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Auf der Höhe der Zeit

Der Schweizer Uhrenkonzern Swatch ist Legende. Mit Zeitmessern in immer neuen Formen und vor allem mit limitierten Sondermodellen, die zu heiß begehrten Sammlermodellen wurden, wurde Swatch in den Augen von Endverbrauchern geradezu eine Ikone der Innovationsfreudigkeit. Nun verliert der Konzern Umsatzanteile in China. Kein Grund für Anleger, die Aktie zu verkaufen. Swatch bleibt innovativ und expandiert im Schmuckgeschäft.

BÖRSE am Sonntag

Strawberry Margarita, Kalinka, Black Ghost oder doch lieber Green Belly? Wer sich für eine Swatch interessiert, hat die Qual der Wahl. Viele Kunden kaufen daher gleich mehrere Modelle und kombinieren sie als schicke Modeaccessoires passend zu Kleidung, Lidschatten oder Event. Die Nachfrage nach den bunten Plastikuhren ist enorm. Seit Gründung des Unternehmens vor 30 Jahren wurden über eine halbe Milliarde von ihnen verkauft. Mittlerweile produziert der Schweizer Konzern mit Sitz in Biel rund 16 Millionen Stück pro Jahr. Swatch ist damit der größte Uhrenhersteller der Welt.

Anzeichen, dass die Uhren ihren Kultstatus verlieren könnten, gibt es bislang nicht. Im vergangenen Jahr erzielte der Konzern einen Umsatz von 8,1 Milliarden Schweizer Franken – ein neues Rekordergebnis. Dank der guten Zahlen greifen auch Investoren bei Swatch zu. Auf Sicht von einem Jahr verbesserte sich die Aktieum 40 Prozent. Trotz des steilen Anstiegs und einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2013 von knapp 17 sieht die Privatbank Hyposwiss weiterhin Potenzial. Analyst Jan Widmer rät zum Kauf. „Im historischen Vergleich und innerhalb des Sektors erachten wir die Bewertung in Verbindung mit den hohen Wachstumsraten als attraktiv.“

Für neue Zuwächse soll unter anderem Sistem51 sorgen. Die ab Oktober erhältliche, ohne Batterien betriebene Uhr verfügt nur über 51 Bestandteile. Mechanische Uhren anderer Hersteller bestehen dagegen nicht selten aus über 600 Komponenten. Eine weitere Besonderheit: Die Uhr, die etwa 130 Euro kosten soll, wird innerhalb von nur 20 Minuten vollautomatisch zusammengebaut. Menschliche Fehler bei der Produktion werden so vermieden. Bis zu 20 Jahre soll die Sistem51 ohne Wartung funktionieren, versichert Swatch-Chef Nick Hayek. Er rechnet nicht zuletzt wegen der Umweltfreundlichkeit der Uhren mit Millionen-Verkäufen. „Zudem soll Sistem51 den Weg für weitere spektakuläre Innovationen ebnen“, fügt er hinzu.

Experten sind voll des Lobes. „Technisch mutet das Ganze in etwa so an, wenn Volkwagen einen neuen Golf mit Elektromotor vorstellen würde, der mit einer Batterieladung etwa 1000 Kilometer weit führe, genau so schnell wie ein GTI wäre und dabei weniger als ein Fahrrad kostete“, schreibt das Fachblatt watchlounge.

Neben den kostengünstigen Uhren bietet Swatch mit den Marken Breguet, Omega oder Blancpain auch hochpreisige Zeitmesser an. Die  bis zu 100.000 Schweizer Franken kostenden Modelle erfreuten sich bis Ende vergangenen Jahres speziell bei Chinas neuen Reichen großer Beliebtheit. Auch Parteifunktionäre zeigten sich gerne mit den Statussymbolen. Doch der neue Staatspräsidenten Li Jinping verdonnerte seine Staatsbedienstete gleich zu Beginn seiner Amtszeit zu mehr Bescheidenheit. Experten vermuten, dass der Swatch-Absatz im Reich der Mitte allein daher in den ersten vier Monaten des Jahres 2013 um 13 Prozent einbrach. In Biel hat man derweil die Zeichen der Zeit erkannt. Man wolle sich  nicht mehr nur auf Asien und China, wo 2012 immerhin 38 Prozent des Gesamtumsatzes erzielt wurden, verlassen. Hayek will vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele künftig den Fokus stärker auf Brasilien und Russland legen.

Auch in den USA ist Swatch Expansionskurs. Im März dieses Jahres wurde Harry Winston für 750 Millionen Dollar übernommen. Neben Uhren vertreibt das Unternehmen auch diamantenbesetzte Verlobungsringe und Anstecknadeln. Seit kurzem führt Harry Winston auch einen Diamanten von 101 Karat im Angebot. Das überaus edle Stück wurde auf einer Auktion von Christie‘s für umgerechnet 18 Millionen Euro erworben. Man darf nun gespannt sein, welche Dame sich mit fast zehn Zentimeter großen Stein schmücken wird.