Der Kaeser-Effekt
Seit 100 Tagen leitet Joe Kaeser als Vorstandsvorsitzender die Geschicke beim Technologieriesen Siemens. Mit Erfolg. Denn der Neue hat das Programm "Siemens 2014" ausgerufen, deutliche Korrekturen sind seitdem erkennbar. Der Aktienkurs hat um rund 15 Prozent zugelegt.
Seit 100 Tagen leitet Joe Kaeser als Vorstandsvorsitzender die Geschicke beim Technologieriesen Siemens. Mit Erfolg. Denn der Neue hat das Programm "Siemens 2014" ausgerufen, deutliche Korrekturen sind seitdem erkennbar. Der Aktienkurs hat um rund 15 Prozent zugelegt.
Joe Kaeser, der Niederbayer an der Spitze des Technologiereisen, fährt eine etwas andere Taktik als sein Vorgänger Peter Löscher. Um das Risiko zu vermeiden, dass Erwartungen enttäuscht werden, proklamiert er lieber niedrige Zielsetzungen, denen er dann tatsächlich auch gerecht werden kann. In dieser Woche bescherte der Konzern seinen Aktionären große Freude durch positive Nachrichten und die damit einhergehenden Kurszuwächse. Bei unter 93 Euro am Anfang der Woche gestartet, hat sich die Aktie nun auf über 96 Euro katapultiert.
Die wesentlichen Gründe dafür sind dreierlei: Erstens konnte Siemens das im abgelaufenen Geschäftsjahr zweimal nach unten korrigierte Gewinnziel leicht übertreffen. Am Donnerstag veröffentlichte das seit 1847 existierende Unternehmen die Zahlen des vierten Quartals und präsentierte einen Gewinn von 4,2 Milliarden Euro. Das sind 200 Millionen Euro über dem revidierten Gewinnziel. Kaeser spricht von einem soliden Ergebnis nach einem bewegten Geschäftsjahr 2013. In der Tat hatte Siemens im letzten Jahr einige Herausforderungen zu bewältigen. Der Konzern kämpfte sowohl mit einer Menge Altlasten als auch mit neuen Baustellen.
Zweitens kündigte Siemens große Aktienrückkäufe an. Bis zu vier Milliarden Euro will Kaeser dafür in den nächsten zwei Jahren ausgeben. Eine gute Nachricht - wie so häufig bei Aktienrückkäufen - zu steigenden Kursen führt. Und genau das ist wohl auch das Ziel dieser Rückkaufaktion. Siemens signalisiert dadurch, dass sich die Gewinnaussichten verbessert haben.
Drittens kündigt Siemens Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung an. Schon im vergangenen Geschäftsjahr wurden für das laufende Sparprogramm „Siemens 2014“ und den dazugehörigen Stellenabbau 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. Das Sanierungsprogramm hatte bereits Kaesers Vorgänger Peter Löscher initiiert um den Renditeschwund zu beenden. Nach Abschluss des Programms soll es 15.00 Stellen weniger geben, 5.000 davon in Deutschland. Aktuell sind rund 367.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Analysten sind verhalten optimistisch Analysten reagierten auf die jüngsten Nachrichten ebenfalls überwiegend positiv. In einer Studie vom Donnerstag belässt der Commerzbank-Analyst Ingo-Martin Schachel die Einstufen auf „Hold“ mit einem Kursziel von 96 Euro. Zwar habe der Sektorgewinn nur im Rahmen der Erwartungen gelegen, doch Siemens habe Einmalbelastungen aus den Umstrukturierungen früher verbuchen können als zunächst angenommen. Ebenso habe der Auftragseingang über den Marktprognosen gelegen. Der Ausblick auf das kommende Jahr sei erwartungsgemäß. Eine Analyse der DZ Bank gibt als Kursziel sogar 100 Euro an. Obwohl der Auftragseingang 2013 im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent stieg, lagen die Umsatzerlöse mit 75 Milliarden Euro um zwei Prozent unter dem Vorjahreswert.
Die Siemens AG gliedert sich im Wesentlichen in die vier Hauptgeschäftsfelder Energie, Medizintechnik, Industrie sowie Infrastruktur & Städte. Renditenspitze war einmal mehr die Medizintechnik mit 15 Prozent Umsatzmarge. Infrastruktur & Städte und der Energiebereich lagen unter dem Erwartungswert: Gründe dafür sind wohl die verspätet ausgelieferten ICE-Züge oder etwa die Probleme mit Stromleitungen in der Nordsee. Besonders aufpassen müssen die Münchener auch, dass sie nicht den Anschluss an die Wettbewerber wie etwa General Electric verliert. Das Industriegeschäft hatte sich bei GE beispielsweise zuletzt gut entwickelt. Im vierten Quartel des am 30. September 2013 abgelaufenen Geschäftsjahres setzte Siemens nur fünf Milliarden Euro im Industriesektor um, im Vorjahreswert waren es noch 5,3 Milliarden. Neben den Amerikanern GE sind ABB aus der Schweiz, Schneider Electric aus Frankreich und die Niederländer Philips die größten Konkurrenten im globalen Wettbewerb.
Unterdessen droht Siemens ein weiteres Mal von der Vergangenheit eingeholt zu werden. In Sao Paolo soll es in den Jahren 1999 bis 2009 beim U-Ban-Bau verbotene Absprachen mit dem französischen Konkurrenten Alstom, CAF aus Spanien, Bombardier aus Kanada und Mitsui aus Japan gegeben haben. Siemens musste dem zuständigen Kartellamt Unterlagen zur Verfügung stellen, um einen Strafprozess zu verhindern, eine Millionensumme wurde auf brasilianischen Konten eingefroren. Bei der Konzernbilanz spielte dieser Verdacht zunächst keine direkte Rolle. Günstige Zeichen für Anleger Anleger müssen sich mit einer stagnierenden Dividende von drei Euro je Aktie begnügen. Das entspricht einer Dividendenrendite von gut drei Prozent. Statt einer höheren Dividende möchte Kaeser die Aktionäre aber mit Aktienrückkäufen beglücken und so an den 1,7 Milliarden Euro beteiligen, die Siemens aus dem Nokia-Ausstieg zuflossen. „Ich bin am Start – nicht am Ziel“, stellt er klar und kündigt an, dass die Umsatzrendite von 7,5 Prozent in diesem Jahr auf bis zu 10,5 Prozent im nächsten Jahr klettern soll.
Nach einem turbulenten Jahr legt der neue Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser ordentliche Geschäftszahlen vor und kündigt Gewinnsteigerungen für das nächste Geschäftsjahr an. Mittel zu diesem Zwecke ist das Sparprogramm „Siemens 2014“, das einen Stellenabbau von 15.000 Angestellten beinhaltet. Erfreulich für Aktionäre ist der Aktienrückkauf im großen Stil. Siemens muss jedoch weiterhin mit guter Arbeit überzeugen, denn der Markt ist herausfordernd und die Konkurrenz um General Electric groß. Insgesamt sind Analysten sich aber einig, dass Siemens einer guten Zukunft entgegenblickt. WCW