Die fünf Probleme der Deutschen Bank
Die Deutsche Bank steckt in einer tiefen Krise. Wieder einmal, werden einige sagen. Aber diesmal ist es noch ernster als sonst. Die Aktie des größten Kreditinstituts Deutschlands findet sich momentan auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten. Warum? Wolf-Christian Weimer analysiert.
Die Deutsche Bank steckt in einer tiefen Krise. Wieder einmal, werden einige sagen. Aber diesmal ist es noch ernster als sonst. Die Aktie des größten Kreditinstituts Deutschlands findet sich momentan auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten. Warum? Wolf-Christian Weimer analysiert.
Selbst die existentielle Bedrohung durch die Finanzkrise 2009 hatte an der Börse nicht solch gravierende Folgen. Die weltweiten Turbulenzen drückten das Wertpapier des Bankenspitzenreiters in Blau damals „nur“ auf 14,83 Euro. Doch im Juli 2016, bei nicht so akut bedrohlicher Lage ging der Kurs sogar auf bis zu 11,32 Euro herunter. An den äußeren Einflüssen kann es nicht allein liegen, dass das Frankfurter Bankhaus der am schlechtesten laufende DAX-Wert des Jahres ist. Inzwischen droht sogar ein Rauswurf aus dem Euro Stoxx 50. Dieser Abstieg dürfte am 8. August stattfinden, wenn die Deutsche Bank zum wiederholten Male nicht mehr zu den besten 74 europäischen Werten gehört. Die folgenden fünf Gründe helfen, die Krise der Deutschen Bank zu erklären:
Brexit-Turbulenzen
Erstens leidet die Deutsche Bank wie viele Unternehmen und die meisten Banken unter dem Brexit. Zwar sahen einige Experten Chancen für die Bank im Herzen von Europa — insbesondere gegenüber den englischen Banken — doch aktuell zeichnen sich an der Börse nur die Nachteile des britischen EU-Austrittes ab. Allein am Tag nach dem Referendum büßte die Deutsche Bank-Aktie mehr als 15 Prozent ein. Die allgemeine Brexit-Unsicherheit wird sich vermutlich auch in den nächsten Wochen noch nicht verbessern.
Deutsche Skandal-Bank
Zweitens belastet die Deutsche Bank die Vielzahl an Skandalen. Als John Cryan die Bank im Sommer 2015 übernahm, wollte er die Skandale beenden, ausmisten und aufräumen. Auch mit unpopulären Entscheidungen. Nach ziemlich genau einem Jahr Amtszeit muss man feststellen, dass sich wenig unter dem kühlen Zahlenmenschen an der Spitze verbessert hat. Die Deutsche Bank ist noch immer oft in den Nachrichten mit Rechtsstreitigkeiten und diversen Fehltritten.
Bankenkrise in Italien
Drittens beeinflusst die aktuelle Bankenkrise in Italien auch die Resultate der deutschen Großbank. Für manche Beobachter wiegen die klaffenden Milliarden-Lücken der italienischen Kreditinstitute schwerer als der Brexit. Die Berenberg Bank beziffert die Kapitallücke im italienischen Bankensektor auf 45 Milliarden Euro. In den Jahren der Rezession hat sich ein Pool an faulen Krediten angesammelt, der inzwischen die Größe des Gardasees übersteigt. Die internationale Finanz-Vernetzung offenbart auch in dieser Krise ihre negativen Seiten. Allein die Deutsche Bank hat noch mehr als 13 Milliarden offene Kredite in Italien. Immerhin wurde die Kreditvergabe in das südeuropäische Land in den vergangenen Jahren zurückgefahren. 2012 schuldete Italien der Deutschen Bank noch fast 20 Milliarden.
Braucht die Deutsche Bank frisches Geld?
Viertens kursiert seit Monaten das Gerücht, dass die Deutsche Bank frisches Geld braucht. CEO John Cryan widerspricht diesen Vermutungen zwar unermüdlich deutlich, aber die potentielle Kapitalerhöhung steht trotzdem im Raum. Und sie beschäftigt die Anleger. In einem Interview mit „Der Spiegel“ beschwichtigte der Deutsche Bank-Chef: „Aktuell geht es darum, die Bank zu restrukturieren, um die Basis für zukünftiges profitables Wachstum zu schaffen.“ Deswegen stelle sich die Frage nach einer Kapitalerhöhung momentan nicht, so Cryan.
Größtes systemisches Risiko
Der fünfte Grund kommt aus den USA. Beim diesjährigen Stresstest der US-Notenbank Fed ist die Deutsche Bank zum wiederholten Mal durchgefallen. Diesmal war sie allerdings die einzige der 30 geprüften Großbanken, die den Test nicht bestanden haben. Eine peinliche Bilanz für John Cryan’s Haus. Der sogenannte „Funeral Plan“ („Beerdigungs-Plan“) ist Teil des amerikanischen Stresstestes. Demnach müssen die Finanzhäuser einen detaillierten Plan zur eigenen Selbstauflösung im Falle eines zu großen Schocks vorlegen, um eine ungeordnete Insolvenz wie bei Lehman Brothers 2008 zu verhindern. Aus Sicht der amerikanischen Prüfer stellt die Deutsche Bank also momentan das größte systemische Risiko für den Bankensektor dar.
Fazit
Die Liste der Probleme der Deutschen Bank ist lang. Seit Jahresbeginn hat sich der Aktienkurs der Großbank halbiert. Ob der Zeitpunkt für ein Investment in Deutsche Bank-Aktien jetzt genau richtig ist oder ein Griff ins berühmte fallende Messer, ist völlig unsicher. Fest steht nur eines: die Aktie der Deutschen Bank war noch nie so billig zu haben wie in diesen Tagen. WCW