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SAP – Was die Traumprognose wert ist

Europas Softwaregigant SAP überrascht mit einem bärenstarken Ausblick. Und baut seinen Vorsprung als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen in Deutschland weiter aus. Wie viel Potenzial ist nach einem Kursplus von 30 Prozent in fünf Monaten nun noch übrig? Und was hat es eigentlich mit der gefeierten Datenbanklösung HANA auf sich?

BÖRSE am Sonntag

Europas Softwaregigant SAP überrascht mit einem bärenstarken Ausblick. Und baut seinen Vorsprung als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen in Deutschland weiter aus. Wie viel Potenzial ist nach einem Kursplus von 30 Prozent in fünf Monaten nun noch übrig? Und was hat es eigentlich mit der gefeierten Datenbanklösung HANA auf sich? 

136,5 Milliarden Euro ist SAP derzeit an der Börse wert, liegt so mit großem Vorsprung an der DAX-Spitze. Der Chemie- und Pharmakonzern Linde folgt weit abgeschlagen, mit 90,7 Milliarden Euro, auf Rang Zwei. Und geht es nach Vorstandschef Bill McDermott könnte diese Lücke in Zukunft noch größer werden. Bis 2023 peilt er eine Marktkapitalisierung von 250 bis 300 Milliarden Euro an, was einer Verdopplung des Börsenwertes in gerade einmal vier bis fünf Jahren gleich käme.

Während dies freilich eine reine Spekulation eines Akteurs darstellt, der ja quasi positiv in die Zukunft schauen muss, sind die anderen Ziele, die SAP jüngst ausgegeben hat, schon greifbarer und – ganz im positiven Sinne – nicht minder wahnsinnig. Bis zu eben jenem Jahr 2023 will Europas Tech-Gigant seinen Umsatz um 40 Prozent auf 35 Milliarden Euro steigern, die operative Marge jährlich um rund einen Prozentpunkt auf 34 Prozent klettern lassen. Zu den  Ergebniserwartungen auf solche lange Sicht machte der Konzern keine konkreteren Angaben. 2019 jedoch soll der bereinigte Betriebsgewinn um 9,5 bis 12,5 Prozent auf 7,85 bis 8,05 Milliarden Euro steigen. Also deutlich steiler, als mit einer Spanne von 7,5 bis 11,5 Prozent zunächst angepeilt. Und auch für 2020 haben die Walldorfer ihre Ergebnisprognose nach oben korrigiert. 8,8 bis 9,1 Milliarden Euro sollen es werden.

Starke Zahlen, phänomenaler Ausblick

Alles in allem ein Ausblick, der kurz- wie langfristig kaum besser sein könnte. Gerade mit Blick auf das Niveau, auf dem sich SAP bereits befindet. Hier geht schließlich nicht um ein Unternehmen, das gerade erst damit beginnt sich Märkte zu erschließen, vielmehr um einen Großkonzern, der seit Jahren zu den Big Playern im Software-Sektor zählt. Und gute Zahlen praktisch am laufenden Band liefert. So kletterte erst zuletzt – im ersten Quartal 2019 – der Umsatz um starke 16,3 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis machte einen noch größeren Satz, um 18,8 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro. Die operative Marge stieg auf 24 Prozent. Damit übertraf SAP die Analystenerwartungen deutlich, woraufhin diese im großen Stil ihre Kursempfehlungen nach oben hin anpassten. Trotzdem übrigens, dass unter dem Strich zum ersten Mal seit 17 Jahren ein Quartalsverlust von 108 Millionen Euro stehen blieb. Der jedoch fiel sowohl angesichts der phänomenalen Prognose nicht merklich ins Gewicht, als auch deshalb, da er aus dem angekündigten Belegschaftsumbau heraus entstand. In dessen Rahmen will SAP 4.400 Mitarbeiter umschulen, versetzen oder per Abfindung in den Vorruhestand schicken. Langfristig soll sich das auszahlen. Ab 2020 erwartet man sich Einsparungen zwischen 750 und 850 Millionen Euro jährlich.

Überhaupt will sich der Software-Riese ab Herbst dieses Jahres ein langfristig orientiertes Effizienzprogramm auferlegen. So sollen die Entwicklungszyklen von Software verkürzt, unternehmerische Entscheidungen zügiger umgesetzt, und Investitionen in die Kernprodukte erhöht werden. Nach vielen klugen Zukäufen in den letzten Jahren stehen die Zeichen somit nun auf Wachstum organischer Natur. Das könnte sich auch in höheren Dividenden und neuen Aktienrückkaufprogrammen niederschlagen. Letztere Option werde gerade geprüft, gab McDermott jüngst auf der SAP-Hauptversammlung in Mannheim bekannt.  

SAP-Aktie die beste im Dax?

Kein Wunder, dass bei so vielen positiven Nachrichten der Kurs der eigenen Aktie seit Jahresbeginn nur eine Richtung kennt: die nach oben. Mit einem Kursplus von 30 Prozent in etwas mehr als fünf Monaten gehört das SAP-Papier 2019 zu den stärksten in ganz Europa. Erst Ende April markierte die Aktie ein neues Rekordhoch bei etwas über 117 Euro. Mit einem derzeitigen Kurs von rund 113 Euro ist dieses in Reichweite. Und dürfte – geht es nach dem Großteil der Analysten – bald schon wieder geknackt werden. Goldman-Sachs-Analyst Mohammed Moawalla beispielsweise hob sein Kursziel nach der jüngsten Zahlen- und Prognose-Vorlage von 121 auf 135 Euro an und beließ die Aktie auf der „Convicition Buy List“. Noch optimistischer ist Ross MacMillan vom Analysehaus RBC Capital. Er sieht den Kurs der Aktie langfristig bei 167 Euro. Die Einführung von Cloud-Lösungen dürfte zunehmen und für nachhaltiges Wachstums sorgen, schrieb er in einer Studie. Damit dürften sich sowohl die operativen als auch die Bruttomargen des Konzerns verbessern, so MacMillan weiter. Im Cloud-Bereich läuft es in der Tat hervorragend für SAP. Allein im abgelaufenen Quartal stiegen die Umsätze dort um 48 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro.

HANA als großes Zukunftsversprechen?

Und gibt es da ja noch HANA. Womöglich der SAP-Diamant schlechthin. HANA ist eine hochmoderne, am Hasso-Plattner-Institut entwickelte Software für Datenbanklösungen. Mit dieser könnte SAP eine Vorreiterrolle in Sachen „In-Memory-Computing“ (Echtzeit-Auswertung von großen Datenmengen direkt an der Quelle) einnehmen. „Damit ist der deutsche IT-Platzhirsch beim Megatrend Digitalisierung und hier insbesondere beim Internet der Dinge, Industrie 4.0, Big Data und Machine Learning die Speerspitze“, schreiben die Experten der Landesbank-Baden-Württemberg (LBBW). Nach einem Besuch der Entwicklerkonferenz Sapphire schrieb Berenberg-Analyst Gal Munda dazu: Die Kunden fragten sich nicht mehr, ob, sondern nur noch wann sie zur Technologie S/4 HANA wechseln werden. SAP könnte sich und seine Software-Plattform damit für viele Unternehmen noch unverzichtbarer machen. Schon jetzt bildeten 437.000 Unternehmen aus 25 Branchen ihre Geschäftsprozesse mit SAP-Software ab. Insgesamt würden nach Unternehmensangaben 77 Prozent des Welthandels über die Plattform aus Walldorf abgewickelt, heißt es in der LBBW-Studie weiter.

Fazit

SAP verspricht also eine ganze Menge für die Zukunft. Ob sie diese Versprechen auch werden halten können in Walldorf, oder ob die Traumprognosen Traum bleiben, wird sich wohl erst ab Herbst zeigen, wenn der Konzern noch deutlicher mit seiner Umstrukturierung beginnt. Bislang allerdings läuft alles nach Plan und die Ergebnisse aus der Gegenwart sind gut genug, um für die nötige Ruhe zu sorgen. Politische Unsicherheiten sowie der Handelskonflikt zwischen den USA und China berühren SAPs Geschäftsmodell zudem kaum. So unwahrscheinlich und verrückt klingt da Bill McDermotts Wunsch nach einer Verdopplung des Börsenwerts vielleicht gar nicht mehr.

Oliver Götz  

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