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VW: Den Anlegern fehlt der Mut

Seit über zwei Monaten ist bei den Autoaktien Katerstimmung angesagt. Der DAX hat sich, wenngleich nicht gerade dynamisch, langsam in Richtung seines Allzeithochs geschoben. Daran ist er abgeprallt, und allgemein gehen die Anleger weniger ins Risiko. Speziell die Automobilbranche steht im Fokus, und die Volkswagen-Aktie mag niemand anfassen.

BÖRSE am Sonntag

Seit über zwei Monaten ist bei den Autoaktien Katerstimmung angesagt. Der DAX hat sich, wenngleich nicht gerade dynamisch, langsam in Richtung seines Allzeithochs geschoben. Daran ist er abgeprallt, und allgemein gehen die Anleger weniger ins Risiko. Speziell die Automobilbranche steht im Fokus, und die Volkswagen-Aktie mag niemand anfassen. 

Bei Volkswagen stottert der Motor. Zwar sind viele Altlasten aus der Dieselkrise bezahlt, aber der Makel, der dem Selbstzünder ans Revers geheftet wurde, zeigt Wirkung. Von Stickoxyden und Feinstäuben ist viel die Rede. Über die Benzol-Belastung duch Benzinmotoren und der Tatsache, dasss bis dato die Elektromobilität zeitweise nur mit Strom aus Kernkraft gewährleistet werden kann, wird auffällig geschwiegen. Speziell die Umweltverbände agieren augenscheinlich einseitig, allen voran die Deutsche Umwelthilfe. Da aber VW mit der TDI-Familie Dieselmotoren baut, die aufgrund von technischer Ausgereiftheit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit weltweit führend sind, sind die Wolfsburger besonders betroffen.

In den USA ist die Lage anders, aber eher noch niederschmetternder. In den USA fehlt es an der technischen Fähigkeit, Dieselmotoren mit kleinen Hubräumen in solcher Effizienz und Qualität zu bauen, wie das VW kann. Da die Patente nicht anfechtbar waren, wurden einseitig die Grenzwerte verschärft. Und nachdem VW in diese Falle gelaufen ist, durchaus übrigens schuldhaft, wurden zweistellige Milliardenbeträge fällig.

Dabei ist der schwache US-Markt für Volkswagen eigentlich irrelevant, weil man dort nur einen geringfügigen Anteil am weltweiten Absatz erzielt. Das US-Geschäft war auch ohne Skandal seit Jahren ein Groschengrab für VW. Da der US-Markt ein Leuchtturm-Markt ist, ergibt sich ungeachtet dessen eine große Bedeutungfür Volkswagen. Es ist das ungute Gefühl, dass es, wenn es in den USA nicht läuft, in Kürze auch im Rest der Welt nicht mehr laufen könnte. Und das führt dazu, dass die Anleger sich fernhalten, die Bären folgerichtig mutiger werden und die VW-Vorzugsaktie dadurch immer näher an eine charttechnisch entscheidende Zone abrutscht. Interessant ist, dass hier niemand wagt, an Unterstützungen beherzt zuzugreifen aus der Sorge heraus, das weltweite Wachstum würde nachlassen, während man in dieser Hinsicht bei anderen Branchen keinerlei Bedenken hat, dort in Erwartung wieder anziehenden Wachstums zuzugreifen.

Laut den Experten von lynxbroker wird sich diese Diskrepanz in der Logik auflösen, denn da es kein anziehendes weltweites Wachstum geben kann, während die Autohersteller zugleich in eine Krise abgleiten, liegt eine Seite falsch. Welche das sein wird, lohnt bei einem derart klaren Chartbild, wie es die Volkswagen-Aktie zeigt, nicht zu orakeln: Die Entscheidung wird im Chart zu sehen sein. Von der Distanz zwischen dem Jahreshoch Ende Januar bei 156,55 Euro bis zur entscheidenden, mittelfristigen Aufwärtstrendlinie bei 124 Euro hat der Kurs mittlerweile zwei Drittel nach unten zurückgelegt. Es ist nur noch die Auffangzone aus den Zwischenhochs der zweiten Jahreshälfte 2016 nebst der ebenfalls dort verlaufenden 200-Tage-Linie (128,75/130,50 Euro), die zwischen dem aktuellen Kurs und der Aufwärtstrendlinie stehen. Das könnte also schnell gehen mit einem Trendbruch. Aber erst, wenn diese Trendlinie mit Schlusskursen unter 123 Euro ausreichend deutlich gebrochen wurde, wäre ein taugliches Chance/Risiko-Verhältnis auf der Short-Seite gegeben. Hier, mitten in diesem Dickicht aus Chartmarken, aktiv zu werden, würde heißen, sich unnötig in den Grabenkampf der Daytrader zu stürzen.

Auf der Oberseite liegt die entscheidende Linie ebenso klar vor Augen: Wenn VW über 142 Euro schließt und damit die kurzfristige Abwärtstrendlinie signifikant bezwingt, ist der Weg nach oben wieder frei. Doch die Chance, dass es in der nächsten woche dazu kommt, erscheint gering. Die aktie rutscht, derzeit knapp über 130 Euro liegend, eher der unteren Barriere des aktuellen Korridors entgegen. Die Bären könnten die Oberhand behalten. Nicht nur, weil der symbolisch wichtige US-Markt weiterhin schwächelt, sondern auch, weil das automobile Gesamtumfeld derzeit vor großen Steinen steht, die den Weg zu steigenden Kursen versperren.

Wenn sich abzeichnet, welchen Weg die automobilen Antriebe der Zukunft sein werden, ist ein wichtiger Stein aus dem Weg geräumt. Ein weiterer großer Stein ist die Frage des autonomen Fahrens, denn hier wird viel gemutmaßt, viel erforscht, aber bislang wenig geliefert. Und nachdem VW Weltmarktführer ist, betreffen solche unsicherheitsthemen auch die Aktie des größten deutschen Autobauers am stärksten. Anleger mit Meinung sind gefragt! Prognostiker dagegen haben derzeit bei VW höchstens vorsichtige Ratschläge parat. Zum Beispiel den, das VW trotz Problemen ins Portfolio gehört. Die Frage ist nur, in welcher Gewichtung. sig, mit Material von lynxbroker