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Uber: Kalanick ist weg – und jetzt?

Es hatte sich abgezeichnet und nun ist es passiert. Travis Kalanick, Gründer und bisheriger CEO des Taxi-Schrecks Uber, räumt auf Druck von Investoren seinen Chef-Sessel. Hohe Verluste und die sich häufenden Skandale um das milliardenschwere Start-Up ließen zuletzt vermehrt Zweifel an Kalanicks Führungsstil laut werden. Der Fall zeigt: Erfolg und Misserfolg liegen im Silicon Valley allzu oft sehr nahe beieinander. Die gesamte deutsche Start-Up-Szene sollte die Uber-Situation als mahnendes Beispiel ernstnehmen.

BÖRSE am Sonntag

Es hatte sich abgezeichnet und nun ist es passiert. Travis Kalanick, Gründer und bisheriger CEO des Taxi-Schrecks Uber, räumt auf Druck von Investoren seinen Chef-Sessel. Hohe Verluste und die sich häufenden Skandale um das milliardenschwere Start-Up ließen zuletzt vermehrt Zweifel an Kalanicks Führungsstil laut werden. Der Fall zeigt: Erfolg und Misserfolg liegen im Silicon Valley allzu oft sehr nahe beieinander. Die gesamte deutsche Start-Up-Szene sollte die Uber-Situation als mahnendes Beispiel ernstnehmen.

Zunächst war nur von einer Auszeit die Rede gewesen. Travis Kalanick wollte Kräfte sammeln, über sich selbst nachdenken und als neuer Chef mit neuem Führungsstil zurückkommen. „Ich will zu dem Chef werden, den diese Firma verdient und den ihr verdient“, kündigte er an. Dass es zu solch einer Überlegung kam, war einer ganzen Reihe von Negativ-Vorkommnissen in den Reihen des wertvollsten, nicht börsennotierten Silicon Valley-Start-Ups geschuldet. Immer wieder war von Diskriminierungen, sexuellen Belästigungen und Macho-Mentalität im Unternehmen die Rede gewesen. Vor allem der Sexismus-Vorwurf einer Mitarbeiterin Anfang des Jahres landete weltweit in den Schlagzeilen. Nach außen hin vermittelte dies immer mehr den Eindruck, Kalanick hätte seinen Laden nicht im Griff. Hinzu kam sein schon länger umstrittener Führungsstil, der nicht nur bisweilen stark aggressiv daher kam, sondern auch eine fragwürdige Unternehmenskultur mit sich brachte. Beobachter und ehemalige Mitarbeiter sprachen in der Vergangenheit vermehrt von strengen Hierarchien und viel Druck von oben.

Für Kalanick hat es sich vorerst ausgeubert

Nun hat es sich für Kalanick, was den Chef-Posten angeht, überraschend schnell ganz ausgeubert. Nach langen Verhandlungen beugte sich der US-Amerikaner dem Druck seiner Investoren, die ihn nach Informationen der New York Times in einem Brief dringlichst dazu aufgefordert hatten nicht nur eine Auszeit zu nehmen, sondern eben ganz zurückzutreten. Dazu gehörten wohl die Investment-Firmen „Benchmark“, „First Round Capital“, „Lowercase Capital“, „Menlo Ventures“ und „Fidelity Investments“.

„Ich liebe Uber mehr als alles andere auf der Welt. Und in diesem schwierigen Moment in meinem persönlichen Leben habe ich die Forderung der Investoren akzeptiert, beiseite zu treten, damit Uber wieder zum Aufbauen zurückkehren kann, statt durch einen weiteren Kampf abgelenkt zu werden.", zitiert die New York Times den Manager, nachdem sich dieser nach langen Verhandlungen zum Rücktritt durchgerungen hatte. Kalanick freilich verschwindet nun nicht einfach und überlässt sein Lebenswerk anderen. Er bleibt Uber weiter in einer führenden Rolle erhalten. Und noch immer hält er die Mehrheit der Stimmrechte. Doch der Vorsitz ist weg.

Mahnendes Beispiel für wagemutige Anleger

Ubers Investoren, die genau das gefordert hatten, werden froh sein. Sie haben einen günstigen Moment abgewartet, um Kalanick endlich loszubekommen. Vordergründig mag von Skandalen, Sexismus-Vorwürfen und schlechtem Führungsstil die Rede sein, am Ende wird die Investoren aber nur eine Sache zu ihrer Rücktrittsforderung veranlasst haben: Nämlich die Tatsache, dass es bei Uber wirtschaftlich nicht so läuft wie es laufen soll. Über elf Milliarden Dollar an Investorengeldern sind bei dem Start-Up investiert. Und dennoch machte Uber allein im ersten Quartal des laufenden Jahres einen Verlust in Höhe von sage und schreibe 708 Millionen US-Dollar. Und Kalanick hatte darauf einfach keine passenden Antworten mehr, konnte keine überzeugenden Strategien für die Zukunft vorlegen. Damit ist der eigentliche Grund für den Wechsel an der Uber-Spitze ein sehr banaler: Geld. Denn davon wollen Investoren irgendwann mal etwas sehen. Am besten mehr als Sie einst investierten.

Uber und Kalanick sind ein Beispiel, das viele Start-Up-Gründer mindestens hellhörig machen sollte. Denn nun zeigt auch ein ganz großer aus dem Silicon Valley, dass extremes Wachstum basierend auf extrem viel fremdem Geld nicht immer gesund ist und scheitern kann. Und dass es auch in dieser hippen, innovativen und so streng alternativ denkenden Zukunftsregion am Ende immer um Geld und Rendite geht. Was bedeutet das beispielsweise für den bereits börsennotierten Foto-Dienst Snapchat? 2016 hatte das Valley-Unternehmen 514,6 Millionen Dollar Verlust gemacht. Und das bei einem Jahresumsatz in Höhe von 404,5 Millionen Dollar. Snapchat hat bisher noch nie einen Gewinn ausweisen können. Die Frage ob es CEO Evan Spiegel bald ähnlich ergeht wie Kalanick, sie muss an dieser Stelle erlaubt sein.

Geht es Rocket Internet bald wie Uber?

Ebenso sollten bei bei Aktionären der deutschen Start-Up-Schmiede Rocket Internet endgültig die Alarmglocken schrillen. Auch die Berliner um CEO Oliver Samwer machten einen Verlust in Höhe von 741 Millionen Euro. Allerdings über das gesamte Jahr 2016 und nicht wie Uber in einem einzigen Quartal. Dennoch kein kleines Sümmchen. Viele Start-Ups, in welche die Firma investiert, funktionieren bis heute mehr schlecht als recht. Immerhin konnte das deutsche Tech-Unternehmen seinen Verlust im ersten Quartal 2017 von 342 Millionen auf 86 Millionen Euro reduzieren. Wer bei Rocket investiert ist spielt wohl trotzdem mit dem Feuer.

Und nicht mehr lange, dann wird wohl auch der Bestellplattform-Betreiber Delivery Hero, an dem Rocket Internet Anteile hält, den Gang an die Börse schaffen. Gelingt es dem Unternehmen bis dahin die angepeilte Milliarde einzusammeln, wäre es der größte deutsche Börsengang seit dem Jahr 2014 und damit dem von Rocket Internet. Wieder schreiben viele Analysten, die Chancen seien riesig. Das Unternehmen könne den Markt umwälzen und neu ordnen. Doch wieder einmal wagt ein Start-Up den Sprung an die Börse, das noch Verluste verzeichnen muss.

Das Dilemma der Investoren

Die Anleger sind verzweifelt auf der Suche nach Renditebringern im Portfolio. Da fällt der Blick gefällig auf eine clever vermarktete und dem Zeitgeist so hübsch willfahrende Idee wie eben Delivery Hero. Doch kann das Heldenstück gutgehen? Vielleicht. Amazon ist ein Beispiel dafür, wie es funktionieren kann. Uber könnte zum Gegenteil davon werden. Wer auch immer Kalanicks Position einnimmt wird nicht nur vieles ändern müssen, er wird auch schnell Lösungen präsentieren und Erfolge vorweisen müssen. Sonst ist am Ende nicht nur Kalanick weg, sondern auch die Investoren. Und nicht zuletzt Uber selbst. OG