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Hymer: Auf der Straße zu Hause

Mit Pfingsten steht ein verlängertes Wochenende vor der Tür und damit eine gute Gelegenheit, spontan ein paar Tage wegzufahren und den Alltag zu vergessen. Wer abenteuerlustig ist, nimmt ein Zelt, doch mehr Komfort bietet ein Wohnmobil oder ein Caravan. Nicht nur die Niederländer sind Camping-Liebhaber. Auch in Deutschland gibt es viele überzeugte Caravaner, die die Vorteile eines mobilen Urlaubsdomizils zu schätzen wissen. Zu den bekanntesten Herstellern gehört das deutsche Unternehmen Hymer.

BÖRSE am Sonntag

Die Wurzeln der Firma reichen zurück bis ins Jahr 1956, als die beiden Ingenieure Erich Bachem und Erwin Hymer in der Werkstatt von Erwins Vater Alfons in Bad Waldsee die ersten Wohnwagenprototypen entwickelten. Der Entschluss, gemeinsam in die Wohnwagenproduktion einzusteigen, erwies sich als goldrichtig: In Wirtschaftswunder-Deutschland konnten sich immer mehr Menschen sowohl ein Auto als auch Urlaub leisten. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts war die Idee aufgekommen, sich möglichst naturnah zu erholen, ohne dabei zu viel Geld auszugeben. Zelten war zwar preiswert, aber nicht sehr bequem. Das sollte sich mit Wohnwagen als mobilem Zuhause ändern. Den beiden Ingenieuren Erich und Erwin kam bei ihren Konstruktionen zugute, dass sie über Erfahrungen aus der Flugzeugindustrie verfügten. So gelang es ihnen, Wohnwagen zu entwickeln, die leicht und stabil zugleich waren. Ab 1958 startete man mit der Serienproduktion der Eriba-Touring-Baureihe. Nur ein Jahr später waren bereits 455 Wohnwagen gebaut worden. Erich war es allerdings nicht vergönnt, den Erfolg lange zu genießen, er starb bereits 1960. Doch Erwin machte weiter. Noch im gleichen Jahr verwirklichte er seine Idee vom Bau eines Wohnmobils: Der Caravano auf Basis eines Borgward hatte sogar einen Waschraum mit Toilette. Eine seitliche Tür gab es nicht, man musste über die Heckklappe einsteigen. Laut Prospekt war das Fahrzeug nicht nur für den Urlaub, sondern auch für Geschäftsreisen gedacht. Die Pleite des Autoherstellers Borgward im Jahr 1961 machte Erwin Hymer jedoch zunächst einen Strich durch die Rechnung.

Synonym für Wohnmobile

Während das Projekt Wohnmobil erst mal einige Jahre auf Eis lag, konzentrierte man sich zunächst wieder voll auf Wohnwagen. Die Nachfrage war so groß, dass die Kapazitäten ausgebaut werden mussten. Anfang der 1970er nahm das Projekt Reisemobil erneut Gestalt an. Kostenpunkt für das erste Hymer Reisemobil: knapp unter 40.000 DM. Allerdings handelte es sich dabei noch nicht um ein richtiges Wohnmobil, sondern um einen Wohnwagen, der auf einen Mercedes Transporter aufgesetzt worden war. 1973 folgte ein etwas preiswerteres Modell. In den folgenden Jahren bürgerte sich dafür die Bezeichnung Hymermobil ein. Besonders stolz ist man bei Hymer darauf, dass die Markenbezeichnung Hymer als Synonym für Reise- und Wohnmobile allgemein seit 2003 zu den sogenannten Deutschen Standards zählt. Damit steht Hymer in einer Reihe mit Tempo, Persil oder Aspirin. Im Laufe der Jahre verstärkte sich das seit 1990 börsennotierte Unternehmen auch durch Zukäufe. So gehören unter anderem auch die Marken Bürstner, Laika und Dethleffs zu Hymer. Bis heute ist der Gründer, Erwin Hymer, Chef der Firma und deren rund 3.000 Mitarbeiter. Für Aufsehen sorgte Hymer indes Anfang 2006, als der Aktienkurs innerhalb weniger Tage um rund ein Drittel einbrach. Das Unternehmen hatte weniger Gewinn erzielt, als erwartet worden war, worauf die Marktteilnehmer offenbar nicht vorbereitet waren. In den letzten beiden Jahren hatte Hymer wie die meisten Fahrzeughersteller mit Absatzeinbrüchen zu kämpfen. In der Berichtsperiode 2008/09 sanken die Umsatzerlöse um über 28 Prozent auf 654,5 Mio. Euro, das Nachsteuerergebnis sank auf minus 42,7 Mio. Euro, die französische Tochter musste im November 2009 Insolvenz anmelden. Langsam scheint sich die Lage aber aufzuhellen. Die jüngsten Halbjahreszahlen signalisierten eine positive Entwicklung, und auch die Finanzierung scheint durch eine neue Kreditlinie gesichert.