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Villeroy & Boch: Tischkultur mit Tradition

Das nahende Osterfest ist eine schöne Gelegenheit, Familie und Freunde zu einem gemütlichen Essen an einer festlich gedeckten Tafel zu versammeln. Natürlich darf dabei edles Porzellan nicht fehlen. Zu den wohl ältesten und bekanntesten Herstellern gehört die Firma Villeroy & Boch, deren Wurzeln bis ins Jahr 1748 reichen.

BÖRSE am Sonntag

Unternehmensgründer war François Boch, von Beruf Eisengründer, stellte in seinem lothringischen Heimatdorf ab 1748 Geschirr aus Keramik her. Das kam offenbar so gut an, dass die Firma wenige Jahre später expandierte und die serielle Produktion von Geschirr aufnahm. Ein weiterer Hersteller von Geschirr war der Kaufmann Nicolas Villeroy der eine Steingutfabrik im Ort Vaudrevange besaß. Beide Unternehmen waren durchaus erfolgreich. 1801 übersiedelte Boch mit seinem Unternehmen nach Mettlach, wo er eine für die damalige Zeit sehr moderne Fabrik eröffnete. Damit war die Produktion von Geschirr in größeren Mengen möglich. In dem damals bezogenen ehemaligen Benediktinerkloster in Mettlach befindet sich übrigens bis heute der Firmensitz. 1836 fusionierten schließlich Villeroy und Boch. Durch die Bündelung der Kräfte war es dem neuen Unternehmen namens Villeroy & Boch möglich, sich europaweit einen Namen zu machen. Ab 1843 produzierte die Firma dann auch Glaswaren, ab 1846 stieg man in die Herstellung von Fliesen ein. In den folgenden Jahren erschlossen sich die Porzellanexperten immer mehr europäische Märkte und verschönerten mit ihren Tischwaren auch Tafeln in Nord- und Südamerika. Ab 1899 wurde Sanitärkeramik in Serie gefertigt, also Spül- und Waschbecken, Badewannen und WCs. Die Massenproduktion dieser Waren ermöglichte es auch weniger wohlhabenden Menschen, sich zu Hause ein eigenes Badezimmer einzurichten, ein Komfort, der bis dahin nur wenigen vorbehalten gewesen war.

Auf Sparkurs

Geschirr und Glaswaren, ergänzt durch Besteck, sowie Badeinrichtungen sind bis heute Geschäftsbereiche des Unternehmens, das sich heute als Lifestyle-Marke versteht. Das Geschäft mit Fliesen wurde 2007 mehrheitlich an eine türkische Unternehmensgruppe verkauft. Eigenen Angaben zufolge ist das Sortiment von Villeroy & Boch durch eigene Vertriebsgesellschaften in 125 Ländern weltweit erhältlich. Die Referenzen lesen sich äußerst eindrucksvoll: Ein Mosaik aus Steinchen der Villeroy & Boch-Produktion schmückt zum Beispiel den Fußboden des Kölner Doms. Auch im Moskauer Bolschoi-Theater finden sich Erzeugnisse des Unternehmens. Auch im Vatikan sowie bei diversen Monarchen und Staatschefs kommt Geschirr der Traditionsfirma auf den Tisch. Seit 2007 ist die deutsch-französische Firma allerdings nicht mehr in Familienhand: Damals übergab Wendelin von Boch nach 40 Jahren seinen Chefposten an Frank Göring. Unterdessen war das Unternehmen trotz prominenter Kundschaft nicht vor Krisen gefeit, ebenso wenig wie andere Traditionshersteller wie Rosenthal oder Hutschenreuther. Zum einen bieten Möbelhäuser wie Ikea und Co. preiswertes Geschirr an, zum anderen führte die weltweite Wirtschaftskrise ab Mitte 2008 dazu, dass in Märkten wie den USA die Nachfrage nach edlem Porzellan deutlich nachließ. 2008 wurde ein Rückgang des operativen Gewinns um über 37% verzeichnet. Noch deutlicher schrumpfte das Ergebnis nach Steuern aus fortgeführten Geschäftsbereichen, das um über 53% sank. Sparmaßnahmen, Werksschließungen und Stellenstreichungen waren die Folge. 60 Mio. Euro will sich das SDAX-Unternehmen die Sanierung kosten lassen. Auch 2009 ging der Umsatz des Unternehmens zu Bruch. Mit 715,3 Mio. Euro setzte Villeroy & Boch 15% weniger um als noch im Vorjahr, wie kürzlich bekannt gegeben wurde. In der Sparte Tischkultur reduzierte sich der Umsatz um 9,8% auf 288,6 Mio. Euro, während im Bereich Badausstattung ein Einbruch um 18% registriert wurde. Angaben zum Ergebnis wurden nicht gemacht, allerdings war in den ersten neun Monaten des letzten Jahres einen Verlust von über 78 Mio. Euro angefallen. Bleibt die Hoffnung, dass eine Konjunkturbelebung wieder glanzvollere Zeiten anbrechen lässt.