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Deutsche Post: Aktionäre rebellieren

Normalerweise versetzt ein Aktienrückkauf Anleger in Hochstimmung. Anders bei der Deutschen Post: Aktionärsschützer reden sich auf der Hauptversammlung in Rage. Konzernchef Appel sieht keinen Grund für die Kritik.

BÖRSE am Sonntag

Normalerweise versetzt ein Aktienrückkauf Anleger in Hochstimmung. Anders bei der Deutschen Post: Aktionärsschützer reden sich auf der Hauptversammlung in Rage. Konzernchef Appel sieht keinen Grund für die Kritik.

War es vor zwölf Monaten die Gewerkschaft Verdi, die mit Protestaktionen den Zugang zur Hauptversammlung der Deutschen Post behinderte, sind es in diesem Jahr die Anteilseigner selbst, die auf dem Aktionärstreffen in Frankfurt den Vorstand attackieren. Was manche von ihnen in Rage versetzt: Seit Anfang April betreibt der Dax-Konzern einen Aktienrückkauf über bis zu einer Milliarde Euro, der in einem Jahr abgeschlossen sein soll – und das, obwohl der Konzerngewinn 2015 um ein Viertel auf 1,5 Milliarden Euro einbrach.

„Der Aktienrückkauf ist so nötig wie ein Kropf“, schimpfte Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK). Er werde „auf Pump“ bezahlt und könne dem Konzern auf die Füße fallen, sobald sich das Zinsniveau wieder nach oben bewege. Auch Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), riet dem Vorstand, den Cashflow lieber in die Ausfinanzierung des Pensionsfonds zu nutzen und statt eines Aktienrückkaufs lieber die Dividenden zu erhöhen. Sorgen bereitet Tüngler vor allem, dass Großkunde Amazon, der seit Herbst einen eigenen Zustelldienst in Deutschland aufbaut, der Post zunehmend Konkurrenz bereitet. Auch die permanenten Eingriffe des Bundeskartellamts in die Preispolitik der Post sorge für Unsicherheit, mahnte er. Wie andere Aktionäre auch zeigte sich Tüngler außerdem skeptisch, ob die Auslandsexpansion der DHL-Paketsparte, die zuletzt auch in Österreich und im Baltikum startete, auf absehbare Zeit genügend Ertrag in die Kasse spült.

Konzernchef Frank Appel wies die Kritik der Aktionäre zurück. „Wir haben das Geld günstig aufgenommen, um die Pensionsverbindlichkeiten auszufinanzieren“, sagte er. Mit dem Kredit nutze man das außerordentlich niedrige Zinsniveau. Außerdem sei der Börsenkurs der Post-Aktie seit dem Start des Rückkaufprogramms um 17 Prozent gestiegen – 15 Prozentpunkte stärker als der Dax. Dabei habe der Konzern erst vier Millionen Papiere zum Durchschnittswert von 24,91 Euro zurückerworben, was rund einem Zehntel des angekündigten Gesamtvolumens entspricht.

Auch die Auslandsexpansion der Paketsparte verteidigte er. „Wir haben im Auslandsnetz den Breakeven schon erreicht“, sagte er, ohne Zahlen zu nennen. In den nächsten Jahren werde der Umsatz dort signifikant steigen, der Ertrag aber gering bleiben. „Wir werden einen großen Teil der Gewinne direkt reinvestieren“, kündigte er an.

Nachdem sich die Deutsche Post vor wenigen Jahres erst aus Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich mit eigenen Zustellnetzen zurückzog, leitete Appel vor zwei Jahren eine Strategiewende ein. Inzwischen ist die Deutsche Post wieder in 16 europäischen Ländern aktiv, um dort vom boomenden Onlinehandel zu profitieren. In Frankreich kaufte Appel im vergangenen Jahr sogar einen Wettbewerber hinzu.

Auf der Hauptversammlung kündigte er zudem hohe Investitionen in Indien an, wo die Deutsche Post bereits mit der Konzerntochter Blue Dart Express vertreten ist. Anfang 2016 habe man zudem in Thailand ein landesweit eigenes Zustellnetz in Betrieb genommen. In beiden asiatischen Ländern werde man die Paketkapazitäten weiter ausbauen. „Die Fähigkeiten, die wir in Deutschland besitzen“, sagte Appel, „wollen wir auch in anderen Märkten nutzen.“ Obwohl Appel den Ausblick für 2016 bestätigte, den Betriebsgewinn auf 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro zu steigern, lag die Aktie zum Mittag leicht im Minus. Handelsblatt / Christoph Schlautmann