Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen > Aktie auf Dreijahreshoch

Back in the Game: Adidas übertrifft alle Erwartungen

(Foto: Picture Alliance / EPA-EFE / Lukas Barth-Tuttas)

Dreimal erhöhte Adidas im vergangenen Jahr die Gewinnprognose. Trotzdem gerieten die eigenen Schätzungen am Ende zu gering. Die Aktie sprintet davon.

Adidas und Björn Gulden. What a Match. Seit der Norweger vor zwei Jahren in Herzogenaurach einmal die Straßenseite wechselte und den Puma- gegen den Adidas-Trainingsanzug tauschte, hat sich die Aktie des zweitgrößten Sportartikelherstellers der Welt fast verdoppelt. Die von Puma ist im selben Zeitraum um rund 30 Prozent gefallen. Derweil war die Aktie des deutschen Adidas-Konkurrenten mit Gulden an der Unternehmensspitze zuvor in neun Jahren um über 160 Prozent gestiegen, zwischenzeitlich hatte sich das Papier sogar verfünffacht. Und wer weiß, wo die Aktie heute stünde, hätte sich Gulden 2022 für einen Verbleib entschieden. Irgendetwas scheint der ehemalige Profi-Fußballer richtiger zu machen als der große Rest seiner Branchenkollegen. Mit Zufall jedenfalls lässt sich nicht erklären, warum die Adidas-Aktie gerade zurück in Richtung ihres Rekordhochs läuft, während sich die Branche nach wie vor in einem herausfordernden Umfeld wiederfindet. Weltmarktführer Nike beispielsweise büßte 2024 deutlich an Umsatz und Gewinn ein. Seit Gulden bei Adidas im Amt ist, ist die Aktie der US-Amerikaner um 40 Prozent gefallen. Adidas selbst steckte noch vor zwei Jahren in der vielleicht schwersten Krise der Konzernhistorie. So kam Gulden überhaupt erst an den Chefposten, den der glücklose Vorgänger Kasper Rorsted hatte räumen müssen.

Seither geht es – auf der Adidas-Seite – bergauf in Herzogenaurach. Obendrein deutlich schneller als Gulden es selbst erwartet hat. Im vergangenen Jahr kam der Drei-Streifen-Konzern kaum hinterher damit, seine Gewinnschätzungen nach oben anzupassen. Dreimal erhöhte Adidas während des laufenden Geschäftsjahres die Prognose. Am Ende fielen die Ergebnisse für 2024 noch einmal besser aus. Der Umsatz stieg um elf Prozent auf 23,7 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis hat sich von 268 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro fast verfünffacht. Mit solch starken Zahlen hatten auch Analysten nicht gerechnet. „Die Trainingssaison ist vorbei“ frohlockte Olivia Townsend von der US-Bank JP Morgan und erhöhte ihr Kursziel für die Aktie von 266 auf 275 Euro. Townsend attestierte den Mittelfranken „starke Ergebnisse“. Das operative Ergebnis sei klar von über den Erwartungen liegenden Umsätzen getrieben und auch wenn der offizielle Ausblick für 2025 erst noch komme, stimmten die Signale schon einmal optimistisch. „Im Moment ist die makroökonomische Unsicherheit groß, aber wir haben ganz klar das Ziel, mit der Marke Adidas wieder zweistellig zu wachsen“, erklärte Gulden am Rande der Zahlenvorlage. Es sei genug Potenzial vorhanden, um über alle Märkte hinweg den Marktanteil zu steigern. Die operative Marge soll dabei dem Ziel von zehn Prozent noch näherkommen. 2024 lag sie bei knapp sechs Prozent.

Anleger ließen den Kurs der Adidas-Aktie in einer ersten Reaktion um fast sieben Prozent steigen, womit das Papier nun endgültig den Großteil seiner Verluste aus den Jahren 2021 und 2022 wieder ausgeglichen hat und so viel kostet, wie seit drei Jahren nicht mehr. Sogar das Rekordhoch aus dem Juni 2021 bei 336 Euro gerät allmählich wieder in Reichweite. What a Comeback.

Adidas-Aktie

Vor allem ein starkes Schlussquartal der Herzogenauracher ließ Anleger beherzt zugreifen. Von Oktober bis Dezember waren die Umsätze um 24 Prozent auf knapp sechs Milliarden Euro gestiegen, das Betriebsergebnis erreichte mit 57 Millionen Euro nach einem Verlust von 377 Millionen Euro im vergangenen Jahr die Gewinnzone. Die Bruttomarge stieg auf 49,8 Prozent. Eine der höchsten der jüngsten Konzerngeschichte, wie Barclays-Analystin Wendy Liu feststellte.

„19 Prozent währungsbereinigtes Wachstum in einem Quartal, das für den Handel im Allgemeinen schwierig war, unterstreicht die starke Dynamik, die wir derzeit für unsere Marke und unsere Produkte sehen“, erklärte Gulden zufrieden. „Obwohl wir noch nicht da sind, wo wir langfristig sein wollen, bin ich sehr zufrieden mit dieser Entwicklung, die sehr viel besser war als erwartet.“

Wie viel das vierte Quartal von Adidas wert ist, zeigt der Blick auf die Zahlen von Nike zwischen September und November, für die Amerikaner das zweite Geschäftsquartal. Die Umsätze sanken in diesem Zeitraum um neun Prozent auf 12,4 Milliarden US-Dollar. Das ist immer noch in etwa doppelt so viel, wie Adidas im Schlussquartal erzielt hat, aber der Abstand des Weltmarktführers zur Nummer Zwei aus Deutschland verringert sich. Auch James Grzinic von Jefferies zog den Vergleich zur Konkurrenz, lobte die Erholung der Bruttomargen in schwierigen Zeiten, in denen einige Wettbewerber steckten.

Björn Gulden hat Adidas zurück ins Spiel gebracht – inklusiver überzeugender Wachstumsaussichten für die kommenden Jahre. Maßgeblich dazu beigetragen haben drei Entscheidungen: die Produktionserhöhung der Retro-Sneaker Samba und Gazelle, die sich derzeit größter Beliebtheit, besonders bei den jungen Menschen, erfreuen und die aufgrund fehlenden ähnlichen Angebots von Nike und Co. am Markt fast konkurrenzlos sind. Zudem die Rückbesinnung auf den Einzelhandel, mit der Gulden schon bei Puma Erfolg hatte. Nike beispielsweise verliert allein deshalb aktuell Marktanteile, weil sich der Konzern zu sehr auf den eigenen Online-Handel konzentriert hat und nun die Nachfrage von Händlern nicht bedienen kann. Ware kommt teils deutlich zu spät in die Läden. Ein Vorteil für die Konkurrenz. Ein ähnliches Problem hatte auch Adidas – vor Gulden. Und drittens schlussendlich die Fokussierung auf den Sport, mit allen Marketingaktivitäten und Produktinnovationen die dazu gehören. Hier kommen Gulden womöglich auch seine hervorragenden Kontakte in die Sportler-Szene zugute. Diese werden ihm zumindest nachgesagt.

Adidas jedenfalls, das lässt sich vorerst festhalten, ist wieder „back in the game“.

Das Magazin

BÖRSE am Sonntag

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren
Das Magazin

AnlagePunk

Zur Online Ausgabe Newsletter abonnieren

Ähnliche Artikel