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Unternehmen > Fröhliche Kursrekorde

Das Amazon-Fest

(Foto: Cineberg / Shutterstock)

Weihnachtszeit ist Amazon-Zeit. Sie dürfte dem weltgrößten Onlinehändler mal wieder neue Umsatz- und Ergebnisrekorde bescheren.

Der Weihnachtsmann kommt immer öfter im dunkelgrauen Kastenwagen mit geschwungen hellblauem Pfeil. In der Adventszeit sieht man die Prime-Transporter beinahe täglich, inzwischen gefühlt häufiger als das Postauto. In Kolonnen auf der Autobahn, oder vereinzelt in den Wohngebieten sind sie unterwegs. Zu fast jeder Tageszeit klingelt es an den Haustüren. Heute bestellt, morgen da. Auf dem Fußabstreifer liegen beim Öffnen die Päckchen. Mit ein bisschen Glück lassen sich noch die Rücklichter des Fahrzeugs erahnen, mit dem die Ware ankam. Hurra, der Amazon-Mann war da.

Seit Amazon damit begonnen hat Pakete auch selbst beziehungsweise über Subunternehmer auszuliefern, ist der weltgrößte Online-Händler allgegenwärtig, auch auf deutschen Straßen. Ende 2023 brachte fast jedes vierte Paket in Deutschland der Paketdienst von Amazon.

23 Logistikzentren hat Amazon allein in der Bundesrepublik, weltweit sind es hunderte. In der Weihnachtszeit werden an manchen Tagen über eine Million Bestellungen in einem einzigen Lager abgearbeitet. Hundertausende Angestellte, darunter viele zusätzliche Saisonkräfte, sorgen dafür, dass (fast) alles pünktlich unter dem Weihnachtsbaum liegt.

Seit Jahren findet die wohl größte Bescherung zu Weihnachten in Seattle im US-Bundesstaat Washington, dem Hauptsitz von Amazon, statt. Und auch 2024 dürfte jeder einzelne Dezembertag für den Online-Giganten wieder ein Festtag werden. Überhaupt ist das letzte Quartal des Jahres, in das auch Black Friday und Cyber Monday fallen, für Amazon stets eines der Rekorde. 2023 erreichte Amazon mit seinen beiden Shopping-Großevents zeitweise 1.600 Bestellungen pro Sekunde.

Amazon-Aktie

Von Oktober bis Dezember erzielt Amazon stets die höchsten Umsätze im ganzen Jahr, 2023 waren es 170 Milliarden US-Dollar. Dieses Jahr könnten es nach Konzernschätzungen zwischen 181,5 und 188,5 Milliarden Dollar werden. Damit würde Amazon in einem Quartal über ein Drittel des Jahresumsatzes der gesamten deutschen Autoindustrie erzielen.  Für Amazon ist die Weihnachtszeit wohl tatsächlich die schönste Zeit des Jahres.

Mehr Umsatz, mehr Marge – Amazon fit für die „schönste Zeit des Jahres“

Für dieses Jahr herrschte unter Anlegern und Analysten längere Zeit Skepsis ob der Konkurrenz durch die chinesischen Billiganbieter Shein und Temu, sowie einer möglicherweise gedämpften Kauflaune der Konsumenten nach Jahren steigender Preise. Doch mit der Zahlenvorlage zum dritten Quartal hat Amazon diese weitgehend ausgeräumt. Von Juli bis September stiegen die Umsätze im Online-Handel um sieben Prozent, obwohl sogar Amazon selbst vor Zurückhaltung bei den Verbrauchern gewarnt hatte. Bemerkenswert seien dabei die überraschend gestiegenen Margen, meint Analyst Gil Luria vom Research-Haus D.A. Davidson. Statt der befürchteten Verschlechterung, stieg die operative Gewinnspanne international auf 3,6 Prozent, in Nordamerika auf 5,9 Prozent.

Das nährt die Hoffnungen auf ein Weihnachtsgeschäft, das erneut besser ausfällt als erwartet. Schon im vergangenen Jahr hatten sich viele Sorgen rundum die Kauflaune der Konsumenten im Nachhinein als unbegründet erwiesen. An Weihnachten sitzt das Geld eben lockerer. Beim Schenken gewinnt in aller Regel das emotionale gegen das rationale Ich. So erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) für das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr auch wieder ein Umsatzplus von 1,3 Prozent. Und in den USA dürfte die deutlich zurückgegangene Inflation den Geschenkekauf pushen.

Aktie schon in Weihnachtsstimmung

Die Aktie hat auf Amazons Weihnachtsaussichten schon reagiert. Seit der Zahlenvorlage zum dritten Quartal ist der Kurs um fast 13 Prozent gestiegen, erreichte zwischenzeitlich ein neues Rekordhoch bei 215,90 Dollar. Seit Anfang August hat die Aktie bereits 30 Prozent an Wert gewonnen, seit Beginn des Jahres sind es fast 50 Prozent.

Dennoch liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten mit 230 Dollar noch in etwa zehn Prozent über dem aktuellen Kurs. Douglas Anmuth von JPMorgan gibt sogar eines von 250 Dollar aus. In Zeiten konjunkturellen Gegenwinds und der im Vergleich kurzen Zeit bis zu den Feiertagen dürfte der Online-Handel weiter Marktanteile gewinnen, schrieb Anmuth in seiner jüngsten Studie zur Aktie. Vor diesem Hintergrund sei Amazon seine „Best Idea“ im Sektor.

Längst beschenkt sich Amazon aber natürlich nicht mehr nur mit gigantischen Umsätzen im Online-Handel, sondern verdient sogar einen Großteil seines Geldes mit der Cloud-Sparte AWS. Deutlich mehr als die Hälfte des operativen Gewinns von 17,4 Milliarden Dollar im dritten Quartal steuerte die Cloud-Infrastruktur bei. Insgesamt verdoppelte sich der Wert im Vergleich zum Vorjahr. Goldman-Sachs Analyst Eric Sheridan hält die Margenbedenken damit für ausgeräumt und erhöhte sein Kursziel auf 240 Dollar. Auch Jefferies-Experte Brent Thill hob sein Kursziel von 225 auf 235 Dollar an und lobte die „spektakuläre Profitabilität“ auf Rekordniveau sowie die Gewinnschätzungen für das laufende Quartal, für das CEO Andy Jassy mit 16 bis 20 Milliarden Dollar operativem Ergebnis rechnet. Experten gehen von rund 18 Milliarden Dollar aus.

Die Gewinne könnten noch viel höher ausfallen, würde Amazon, wie es ja quasi seit Gründung Unternehmenskultur ist, nicht brutal auf Wachstum setzen. Allein in diesem Jahr wird der Konzern am Ende wohl rund 75 Milliarden Dollar in Rechenzentren für KI-Software investieren. Auch unter Andy Jassy, der im Juli 2021 an der Konzernspitze auf Gründer Jeff Bezos folgte, bleibt Amazon ein Wachstumsexpress. Das spiegelt auch die Aktie wider. Das KGV liegt mit 40,5 hoch, für Amazon-Verhältnisse aber fast schon niedrig. Eine Dividende gibt es nicht. Wer in Amazon investiert, der investiert in Wachstumsfantasie. Bislang hat sich das über einen längeren Zeitraum immer ausgezahlt. In diesem Sinne: Frohes Amazon-Fest.

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