
Anleger mit langem Atem und Hang zum Risiko sind gefragt

Die Geschichte zeigt allerdings, dass auch solche auf den ersten Blick unmöglichen Turnarounds am Ende erfolgreich sein können, aber schwierig und sehr selten sind. Wer also als Anleger an die TUI glaubt, muss sich bewusst sein, dass man mit der eigenen Investition fast ein bisschen Roulette spielt, da die operative Lage des Unternehmens von einer sehr labilen Bilanz abhängt. Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma wäre der Verkauf der einzelnen Unternehmenssparten, um den Versäumnissen der letzten Jahre Rechnung zu tragen und die Bilanz zu verbessern. Aber dass dieser extreme Schritt bereits in der Führungsetage auf dem Tisch liegt, darf bezweifelt werden. Für Anleger mit Hang zum Risiko und langem Atem könnte sich die Geduld am Ende allerdings auszahlen, den langen Weg aus einem tiefen Tal der Tränen mit dem Konzern aus Hannover gemeinsam zu gehen.

Von Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets