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Roeckl: Mit Fingerspitzengefühl

Kalte, raue Hände machen kalte Herbst- und Wintertage besonders unangenehm. Schon in der Antike versuchten die Menschen, ihre Hände mit Handschuhen vor eisigen Temperaturen zu schützen. Handschuhe können aber noch viel mehr sein, zum Beispiel ein Sportgerät beim Boxen oder Baseball oder eine Aufforderung zum Duell wie im Falle des Fehdehandschuhs. Dass sie auch ein modisches Accessoire für alle Jahreszeiten sein können, ist in den letzten Jahren ziemlich in Vergessenheit geraten. Das Münchener Familienunternehmen Roeckl bemüht sich darum, Abhilfe zu schaffen.

BÖRSE am Sonntag

Bereits im 12. Jahrhundert trugen Könige Handschuhe zum Zeichen ihrer Macht. Es dauerte nicht lange, bis die Kleidungsstücke im 13. Jahrhundert zum modischen Must-have avancierten: Damen, die etwas auf sich hielten und es sich leisten konnten, trugen schicke Handschuhe aus edlem Leder, Seide oder Leinen, häufig mit Stickereien, Spitzen, Perlen oder Edelsteinen verziert, manchmal waren die Kleidungsstücke sogar parfümiert. In Frankreich entstand damals eine eigene Zunft für Handschuhmacher. Im 15. Jahrhundert wurden Handschuhe zum äußerst populären Modetrend: Die englische Königin Elisabeth I. soll nämlich gern üppig dekorierte Handschuhe getragen haben, um Aufmerksamkeit auf ihre schönen Hände zu lenken. Eine Dame, die es nicht nötig hatte, im Haushalt selbst Hand anzulegen oder für ihren Lebensunterhalt auf dem Feld zu arbeiten, war somit leicht an ihren weichen und gepflegten Händen zu erkennen – Arbeits- und Gartenhandschuhe waren damals noch nicht erfunden. Heute sieht man Handschuhe, die aus modischen Gründen getragen werden, nur noch selten, abgesehen von einigen wenigen formellen Anlässen. Königin Elizabeth II. trägt bei öffentlichen Auftritten gern Handschuhe, auch in der Oper oder auf Bällen sind lange, bis zum Ellenbogen reichende Handschuhe relativ häufig zu sehen – auf dem berühmten Wiener Opernball sind weiße Handschuhe sogar Pflicht für die Debütanten, sowohl für die Damen als auch für die Herren.

Edel und modisch

Abgesehen von diesen Ausnahmen beschränkt sich der Bedarf an Handschuhen heute meist auf sportliche Aktivitäten oder auf die kalte Jahreszeit und meist werden die Kleidungsstücke industriell hergestellt. Kein Wunder, dass der Beruf des Handschuhmachers in Deutschland selten geworden ist. Im 19. Jahrhundert, als Männern und Frauen der besseren Gesellschaft weder tagsüber noch abends ohne Handschuhe aus dem Haus gingen, war das noch anders. Auch Jakob Roeckl war Handschuhmachermeister. In der Kaufingerstraße in München eröffnete er 1839 einen kleinen Laden, gefolgt von einer Gerberei und einer Färberei. Seine Spezialität waren sogenannte Glaceehandschuhe aus feinem weißen Leder für Bälle. Entsprechend erlesen war auch seine Kundschaft. Sogar zum Königlich Bayerischen Hoflieferanten stieg Roeckl auf. Sein Sohn Christian ließ 1870 am heutigen Roecklplatz ein neues Fabrikgebäude bauen, wo das Unternehmen immer noch seine Zentrale hat. Außerdem wurden Geschäfte in Berlin, Wiesbaden, Frankfurt, Köln und Bremen eröffnet. Nachdem die Firma jeweils an die Söhne der Chefs übergeben wurde, leitete Stefan Roeckl das Unternehmen ab 1966. Unter seiner Ägide wurde ein spezieller Handschuhschnitt entwickelt, der die Basis bildete für die neue Sparte Roeckl Sporthandschuhe. Außerdem wurden Accessoires wie Tücher ins Sortiment aufgenommen. Seit 2003 hält mit Annette Roeckl die sechste Generation die Zügel des Unternehmens in der Hand. Ihr Bruder Stefan führt die Sportsparte, die inzwischen eine eigenständige Firma ist und Handschuhe für Radler, Reiter oder Wintersportler anbietet. Beispielsweise tragen die Biathletin Magdalena Neuner oder der Langläufer Tobias Angerer Handschuhe von Roeckl. Im Bereich der Mode setzt Annette Roeckl indes nicht nur auf Handschuhe, sondern auch auf Taschen und Portemonnaies, Schals, Hüte und Strickwaren. Edle Handschuhe aus hochwertigen, sorgfältig verarbeiteten Materialien liegen der Chefin aber besonders am Herzen: Eigenen Angaben zufolge trägt sie selbst zu jedem Anlass Handschuhe.