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Daimler wechselt auf die Überholspur

Die Schwaben haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2020 wollen sie Audi und BMW in der Premiumklasse vom Platz an der Sonne verdrängen. Der Konzern fertigt die neue C-Klasse zeitgleich in vier Ländern.

BÖRSE am Sonntag

 

Mit Platz zwei oder drei gibt sich Daimler nicht zufrieden. Die Schwaben wollen ihren Konkurrenten nicht mehr hinterherfahren. In den vergangenen Jahren hatten in der Premiumklasse Audi und BMW die Nase vorn. Während Audi und BMW Margen um die elf Prozent einfuhren, mussten sich Zetsche und Co mit knapp acht Prozent zufrieden geben. Das soll sich nun ändern. Jüngst wurde bekannt, dass Daimler seine neue C-Klasse so schnell wie möglich weltweit erfolgreich vermarkten will. Dazu zauberten die Stuttgarter ein Ass aus dem Ärmel: Das neue Mittelklasse-Modell soll zeitgleich in vier Ländern angefertigt werden: in Deutschland, Südafrika, USA und China. Dazu nimmt der DAX-Konzern in den beiden kommenden Jahren zwei Milliarden Euro in die Hand. Diese Vorgehensweise ist ein Novum in der Geschichte der Autoproduktion bei Daimler. Deutschland soll zugleich in Sachen Fertigung und Qualität weiterhin die maßgebliche Instanz sein. Das Daimler-Werk in Bremen gibt den Standard für den Rohbau der Fahrzeuge vor, den die ausländischen Standorte schließlich übernehmen sollen.

Daimler fährt momentan mit Rückenwind und erwartet für das laufende Jahr einen Produktionsrekord. Demnach will der Konzern 2013 mit 1,49 Millionen Fahrzeugen das dritte Jahr in Folge die eigene Bestmarke übertreffen. Die Stuttgarter haben dieses Jahr bereits nach elf Monaten so viele Autos verkauft wie im gesamten Jahr 2012. Von Januar bis November 2013 setzte Daimler 1,32 Millionen Pkw ab, im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Plus von knapp elf Prozent. Besonders in China (+ 26 Prozent) und der NAFTA-Region, also die USA, Kanada und Mexiko (+ 13 Prozent) konnte die Marke mit dem Stern ihre Absätze deutlich steigern. In den USA und auf dem deutschen Markt war Mercedes-Benz erneut der zulassungsstärkste Premiumhersteller.

Die S-Klasse ist kurz nach ihrem Modellwechsel die meistverkaufte Luxuslimousine der Welt. Besonders wichtig für den Absatz der neuen S-Klasse ist der chinesische Markt. Die Limousine wurde dort im vergangenen Monat zum „Car of the year“ gekürt. An der Wahl war eine zehnköpfige Jury beteiligt, die aus den Chefredakteuren der wichtigsten Automobil-Publikationen des Landes besteht. Wie gut es bei Daimler läuft, sieht man daran, dass der Konzern in diesem Jahr in mehreren Werken etliche Sonderschichten fuhr und die Arbeitszeit verlängerte. Im Stammwerk Untertürkheim und an einigen anderen Standorten verkürzen die Beschäftigten die übliche zweiwöchige Produktionspause um Weihnachten und Neujahr. Sie müssen schon am 2. Januar wieder an die Bänder.

Autobauer als trendiger Dienstleister

Dass der deutsche Traditionskonzern auch in der Lage ist, sich abseits der eingetretenen Pfade zu entfalten, zeigt der kürzlich erfolgte Einstieg beim Internet-Dienst Blacklane. Die Sparte Daimler Mobility Services beteiligte sich mit einem Anteil von etwa 18 Prozent an dem Berliner Start-up, das via Internet oder Handy die Fahrdienste eines Chauffeurs vermittelt. Die Investition soll bei gut zehn Millionen Euro liegen, der Mehrheitsanteil bleibt bei Blacklane. Das Berliner Unternehmen ist in 45 Ländern und 130 Städten aktiv. Die Idee kommt aus den USA und Asien. Dort ist es üblich, dass Geschäftsleute nicht ein Taxi, sondern eine dunkle Limousine mit Fahrer für die Fahrt zum Flughafen oder zum wichtigen Kundentermin nutzen. Daher könnte das Geschäft durchaus eine Marktlücke in Deutschland und Europa sein. Nicht nur mit Blacklane, auch mit anderen Unternehmungen setzt Daimler auf das Geschäft mit mobilen Dienstleistungen. Etwa mit der Carsharing-Tochter „Car2Go“. Oder mit der App „Moovel“, mit der die Anwender auf der Suche nach der schnellsten Verbindung verschiedene Verkehrsmittel vergleichen können.

Wer sich zu Jahresanfang Daimler-Aktien ins Depot gelegt hat, der kann sich jetzt freuen. Mit einem Kurszuwachs von mehr als 40 Prozent gehört der Titel zu den Top DAX-Performern dieses Jahres. Und das Papier hat noch immer Aufwärtspotential: Die meisten Analysten empfehlen das Wertpapier, das derzeit bei gut 60 Euro notiert, zu kaufen. Zum Beispiel die Experten der Deutschen Bank, die ein Kursziel von 65 Euro ausgegeben haben. Die Autonachfrage könnte im kommenden Jahr überraschend positiv ausfallen, erläutern die Analysten. In Europa könnte das Geschäft zudem wegen des Mangels an Gebrauchtwagen besser ausfallen als gedacht. Daimler zählt nach Auffassung der Bank in Europa zu den „Top Picks“. Der Autobauer weise beim bereinigten Gewinnwachstum mit das stärkste Wachstumspotential auf.

Die französische Investmentbank Exane BNP Paribas sieht das Kursziel sogar bei 74 Euro. Es sei für einen Einstieg in die Aktie des Autobauers entgegen der Auffassung vieler Anleger noch nicht zu spät, meint Analyst Stuart Pearson. Denn sowohl die Anleger als auch der Marktkonsens seien bei den Gewinnmargen weiter kritisch. Hier werde der Konzern aber positiv überraschen. Die jüngsten Verkaufsempfehlungen liegen schon anderthalb Monate zurück. Anfang November meinten die Experten der britischen Investmentbank Barclays, dass nach der im Sektorvergleich überdurchschnittlichen Kursentwicklung seit Mai die Aktie zu anspruchsvoll bewertet sei. Das dürfte zumindest die Vorstandsetage bei Daimler anders sehen. Schließlich meinen es die Schwaben ernst: sie wollen bis zum Jahr 2020 Audi und BMW überholen und wieder der weltweit führende Hersteller im automobilen Premiumsegment werden.