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Spekulationen um Übernahme: Wirecard-Aktie steigt

Steht Deutschlands Tech-Hoffnung Wirecard kurz vor einer Übernahme? Daran zumindest glaubt dessen ehemaliger Aufsichtsratschef Klaus Rehnig. Er rechne damit, dass bald ein internationaler Investor kommen werde und das Aschheimer Unternehmen kaufen wolle, sagte er dem Handelsblatt. Ob nun wissensbasierte Vorahnung oder bloße Behauptung, der Aktie könnten die Spekulationen einen wichtigen Schub geben. Vielen Analysten gilt sie ohnehin weiter als Top-Pick.

BÖRSE am Sonntag

Steht Deutschlands Tech-Hoffnung Wirecard kurz vor einer Übernahme? Daran zumindest glaubt dessen ehemaliger Aufsichtsratschef Klaus Rehnig. Er rechne damit, dass bald ein internationaler Investor kommen werde und das Aschheimer Unternehmen kaufen wolle, sagte er dem Handelsblatt. Ob nun wissensbasierte Vorahnung oder bloße Behauptung, der Aktie könnten die Spekulationen einen wichtigen Schub geben. Vielen Analysten gilt sie ohnehin weiter als Top-Pick.

Während der Dax am Freitagnachmittag und mit einem Jahresminus von fast 20 Prozent seine schwächsten zwölf Monate seit der Finanzkrise 2008 (endlich) beenden durfte, setzte die Wirecard-Aktie mit einem Tagesplus von über vier Prozent noch einmal ein Ausrufezeichen. Nach der Aufnahme in Deutschlands Leitindex und im Zuge eines schwarzen Börsenherbstes arg gebeutelt, endet Wirecards Börsenjahr damit versöhnlich. Vor allem aber mit einem weiteren Paukenschlag. Wie aus einem Interview mit dem Handelsblatt hervorgeht, soll der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende des Bezahldienstleisters, Klaus Rehnig, eine baldige Übernahme des aufstrebenden Technologie-Unternehmens für wahrscheinlich halten. „Ich rechne damit, dass bald ein internationaler Investor kommen wird und Wirecard kaufen will“, sagte Rehnig. Anleger dürften im Fall der Fälle dann wohl einen „Zuschlag auf den Börsenwert von 30, 40 oder 50 Prozent erhalten“.

Wirecard, das Unternehmen, welches Börsianer in Deutschland 2018 wohl mit am meisten bewegte, erstaunte und faszinierte, setzt nun also auch den Schlusspunkt in Sachen Aufmerksamkeit. Das passt nicht nur ganz wunderbar ins Bild, es lenkt auch von der fürchterlichen Perfomance des deutschen Aktienmarktes insgesamt ab. Denn auch wenn die Wirecard-Aktie ausgehend von ihrem Rekordhoch bei 199 Euro Anfang September bis zum Weihnachtsfest rund 36 Prozent an Wert verlor und nun zum Jahresende nur noch 132,80 Euro kostet, ist sie mit einem 2018er Gesamtplus von ebenfalls 36 Prozent klar die beste Aktie in Deutschlands Leitindex. Darüber hinaus hat sie sowohl Deutsche Bank als auch Commerzbank in Sachen Marktkapitalisierung hinter sich gelassen. Letztere musste für Wirecard sogar ihren Platz im Dax räumen. 

Zweifel an Wettbewerbsfähigkeit belasten den Kurs

Trotzdem kamen zuletzt wieder vermehrt Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tech-Hoffnung auf. Das Feld der digitalen Bezahldienstleistungen wird schließlich immer mehr zum hart umkämpften Markt. So hatte sich bereits im November Merrill Lynch-Analyst Adithya Metuku Sorgen um die Wettbewerbsposition und die Nachhaltigkeit der im Kurs eingepreisten Wachstumsdynamik gemacht. Nach einer eindringlichen Untersuchung seinerseits empfahl er Anlegern eher den Griff zu Papieren des französischen Konkurrenten Ingenico. Kurz vor Weihnachten dann fachte die Wirtschaftswoche die Diskussionen aufs Neue an, sprach von „Zweifeln an der Wettbewerbsfähigkeit“. Vor allem mit Blick auf den deutschen Markt.

Darüber, ob solche Zweifel berechtigt sind, wird das kommende Jahr sicher Aufschluss geben. Robin Brass, Analyst bei der Privatbank Hauck & Aufhäuser, hält sie aber bereits in diesem für unangemessen. Dass der Marktanteil von Wirecard, wie von der „Wirtschaftswoche“ behauptet, niedriger als vom Unternehmen selbst angegeben sein soll, stelle für ihn lediglich eine Wiederholung der Merrill Lynch-Behauptungen dar und gebe keinen Anlass dazu, an den zuversichtlichen Einschätzungen des Bezahldienstleisters zu rütteln. Der Bericht enthalte mehrere schwerwiegende Fehler, so beziehe sich der Text beispielsweise auf längst veraltete Daten zu Transaktionsvolumina aus dem Jahr 2016, schrieb der Experte weiter. Sein Kursziel beließ er deshalb bei 220 Euro, was bei dem derzeitigen Kurs von 132,80 Euro einem Aufwärtspotenzial von 65 Prozent entspräche. 

Aktie für viele Analysten ein Top-Pick

HSBC-Analystin ging in ihrer letzten Studie sogar noch weiter und warf ein Kursziel von 240 Euro in den Raum. Zudem, schrieb sie, gehöre die Aktie des Zahlungsabwicklers zu den 20 weltweit aussichtsreichsten, schwer gewichteten Werten im kommenden Jahr. Auch das Analysehaus Kepler Cheuvreux sowie die US-Investmentbank Morgan Stanley zählen die Wirecard-Aktie zu ihren Top-Picks. Das Wachstum der Aschheimer aus eigener Kraft nehme deutlich zu, womit die Margen bis 2020 ebenso kräftig zulegen sollten, schrieb Kepler Cheuvreux-Experte Sebastien Sztabowicz.

Was ist dran an den Übernahmegerüchten?

Die Aktie macht allein das attraktiv, ist sie schließlich durch die Kurseinbrüche der letzten Monate wieder deutlich günstiger worden. Die Übernahmespekulationen tun ihr übriges. Vor allem auch, da sie durchaus nachvollziehbar erscheinen. Wirecard ist ein kleiner, spezialisierter Zahlungsabwickler, der allerdings gemeinsam mit seinen Konkurrenten das Zeug dazu zu haben scheint, die Branche zu revolutionieren. Das dürfte auch etablierten Bezahldienstleistern wie Visa und Mastercard oder den großen US-Tech-Konzernen wie Apple und Google – mit allen arbeitet Wirecard bereits zusammen – aufgefallen sein. Eine Übernahme der Deutschen dürfte für diese Konzerne darüber hinaus ohne größere Probleme zu stemmen sein. Und angesichts der großen Konkurrenz, der Wirecard gegenübersteht, könnten sie Aschheim durchaus interessiert sein, insofern das Angebot stimmt. Mit Blick auf die Aussagen von Klaus Rehnig allerdings scheint Vorsicht geboten. Noch immer hält er als ehemaliger Aufsichtsratschef Anteile am Unternehmen. Wohl nicht mehr die ursprünglichen 20 Prozent, „gut dabei“ sei er aber immer noch. Gut möglich, dass Rehnig mit seinen Aussagen also nach der jüngsten Schwächehase auch nur den Kurs nach oben treiben will, um dann zu wieder besseren Konditionen verkaufen zu können.

Oliver Götz