Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen >

Daimler: Wann endlich rasen auch Aktionäre mit dem glänzendem Stern?

Rekordabsatz, Rekordumsatz, Rekordgewinn, Rekorddividende. Dazu noch die Vertragsverlängerung von Vorstandschef Dieter Zetsche bis Ende 2019. Der Daimler-Motor läuft auf Hochtouren. Allerdings wird der Glanz des Mercedes-Sterns durch Abgasprobleme getrübt. Als Bremse für die Euphorie entpuppt sich auch der Aktienkurs. Es scheint, als müsse die Rennmaschine Daimler einen Gang zurückschalten.

BÖRSE am Sonntag

Rekordabsatz, Rekordumsatz, Rekordgewinn, Rekorddividende. Dazu noch die Vertragsverlängerung von Vorstandschef Dieter Zetsche bis Ende 2019. Der Daimler-Motor läuft auf Hochtouren. Allerdings wird der Glanz des Mercedes-Sterns durch Abgasprobleme getrübt. Als Bremse für die Euphorie entpuppt sich auch der Aktienkurs. Es scheint, als müsse Daimler einen Gang zurückschalten.

„Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen.“ Unmissverständlicher als Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche kann man sich kaum ausdrücken. Und dennoch nagt die Dieselgate-Affäre von VW auch an Daimler wie der Mader am Autokabel. Die Marke mit dem Stern steckt tief in juristischen Abgasstreitereien, sieht sich mit Sammelklagen konfrontiert und bangt um Glaubwürdigkeit, Vertrauen und schließlich ihren Ruf. Besonders deutlich lässt sich das am Aktienkurs festmachen, der seit Anfang des Jahres klar zweistellig gesunken ist.

Zukunftsängste, ausgelöst durch neue Technologien wie dem elektrisch angetriebenen oder dem selbstfahrenden Auto, die die Branche durcheinanderwirbeln und neue Konkurrenten wie beispielsweise Apple oder Alphabet gegenüber althergebrachten Autokonzernen stärken könnten, tun ihr Übriges dazu, dass das Daimler-Papier dieses Jahr zu den schlechtesten im Dax gehört.

Zetsche hat das offenkundig im Blick, denn jüngst ließ er auf der Internationalen Funkausstellung verlauten, die Projekte rund um das Auto, das sich seinen Parkplatz selbstfahrend sucht, würden verstärkt vorangetrieben. Und er setzte noch eins drauf: Autos der Marke Mercedes sollen sich in naher Zukunft selbständig untereinander in Verbindung setzen, wenn der Fahrer dies wünscht, und freie Parkplätze melden. Möglich wird das über eine im Auto eingebaute Scan-Funktion der Umgebung auf der Straße, die bald allein deswegen schon serienmäßig eingebaut wird, weil sie für jedwede Funktion rund um das Selbstfahren des Autos unerlässlich ist.

„Daimler will seine Fahrzeuge mit einem Office-Manager, einem Fitness-Coach und einem persönlichen Assistenten ausstatten“, meldete eine Tageszeitung. Außerdem will Zetsche auch den Kofferraum von Mercedes-Autos zur Paketstation machen. Der Service solle ab Anfang kommenden Jahres angeboten werden. Paketboten sollen das Auto eines Paketempfängers orten können, in Verbindung mit der Zustellung sollen sie die Freigabe für ein einmaliges Öffnen des Kofferraumes erhalten. Ob diese Aussichten aber die Gesichter der Aktionäre aufhellen?

Äußerst solides Kerngeschäft

Das selbstfahrende Auto ist in aller Munde, und das ist bei Daimler Anlass zur Sorge. Dabei läuft es beim schwäbischen Traditionskonzern ganz im Gegenteil wie auf Schienen. Angesichts des Konzernergebnisses wirken Sorgen fast wie Ironie. So konnte Daimler im vergangenen Jahr um fast ein Viertel auf 8,9 Milliarden Euro steigern. Beim operativen Gewinn fiel der Zuwachs mit 36 Prozent sogar noch höher aus. Hier steht nun die eindrucksvolle Zahl von 13,8 Milliarden Euro zu Buche. Folglich wurde auch die Dividende um ein Drittel auf 3,25 Euro je Anteilsschein angehoben. Und auch beim Absatz blickt Mercedes auf Höchstwerte zurück - gegenüber 2014 wuchs die Zahl der verkauften Autos um 13,4 Prozent auf 1,871 Millionen. Damit feiert die Nobelmarke ein Rekord-Lustrum: fünf Rekordjahre in Folge. Die Marke mit dem Stern ist damit vor Audi zumindest wieder die Nummer zwei unter den Premiumanbietern. BMW grüßt allerdings mit über zwei Millionen verkauften Autos von der Spitze der Premium-Autokarawane.

Die jüngsten Zahlen sprechen allerdings dafür, dass Daimler aufholt. Im zweiten Quartal 2016 kletterte der Umsatz abermals um drei Prozent auf 38,6 Milliarden Euro. Bereinigt um die Wechselkursveränderungen betrug der Anstieg sogar fünf Prozent. Während das um Sonderfaktoren bereinigte Konzern-EBIT im Vorjahreszeitraum noch 3,76 Milliarden Euro betrug, erreichte es diesmal mit 3,97 Milliarden Euro den bisher höchsten Stand. Das den Anteilseignern zurechenbare Konzernergebnis steigerte sich dabei von 2,27 Milliarden Euro auf 2,43 Milliarden Euro.

Über das gesamte erste Halbjahr gesehen lieferte Mercedes-Benz 1.006.619 Fahrzeuge aus, was einem Plus von 12,1 Prozent entsprach. Somit konnte mit diesem bisher stärksten Halbjahr der Unternehmensgeschichte erneut ein Rekord gefeiert werden. Dabei zahlte sich insbesondere die Produktoffensive aus. Gerade die neue E-Klasse gehörte zuletzt zu den meistgefragten Modellen aus dem Hause Daimler. Auch auf dem chinesischen Markt, auf dem sie ab Herbst einrollt, soll sie für Furore sorgen.

Das Reich der Mitte bleibt Mittelpunkt

Dass die Autos mit dem Stern im Reich der Mitte weiterhin gut ankommen, ist dabei für Daimler eminent wichtig. China spielt für die Autoindustrie als bedeutendster Markt eine Schlüsselrolle. Der große unternehmerische Erfolg von Daimler der vergangenen Monate und Jahre steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäft in Fernost, das für die Schwaben zuletzt glänzend lief. Wenngleich Daimlers China-Chef Hubertus Troska auch weiterhin optimistisch auf die zukünftige Entwicklung des chinesischen Automarktes blickt, könnte sich ein Ende des dortigen Booms andeuten. Zuletzt musste die Regierung in Form von Steuererleichterungen eingreifen, da sich ein Abflauen der Nachfrage andeutete. „Absolut gesehen wird China für uns in den nächsten Jahren der größte Wachstumsmarkt sein – selbst wenn es nicht immer gerade nach oben gehen wird“, erklärt Vertriebschef Ola Källenius.

Auch der US-Markt verlor zuletzt etwas an Dynamik, nachdem dieser zuvor durch günstigere Finanzierungsbedingungen für Autokäufer an Attraktivität gewann. Im vergangenen Jahr bereits fiel der Zuwachs um 3,8 Prozent in Amerika für Daimler vergleichsweise niedrig aus. Insgesamt gesehen hat Daimler durch die vergangenen Monate und Jahre, in denen das Geschäft brummte und der Konzern von einem Triumph zum nächste eilte, die Messlatte selber sehr weit nach oben gelegt.

Ob es dem Unternehmen gelingen kann, weiterhin in diesem Tempo über die Überholspur zu sausen? Viele Skeptiker zweifeln. Dennoch eröffnet sich die Frage, ob der Aktienkurs dieser rasanten Entwicklung bisher zur Genüge Rechnung getragen hat. Obwohl Daimler hervorragende Zahlen präsentierte, fiel der Kurs. Die Angst vor der Zukunft, das Geschäft könne zurückgehen und der Abgasskandal würde gravierende Folgen für Daimler mit sich bringen, lähmte die Aktionäre. Das Potential des Papiers scheint demnach noch lange nicht ausgeschöpft.

Auf Daimler wartet die Herausforderung, den unternehmerischen Erfolg demnächst wieder verstärkt in Erfolge an der Börse umzumünzen, wenngleich es zuletzt deutliche Anzeichen der Erholung des Charts gab. Langfristig gesehen soll dieser durch die Umsetzung der Vision gestärkt werden, wieder die Nummer eins im Premiumsegment zu werden. Das ist das große Ziel. Bis zum Jahresultimo 2019 ist somit Vorstandschef Dieter Zetsche durch seine Vertragsverlängerung Zeit dafür gegeben, BMW vom Thron zu stoßen. Wim Weimer